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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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selber sich hatte begnügen müssen. Titus, voll dankbarer Freude, gab sich offenherzig. Er strebte wirklich nicht nach vorzeitiger Übernahme des Throns. Er war frei von den Machtgelüsten des Früchtchens, er hatte ein römisches Herz. Später einmal, nach einem glücklichen Alter Vespasians, das Reich gutgefügt und in Ordnung zu übernehmen, auf dieser Zuversicht ließ sich fest stehen, und er war kein Narr, sich von solchem Terrain in einen Sumpf zu begeben. Vespasian hörte ihm wohlgefällig zu, er glaubte ihm. Er schaute seinem Jungen ins Gesicht. Dieses Gesicht, sehr rotbraun im judäischen Sommer, war im alexandrinischen Winter weißer geworden, aber immer noch geeignet, der Armee und der Menge zu gefallen. Die Stirn nicht schlecht, das Kinn kurz, hart und soldatisch, nur die Wangen etwas zu weich. Und manchmal steigt in die Augen des Jungen etwas Wirres und Törichtes, was dem Vater gar nicht gefällt. Schon des Jungen Mutter, Domitilla, hat manchmal solche Augen gehabt; sie hat dann idiotische, hysterische Geschichten angestellt, und wahrscheinlich war es aus diesem Grund, daß der Ritter Capella, von dem Vespasian die Frau übernommen hat, sie seinerzeit hat loswerden wollen. Wie immer, dumm ist der Junge nicht, und mit dem Rest der judäischen Aufgabe wird er schon zurechtkommen, zumal da Vespasian ihm einen besonders klugen Generalstabschef mitgibt, den Tiber Alexander. Donner und Herakles!, alles wäre gut, wenn sich der Junge mehr an die östlichen Männer halten wollte als an die Weiber.
      Behutsam, in dieser vertraulichen Stimmung, schneidet Vespasian das alte, leidige Thema wieder an: Berenike. »Ich kann verstehen«, beginnt er das freundschaftliche Männergespräch, »daß diese jüdische Dame im Bett Reize hat, die eine griechische oder römische Frau nicht mitbringt.« Titus zieht die Brauen hoch, er sieht jetzt wirklich aus wie ein Baby, er will etwas entgegnen, diese Äußerung kratzt ihn, aber er kann seinem Vater doch nicht sagen, daß er immer noch nicht mit der Jüdin geschlafen hat; der würde einen ganzen Katarakt von Hänseleien über ihn losprasseln lassen. Titus kneift also den langen Mund zusammen und schweigt. »Ich gebe zu«, fährt der Alte fort, »diese östlichen Menschen haben von ihren Göttern gewisse Fähigkeiten mitbekommen, die wir nicht haben. Aber glaube mir, es sind keine wichtigen Fähigkeiten.« Er legte seinem Jungen die Hand auf die Schulter, redete ihm gut zu. »Siehst du, die Götter des Ostens sind alt und schwach. Der unsichtbare Gott dieser Juden zum Beispiel, obwohl er seinen Gläubigen gute Bücher eingegeben hat, kann, wie man mir zuverlässig sagt, nur auf dem Wasser kämpfen. Er hat gegen den ägyptischen Pharao nichts vermocht, als daß er die Wasser über ihn zusammenschlagen ließ, und gleich zu Anfang seines Regiments wurde er mit den Menschen nicht anders fertig, als daß er eine große Flut über sie schickte. Zu Lande ist er schwach. Unsere Götter, mein Sohn, sind jung. Sie verlangen nicht so viele Gewissensskrupel wie die östlichen; sie sind weniger fein, sie begnügen sich mit ein paar Ochsen und Schweinen und einem kräftigen Manneswort. Ich rate dir, laß dich nicht zu tief ein mit den Juden. Es tut manchmal ganz gut, zu wissen, daß es auf der Welt noch was andres gibt als die Gedanken des Forums und des Palatins. Es schadet nichts, wenn du dir manchmal von jüdischen Propheten und jüdischen Weibern ein bißchen die Haut und das Herz kraulen läßt; aber glaub mir, mein Sohn, das römische Exerzierreglement und das politische Handbuch des Kaisers August sind Dinge, mit denen du im Leben besser bestehst als mit allen Heiligen Schriften des Ostens.«
      Titus hörte sich das still mit an. Vieles, was der Alte sagte, war richtig. Aber er sah im Geist die Prinzessin Berenike die Stufen einer Terrasse hinaufschreiten, und vor ihrem Schritt verging alle römische Staatsweisheit in den Wind. Wenn sie sagte: Lassen Sie mir Zeit, mein Titus, bis wir in Judäa sein werden und bis ich judäischen Boden unter meinen Füßen spüre. Dann erst kann ich mir klarwerden, was ich tun darf und was nicht – wenn sie mit ihrer dunklen, beunruhigenden, leicht heisern Stimme dies sagte, dann kam kein römischer Sieger- und Kaiserwille dagegen an. Man mochte Herrschaft über die Welt haben und die Macht, die Legionen von einem Ende der Erde zum andern zu werfen: das Königtum dieser Frau war von vielen Müttern her legitimer, königlicher als eine solche

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