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Der Judas-Schrein

Der Judas-Schrein

Titel: Der Judas-Schrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gruber
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Krajniks Familienverhältnissen. Zumindest hatte er damit Hausers Aufmerksamkeit gewonnen, auch wenn es nur für einen flüchtigen Moment war.
    Er informierte den Staatsanwalt über die Dosis Valium, die manipulierten Totenscheine der Geschwister und die Parallelen zum jeweiligen Geburtsdatum der drei Kinder.
    Berger ging unterdessen auf eine Gruppe Gemeindearbeiter zu, die eine Fuhre Tierkadaver in den Container warf. Während er telefonierte, unterhielt sie sich mit einem Mann im gelben Overall.
    »Sie verschwenden meine Zeit, Körner. Worauf wollen Sie hinaus?«, unterbrach ihn Hauser mit knarrender Stimme.
    Körner wandte sich ab, da ein Feuerwehrwagen über die Straße donnerte und das Wasser über den Gehsteig spritzte. »Ich möchte einen Antrag auf die Exhumierung der Geschwister Carina und Mathias Krajnik stellen«, rief er ins Handy.
    »Warum? Nennen Sie mir einen vernünftigen Grund!«
    »Ein Sarg ist wie ein Schließfach für Beweise«, antwortete Körner. »Vielleicht sind …« Er stutzte. Instinktiv wusste er, dass er das Gespräch vermasselt hatte. »Es könnten womöglich …«
    »Womöglich könnten wir zwei Kindersärge aufbrechen und gar nichts finden!«, unterbrach ihn Hauser. »Darauf lasse ich mich nicht ein. Die Eltern zerren uns in die Medien, und die Reporter reißen uns den Kopf ab! Noch mehr negative Publicity können wir uns im Moment nicht leisten. Denken Sie an den Geiselnehmer, den Sie ins Koma befördert haben!« Hauser atmete tief durch. »Bringen Sie mir mehr als zwei angeblich wegretuschierte Geburtsdaten, dann sehen wir weiter.«
    »Nicht angeblich, es …«
    »Guten Tag.« Hauser hatte aufgelegt.
    Körner starrte auf das Handy. Der Akku war nur noch zu einem Drittel voll. Er hatte ihn gestern Abend vergessen aufzuladen. Womöglich reichte er noch für vier bis fünf Telefonate.
    Berger kam von ihrem Gespräch mit dem Gemeindearbeiter zurück. »Na, wie ist es gelaufen?«
    »Mir ist übel.«
    Sie zuckte mit den Achseln, als hätte sie kein anderes Ergebnis erwartet. »Dann habe zumindest ich eine gute Nachricht.«
    »Haben Sie ein Rendezvous mit dem Müllmann?«
    Sie zog einen Schmollmund. »Ich habe rausgefunden wo Mariin Goisser wohnt, der Junge, mit dem Sabine ihr letztes Telefonat führte.« Sie deutete auf ein altes, baufälliges Haus auf der gegenüberliegenden Straßenseite. »Dort drüben.«
     
    10. Kapitel
     
    Alexander Körner und Sonja Berger standen vor dem zweistöckigen Einfamilienhaus aus roten Backsteinen. An der Hausfront zog sich ein mächtiger Kamin empor, an dessen Ende ein verlassenes Storchennest hing. In den leeren Blumenkisten unter den Fenstern sammelte sich das Regenwasser und zwischen den Waschbetonsteinen, die um das Haus verlegt waren, wucherte büschelweise das Gras.
    »Dieser Martin muss der Knabe aus Sabines Tagebuch sein«, stellte Berger fest.
    »Woher wollen Sie das wissen? Sie hat doch nie seinen Nachnamen erwähnt.« Körner öffnete das Gartentor, ging über die Wiese und läutete an der Eingangstür.
    »In ihrem Tagebuch schreibt sie, dass sie mit dem Fahrrad häufig zum Ortsende radelte und Martin zu Hause besuchte. An sonnigen Tagen lagen sie im Gras, beobachteten die Störche im Nest und sie lauschte seinen Berichten über die Entdeckungen, die er im Kirchenarchiv und der Greiner Dorfchronik rausgestöbert hatte.«
    »Passt gar nicht zu einem Mädchen, das Marilyn Manson hört.« Körner läutete noch einmal, doch niemand öffnete. »Alle ausgeflogen«, kommentierte er und drückte die Klinke nieder.
    »Körner!«
    »Nur die Ruhe, es ist ohnehin abgesperrt.«
    Da knirschten hinter ihnen Autoreifen im Schotter. Ein klappriger Volkswagen mit der Aufschrift Elektro Goisser hielt vor dem Gartenzaun und ein junger Mann um die fünfundzwanzig Jahre sprang aus dem Fahrzeug. Er hatte schulterlanges Haar und trug einen blauen Arbeitsmantel. Gebückt und mit aufgeschlagenem Kragen lief er durch den Garten und stellte sich zu ihnen unter das Vordach. »Sauwetter!«, schimpfte er.
    »Guten Tag.« Berger stellte Körner und sich selbst vor.
    »Nicht nötig. Mittlerweile kennt Sie jeder im Ort.« Der Mann grinste. »Hermann Goisser. Brauchen Sie einen guten Elektriker?« Er reichte Berger die Hand. Körner ignorierte er geflissentlich.
    »Wissen Sie, wo wir Martin Goisser finden?«
    »Meinen Bruder? Wenn er nicht gerade schwänzt, müsste er in der Schule sein.«
    »Wann kommt er heim?«, erkundigte sich Berger.
    »Sie fragen mich Sachen!« Goisser

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