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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Dorion hörte sich die Überlegungen der beiden mit an. Ihre meerfarbenen Augen gingen von einem zum andern. »Es soll ihm nicht leichter gemacht werden als mir«, sagte sie. »Ich bitte Sie sehr, Prinz Titus, unparteiisch zu bleiben und weder für noch gegen ihn einzugreifen.«

    Josef ging zu Claudius Regin. In zehn Tagen das Bürgerrecht zu erwerben, wenn das überhaupt jemand möglich machen konnte, dann war es er. Claudius Regin ist in Alexandrien noch leiser geworden, noch unscheinbarer, noch verwahrloster. Nicht viele wissen um die Rolle, die er spielt. Aber Josef weiß darum. Er weiß, daß dieser Regin die Ursache ist, wenn jetzt zum Beispiel die Herren der jüdischen Gemeinde mit sehr andern Blicken auf die Westjuden schauen als früher. Er weiß, daß diesem Regin, wenn kein anderer mehr helfen kann, immer noch ein letzter Trick einfällt. Mit wie schlichten Mitteln etwa hat er bewirkt, daß Vespasian, seit der Salzfischsteuer in Alexandrien überaus unpopulär, plötzlich von neuem zum Liebling des Volkes wurde. Er hat den Kaiser einfach Wunder tun lassen. Wunder waren im Osten immer geeignet, den Täter beliebt zu machen, aber erst dieser Mann aus dem Westen mußte kommen, ehe man das alterprobte Mittel anwandte. Josef war selbst zugegen, wie der Kaiser einen stadtbekann ten Lahmen gehen machte und einem Blinden die Sehkraft wiedergab, indem er ihnen die Hand auflegte. Seither ist Josef noch unbehaglicher überzeugt von den Fähigkeiten Regins.
      Fett, schmuddelig, aus schläfrigen Augen von der Seite her blinzelnd, hörte der Verleger zu, wie Josef ihm ein wenig steif und behindert auseinandersetzte, er müsse das Bürgerrecht haben. Er schwieg eine Weile, als Josef zu Ende war. Dann, mißbilligend, meinte er, Josef habe immer so kostspielige Bedürfnisse. Die Einkünfte aus der Verleihung des Bürgerrechts seien eine der wichtigsten Einnahmequellen der Provinz. Man müsse, schon um das Bürgerrecht nicht zu entwerten, sparsam damit umgehen und die Gebühren hoch halten. Josef, hartnäckig, erwiderte: »Ich muß das Bürgerrecht rasch haben.« – »Wie rasch?« fragte Regin. »In neun Tagen«, sagte Josef. Regin saß faul in seinem Sessel, seine Hände baumelten feist von der Lehne. »Ich brauche das Bürgerrecht, weil ich heiraten will«, sagte verbissen Josef. »Wen?« fragte Regin. »Dorion Fabulla, die Tochter des Malers«, sagte Josef. Regin wiegte den Kopf ablehnend: »Eine Ägypterin. Und gleich heiraten. Und das Bürgerrecht muß es auch sein.« Josef saß da, hochmütig, mit zugesperrtem Gesicht. »Erst haben Sie den Psalm des Weltbürgers geschrieben«, dachte Regin laut nach, »das war gut. Dann haben Sie sich mit sehr heftigen Mitteln Ihren Priestergürtel zurückgeholt, das war besser. Jetzt wollen Sie ihn wieder hinwerfen. Sie sind ein stürmischer junger Herr«, konstatierte er. »Ich will diese Frau haben«, sagte Josef. »Sie müssen immer von allem haben«, tadelte mit seiner fettigen Stimme Regin. »Sie wollen immer alles zugleich, Judäa und die Welt, Bücher und Festungen, das Gesetz und die Lust. Ich mache Sie höflich darauf aufmerksam, daß man sehr zahlungskräftig sein muß, um für das alles zahlen zu können.« – »Ich will diese Frau haben«, beharrte eng, wild und töricht Josef. Er wurde dringlich. »Helfen Sie mir, Claudius Regin. Schaffen Sie mir das Bürgerrecht. Ein wenig Dank sind auch Sie mir schuldig. Ist es nicht ein Segen für uns alle und für Sie besonders, daß dieser Mann der Kaiser ist? Habe ich nicht auch das Meine dazu getan? War ich ein falscher Prophet, als ich ihn den Adir nannte?«
      Regin beschaute seine Handflächen, drehte die Hände um, beschaute wieder seine Handflächen. »Ein Segen für uns alle«, sagte er, »richtig. Ein anderer Kaiser hätte vielleicht mehr auf den Minister Talaß gehört als auf den alten Etrusk und mich. Aber glauben Sie«, und er packte Josef plötzlich mit einem überraschend scharfen Blick, »daß, weil er Kaiser ist, Jerusalem stehen bleiben wird?« – »Ich glaube es«, sagte Josef. »Ich glaube es nicht«, sagte müde Claudius Regin. »Wenn ich es glaubte, dann würde ich Ihnen nicht dazu helfen, diese Dame zu heiraten und Ihren Priestergürtel wegzugeben.« Den Josef überfröstelte es. »Der Kaiser ist kein Barbar«, wehrte er sich. »Der Kaiser ist ein Politiker«, erwiderte Claudius Regin. »Vermutlich haben Sie recht«, fuhr er fort, »vermutlich ist es wirklich ein Segen für uns alle, daß er der

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