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Der Judas-Schrein

Der Judas-Schrein

Titel: Der Judas-Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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hinterließ.
    Körner sah auf. Sabriski stand in eine Decke gehüllt im Türrahmen und starrte in die Küche. Es war totenstill, nur die Milch lief aus der umgekippten Packung über die Schubladen.
    »Alex«, flüsterte Sabriski. Ihre Augen waren halb geschlossen. »Ich konnte nicht schlafen. Was zum Teufel treibst du hier?«
    Die Decke fiel über ihre Schultern zu Boden. Wie in einem Reflex beugte sie sich zu Maria, um nach ihrer Halsschlagader zu greifen. Sabriskis Augen weiteten sich. Mit einem Mal war sie hellwach. »Alex, was hast du getan?«
    Körner ließ den Gaskocher fallen. Erst jetzt wurde ihm völlig bewusst, was passiert war. »Wie geht es ihr?«, presste er hervor.
    »Sie ist tot!« Sabriski packte Maria an der Schulter und drehte sie auf den Bauch. »Alex, du hast ihr den Schädel zertrümmert!«
    »Sie wusste alles über unsere Ermittlungen.« Körner sackte auf dem Stuhl zusammen. Ihm wurde schwindelig. Er verbarg das Gesicht in den Händen. »Die Dorfbewohner stecken unter einer Decke, die sind über alles informiert.« Er hob den Kopf. »Jana, die lassen uns hier nicht lebend raus! Die haben etwas viel Größeres zu vertuschen, als wir bisher ahnen. Wir haben das schreckliche Geheimnis von Grein gerade mal angekratzt, mehr nicht. Was immer es ist, sie werden es mit allen Mitteln zu bewahren versuchen.«
    »Alex!«, herrschte sie ihn an. »Du hast deine Exfrau erschlagen.«
    »Meine Exfrau«, echote er ungläubig. »Ja, sogar meine Ex wollte mich töten. Jana, sie ist mit dem Messer auf mich losgegangen. Wem kann ich in diesem Scheißdorf noch vertrauen?«
    Sabriski kauerte neben der Leiche. Marias Hinterkopf war eine Masse aus Blut und verklebten Haaren. Ihr Pullover, über den Hosenbund gerutscht, entblößte ihre nackte Haut. Wie gelähmt starrte Körner auf das Pflaster, welches unter dem Pullover hervorschaute. Es erinnerte ihn an die Zeit, in der er mit Maria zusammengelebt hatte. Sie war herzkrank gewesen und musste ständig ein gefäßerweiterndes Nitropflaster am Körper tragen. Welch verrückte Gedanken ihm durch den Kopf gingen! Schon damals hatte er sich gewundert, weshalb sie sich das Pflaster nie auf die Brust sondern über das Gesäß geklebt hatte. Es ist egal, wo ich es trage, Hauptsache es sieht sexy aus, hatte sie ihm augenzwinkernd geantwortet. Als sie bereits mit Verena schwanger in seine Wiener Wohnung übersiedelte, verschlimmerten sich ihre Kopf- und Gliederschmerzen. Damals hatte er gedacht, dass es an ihrer Krankheit lag.
    »Sie war so schwach und verletzlich, ständig musste sie diese Nitropflaster tragen«, presste er hervor. Tausende Erinnerungen schossen ihm wie ein wirr geschnittener Film durch den Kopf. »Trotzdem hat sie sich von mir getrennt und Verena allein großgezogen. Ich habe mich so wenig um die beiden gekümmert, und jetzt ist sie tot.« Er schloss die Augen. »Ich muss Verena finden.«
    Sabriskis Stimme holte ihn wieder in die Realität. »Das ist kein Nitropflaster.«
    Die Gerichtsmedizinerin schob Marias Pullover nach oben. Mit einem Ruck riss sie das Pflaster von der Haut. Die Stelle war gerötet, in der Mitte prangte eine kreisrunde, schwarze Vertiefung.
    »Oh, Gott!« Sabriski starrte entsetzt auf das Loch.
    Körner blieb die Luft weg. Er stürzte zu ihr auf den Boden, tastete über die Verletzung.
    »Was ist das?«, rief Sabriski.
    »Du bist die Medizinerin.« Körner bohrte den Finger in das weiche Fleisch. Es reagierte blitzschnell und schloss sich fest um seinen Finger. Rasch riss er die Hand zurück. Sein Herz raste.
    »Merkst du den Schwefelgeruch?«
    Körner hielt sich den Finger unter die Nase, ihm wurde übel. Er wischte sich den Finger an der Hose ab, während er ständig auf die Wunde in Marias Rücken starren musste, aus der brauner Saft quoll. Hatte Maria diese Wunde all die Jahre unter dem Pflaster verborgen?
    Natürlich! Wie blind war er doch gewesen! Mit einem Mal erkannte er die grausame Wahrheit von Grein und Heidenhof. Als er mit Berger zum ersten Mal in den Ort gekommen war, hatten sie die drei alten Bauern bemerkt, die wie angenagelt auf der Bank vor dem Gasthaus gesessen und sie angestarrt hatten. Jedes Mal wenn er Verena am Wochenende abgeholt hatte, saß Maria ähnlich die wie drei Alten stocksteif auf der Küchenbank.
    Die Löcher an den Tatorten! In der Wand in der Gaslight Bar, auf der Toilette des Krämerladens und in der Kirchenbank. Was verbarg sich hinter diesen Wänden, und weshalb hatten die Menschen in Grein seit

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