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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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verhurte und verkam, habe wenigstens zuvor Rom erobert; er, Titus, habe bislang nur ein paar Bergnester in Galiläa erobert und also noch nicht den Anspruch, sich bei östlichen Damen zu verliegen. Titus schlug zurück. Erklärte, die Neigung zu östlichen Damen sei ihm nicht plötzlich angeflogen, sie stecke im Blut. Er erinnerte den Vater an Mara. Vespasian freute sich schallend. Richtig, Mara hatte das Luder geheißen. Jetzt hatte er ja den Namen. Er hatte ihn vollkommen vergessen, und sein Jude Josef, der Hund, als unlängst die Rede darauf kam, habe ihn vergeblich zappeln lassen.
      Im übrigen verließ er sich auf des Sohnes Klugheit. Der wird nicht so dumm sein, jetzt mit zweifelhafter Chance nach der Macht zu langen, die ihm in einigen Jahren mit Bestimmtheit als reife Frucht zufallen muß. Er liebte seinen Sohn, er wollte die Dynastie sichern, er beschloß, seinem Sohne Ruhm zu schaffen. Er selber hat das Schwierigste in Judäa bewältigt. Er wird Titus den glänzenderen Rest der Aufgabe übertragen.
      Wieder aber ließ er seine Umgebung peinvoll warten, ehe er mit seinem Entschluß herauskam. Der alexandrinische Winter zog sich hin. Mit dem Ende des Winters mußte man die Operationen in Judäa neu aufnehmen, wenn man dort nicht bedenk liche Rückschläge riskieren wollte. Wird der Kaiser selber den Feldzug beenden, oder wen wird er beauftragen? Warum zögerte er?
      Um diese Zeit wurde Josef vor den Kaiser gerufen. Vespasian hänselte ihn zunächst auf seine gewohnte Art. »Ihre Ehe ist offenbar glücklich, mein Jude«, sagte er. »Sie sehen stark abgerackert aus, und mir scheint, Ihre Magerkeit rührt nicht grade von innerer Schau und Ekstase her.« Er behielt den hänselnden Ton bei, aber Josef spürte die ernsthafte Erwartung durch. »Sie müssen trotzdem«, fuhr er fort, »wieder einmal Ihre innere Stimme bemühen. Vorausgesetzt, daß es noch Ihr Plan ist, die judäischen Dinge zu beschreiben. Diese Dinge werden nämlich in den nächsten Monaten bereinigt werden. Ich werde aber die endgültige Erledigung eures Aufruhrs meinem Sohne Titus überlassen. Es steht bei Ihnen, ob Sie in einiger Zeit mit mir nach Rom oder jetzt mit Titus vor Jerusalem gehen wollen.«
      Dem Josef hob sich die Brust. Die Entscheidung, auf die man mit so quälender Spannung wartete, der Alte teilte sie ihm als erstem mit. Gleichzeitig aber spürte er scharf und peinvoll, wie hart die Entscheidung war, vor die der Kaiser ihn stellte. Soll er nach Judäa gehen, das mit ansehen, was er am Grabmal des Jeremias vorgeschmeckt hat? Soll er in seine Augen aufnehmen die Bitterkeit des Untergangs seiner Stadt? Der Mann vor ihm hat seine Augen wieder so verflucht hart und eng gemacht. Er weiß, daß es eine bittere Entscheidung ist, er prüft ihn, er wartet.
      Es ist eine innere Fessel, die ihn an diesen Römer bindet, seitdem er ihn zum erstenmal sah. Wenn er nach Rom geht, dann wird diese Fessel fester werden, der Mann wird auf ihn hören, und er wird steigen und viel erreichen. Es ist eine Fessel, die ihn an die Ägypterin bindet. Glatt und braun ist ihre Haut, ihre Hände sind dünn und braun, seine Haut begehrt nach ihnen. Er ist eifersüchtig, wenn sie mit ihren dünnen braunen Händen die Katze Immutfru streichelt. Eines Tages wird er sich nicht bezähmen können und wird ihren Gott Immutfru umbringen, nicht aus Haß gegen die Abgötterei, sondern aus Eifersucht. Er muß fort von der Ägypterin. Er kommt herunter, wenn er noch länger bei ihr liegt. Schon ist sein inneres Auge fast blind, und die Haut seines Herzens ist stumpf und kann nichts mehr tasten vom Geist. Er muß fort von diesem Mann, denn wenn er weiter mit ihm zusammen ist, dann wird er mehr und mehr nach Macht begehren. Und Macht verdummt, und die innere Stimme schweigt.
      Süß ist die Macht. Die Füße heben sich wie von selbst, wenn man Macht hat. Die Erde wird einem leicht, und der Atem geht einem tief und gut aus der Brust. Glatt und braun ist die Haut Dorions. Ihre Glieder sind lang und locker und doch wie eines kleinen Mädchens, und die Sünde mit ihr ist leicht und wohlschmeckend. Wenn er nach Rom geht, werden seine Tage gut sein, denn er wird den Kaiser haben, und seine Nächte gut, denn er wird Dorion haben. Aber wenn er nach Rom geht, dann wird er nichts sehen vom Untergang der Stadt, und sein Land und das Haus Gottes wird untergehen, ungeschrieben, es wird für immer versinken, und keiner von den Späteren wird seinen Untergang sehen.
      Er

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