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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Gesicht. Und wie das Tor vorher in unglaublich kurzer Zeit unglaublich viele Menschen ausgespien hatte, so schluckte es jetzt in einem Augenblick die Mannschaften des Pedan ein, fünfzig jetzt, und jetzt hundert.
      Das Tempelhaus war innen ganz mit Zederngebälk vertäfelt, der Sommer war heiß, das Holz trocken. Schon war es kein Rauch mehr, schon waren es Flammen. Und ehe man recht wußte, was geschah, war ein ungeheures Geschrei im römischen Lager. Hep, Hep, schrien sie und: Schmeißt das Feuer, und: Den Schild vor. Keinen Befehl warteten sie ab, kein Halten war. Das kleine Tor schluckte sie ein, zu Hunderten, und jetzt hatten sie auch die andern Tore aufgerissen. Die Löschmannschaften der Juden wurden niedergemacht, die Legionen drangen vor, in Gliedern zu je zweien, die Schultern schräg in Fühlung, die Schilde aneinander, niedermähend nach rechts und links.

    Der größere Teil der jüdischen Soldaten lag in den Forts und Türmen der Oberstadt, im Tempel selbst lagen nur an tausend Mann. Die erhoben, als die Römer den Brand in das Tempelhaus geworfen hatten, ein wildes Geschrei und versuchten zu löschen. Es war ein mageres Feuer zuerst, aber es war zäh, es gab nicht nach. Bald erwies es sich als unmöglich, gleichzeitig gegen die eindringenden Römer zu kämpfen und zu löschen. Johann und Simon Bar Giora, schleunigst aus der Oberstadt herbeigerufen, erkannten, daß der Tempel gegen das Feuer und die Römer nicht zu halten war. Sie ordneten an, die Hauptmacht solle sich nach der Oberstadt zurückziehen. Kleine Detachements sollten, den Rückzug deckend, die einzelnen Tore des Tempels halten.
      Diese zurückbleibenden Verteidigungsmannschaften, das wußten alle, waren verloren, aber keiner zögerte, sich freiwillig zu melden. Auch der Knabe Ephraim meldete sich und wurde angenommen. Johann von Gischala, als er ging, legte ihm die Hand auf und sagte: »Du bist würdig. Gib unseren Glauben weiter, mein Sohn.« So legten die Großdoktoren ihren Schülern die Hand auf, wenn sie ihnen den Titel und die Fähigkeit verliehen, die Lehre weiterzugeben.
      Die Römer überwältigten rasch den kleinen Trupp, der das Tor des Tempelhauses verteidigte. Sie gewannen die Treppe und stiegen hinunter in den Hof, in dem der Brandopferaltar stand, mit seiner Ungeheuern Rampe, seinen mächtigen Hörnern, gefügt wie für die Ewigkeit, aus unbehauenen Blöcken; denn Eisen durfte ihn nicht berühren. Jetzt aber hatte ein Trupp von etwa fünfzig jüdischen Soldaten ein Geschütz auf ihm aufgestellt. Makkabi! riefen sie. Und: Hep, Hep! Geh unter, Judäa! riefen die Römer und stürmten vor gegen den Altar. Das Geschütz schleuderte Steine und Eisen gegen sie, aber sie drangen vor, zu beiden Flanken des Altars, und jetzt hatten sie ihn umkreist, und jetzt stürmten sie die Rampen. Es waren Leute der Fünften, es waren die Leute des Pedan. Ein ungeheures Getöse war, aber allmählich drang eine Stimme durch, frech, quäkend, sie sang das grobe Lied der Fünften. Einige fielen ein, und jetzt sangen alle, man hörte kein Makkabi mehr, man hörte nur mehr das Lied:

    »Wozu ist unsre Fünfte gut?
Der Legionär macht alles:
Kriege führt er, Wäsche wäscht er ...
Unsre Fünfte, die macht alles.«
    Und jetzt bemächtigten sie sich auch der andern Außentore dieses Mauerteils, öffneten sie, und nun strömte es von allen Seiten herein. In Gliedern zu je zweien, die Schilde vor, die Gesichter halbschräg nach außen, Schulter an Schulter, schreiten sie, im Takt, stampfen, mähen nieder. Von beiden Seiten kommen sie, kreisen ein, was sie finden, treiben es dem großen Altar zu. Auf dem rechten Horn des Altars aber, wo sonst der Chef des Tempeldienstes den opfernden Priestern und den Leviten sein Zeichen gab, steht jetzt der Hauptmann Pedan, um ihn herum stampft das grobe Lied der Fünften. Er singt mit, er schwingt sein Schwert, und manchmal, der Abwechslung halber, greift er zu seinem Weinrebstock. Die Menschen werden den Altar hinaufgetrieben, sie schreien: Höre, Israel, und auf der Höhe des Altarhornes steht der Hauptmann Pedan, und Hep ruft er und hebt den Weinrebstock und läßt ihn auf die Schädel krachen. Die Schwerter mähen, das Blut fließt wie ein Bach die Rampen herunter, und um den Altar stauen sich die Toten.

    Titus hatte sich gerade für eine kleine Weile niedergelegt. Er sprang hoch, sah den Ungeheuern, von niemandem befohlenen Aufbruch der Legionen. Und dann sah er den Rauch aufsteigen und die Flammen. Er lief

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