Der jüdische Krieg.
ihm der Mensch war, so schätzte er sein Urteil und war stolz auf diesen Antrag. Das Glück war mit ihm. Gott war mit ihm. Er war allen ein Ärgernis, dem Jochanan Ben Sakkai, dem Kaiser, dem Claudius Regin. Aber wenn es darauf ankam, glaubten sie an ihn und standen zu ihm.
»Ich will das Buch schreiben«, sagte er. »Ich danke Ihnen.«
»Das Geld steht zu Ihrer Verfügung«, sagte fettig, etwas unwirsch Claudius Regin.
Das Mädchen Dorion, nachdem sich erwies, Josef werde ihre Bedingung erfüllen, stand nun ihrerseits für ihren Entschluß ein, so lächerlich und unvorstellbar diese Ehe war. Mit gläserner Energie ging sie an die notwendigen Vorbereitungen der Heirat. Zunächst, und das war das schwerste, teilte sie ihrem Vater ihren Entschluß mit. Sie tat das in einem nebensächlichen, etwas albernen Ton, als ob sie sich über sich selber lustig machte. Der Maler Fabull schien den kleinen Teil einer Sekunde nicht zu begreifen. Dann begriff er. Seine Augen traten beängstigend rund aus seinem strengen Gesicht; aber er blieb sitzen, er preßte den Mund zu, daß er ganz dünn wurde. Dorion kannte ihn, sie hatte nicht erwartet, daß er schimpfen oder fluchen werde, aber sie hatte geglaubt, er werde irgendeine harte, höhnische Anmerkung machen. Daß er nun so dasaß, schweigend, mit dem ganz dünnen Mund, das war schlimmer, als sie erwartet hatte. Sie ging aus dem Haus, sehr schnell, es war geradezu eine Flucht, sie nahm nur ihre Katze Immutfru mit, sie ging zu Josef.
Still und hochfahrend ließ sie die Formalitäten des Übertritts und der Trauung über sich ergehen. Begnügte sich, mit ihrer dünnen Kinderstimme ja und nein zu sagen, wo es nötig war. Der Kaiser hatte nicht übel Lust gezeigt, die Hochzeit seines Juden mit der Ägypterin wieder so groß aufzuziehen wie seinerzeit die mit Mara. Auch Titus hätte dem Josef gern eine prunkvolle Hochzeit ausgerichtet. Aber Josef wehrte ab. Still und ohne Aufsehen schlossen sie sich in das kleine, hübsche Haus in Canopus ein, das Titus für die Zeit seines Alexandriner Aufenthalts ihnen überließ. Sie gingen in das Obergeschoß des Hauses. Das war wie ein Zelt eingerichtet, und in diesem Zelt lagen sie, als sie zum erstenmal beisammenlagen. Josef spürte sehr stark, daß es Sünde war, als er bei dieser Frau lag. »Du sollst dich nicht mit ihnen vergatten.« Aber die Sünde war leicht und schmeckte sehr gut. Die Haut der Frau duftete wie Sandelholz, ihr Atem roch wie die Luft Galiläas im Frühling. Aber seltsamerweise wußte Josef nicht, wie sie hieß. Er lag mit geschlossenen Augen und konnte nicht daraufkommen. Mit Mühe öffnete er die Augen. Sie lag da, lang, schlank, gelbbraun, durch einen kleinen Spalt der Lider schauten ihre meerfarbenen Augen. Er liebte ihre Augen, ihre Brüste, ihren Schoß, den Atem, der aus ihrem halboffenen Munde kam, das ganze Mädchen, aber er konnte nicht auf ihren Namen kommen. Die Decke war leicht, die Nacht war kühl, ihre Haut war glatt und nicht heiß. Er streichelte sie sehr leise, seine Hände waren in Alexandrien weich und glatt geworden, und da er nicht wußte, wie sie hieß, flüsterte er Koseworte in ihren Leib, hebräisch, griechisch, aramäisch: meine Liebe, meine Schäferin, meine Braut, Janiki.
Von unten kam leise, kehlig, gleichmäßig der Singsang ihrer ägyptischen Diener, wenige Töne, immer das gleiche. Denn diese Menschen brauchten nicht viel Schlaf, und sie hockten oft wach in den Nächten und wurden nicht müd, ihre paar Lieder zu singen. Sie sangen: O mein Geliebter, es ist süß, zum Teich zu gehen und vor dir zu baden. Laß mich dir meine Schönheit zeigen, mein Hemd von feinstem Königsleinen, wenn es feucht ist und dem Körper anliegt.
Josef lag still, neben ihm lag die Frau, und er dachte: Die Ägypter zwangen uns, ihnen Städte zu errichten, die Städte Piton und Ramses. Die Ägypter zwangen uns, unsere Erstgeborenen lebendig in die Häusermauern einzubauen. Aber dann holte die Tochter des Pharao den Moses aus dem Nilfluß, und als wir aus Ägypten auszogen, da sprangen die Kinder aus den Mauern heraus und waren lebendig. Und er streichelte die Haut der Ägypterin.
Dorion küßte die Narben auf seinem Rücken und auf seiner Brust. Er war ein Mann und voll Kraft, aber seine Haut war glatt wie die eines Mädchens. Vielleicht kann man die Narben wegheilen, daß sie unsichtbar werden; viele lassen solche Narben wegheilen, nach dem Rezept des Scribon Larg. Aber sie will nicht,
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