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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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Fetzen, daß ihm ihr übler Atem mitten ins Gesicht schlug und ihre schmutzigen Bärte seine Haut kitzelten. Und er begann mit ihnen aramäisch zu sprechen; es war ein stockendes, weithergeholtes Aramäisch, er hatte wenig Übung. Aber es waren Worte, die sie verstanden, besser passend zu ihrem Gemüt und ihrer Lage als die Worte Josefs, Worte der Teilnahme an ihrem kleinen, jämmerlichen Alltag, sehr menschlich, und sie weinten, und sie segneten ihn, als er ging.
      Einen langen Teil der Rückfahrt blieb Demetrius Liban schweigsam, dann ließ er seine Überlegungen laut werden. Was ist das große Pathos eines einmaligen Unglücks, des brennenden Herakles, des gefällten Agamemnon gegen die schleichende, Haut und Herz langsam fressende Not dieser drei? Was für ein endloser, böser Weg, bis diese Großen in Zion, die die Fackel der Lehre weitergetragen hatten, so stumpf und zerstört wurden zu drei Bündeln Nichts.
      In der Stadt angelangt, am Tibur-Tor, als er sich von Josef verabschiedete, sagte er noch: »Wissen Sie, was das Schauerlichste war? Nicht das, was sie sagten, sondern die sonderbare Art, wie sie die Oberkörper hin und her schaukelten, immer gleichmäßig. So können das nur Leute machen, die stets am Boden hocken und viel im Dunkeln gehalten werden. Worte können lügen, aber diese Bewegungen sind schrecklich echt. Ich muß darüber nachdenken. Hier ist eine Möglichkeit für starke Wirkungen.«
      In dieser Nacht legte sich Josef nicht schlafen, sondern er saß in seinem Zimmer und schrieb an einem Memorandum über die drei Unschuldigen. Das Öl seiner Lampe ging aus, und der Docht wurde zu kurz, er erneuerte Öl und Docht und schrieb. Er schrieb sehr wenig von der Sache Cäsarea, mehr von dem Elend der drei Greise, sehr viel von Gerechtigkeit. Gerechtigkeit, schrieb er, gilt den Juden von den ältesten Zeiten her als die erste Tugend. Sie können Not und Bedrückung ertragen, aber kein Unrecht, sie feiern jeden, selbst ihren Bedrücker, wenn er Recht wiederherstellt. »Das Recht flute dahin wie strömendes Wasser«, sagt einer ihrer Propheten, »und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.« – »Dann wird die Zeit golden sein«, sagt ein anderer, »wenn auch in der Wüste das Recht wohnt.« Josef glühte. Die Weisheit der Alten glühte er in seinem eigenen Feuer. Er saß und schrieb. Der Docht seiner Lampe blakte: er schrieb. Von den Toren her donnerten die Lastwagen herein, denen tagsüber die Straßen verboten waren: er achtete es nicht, er schrieb und feilte an seinem Essay.

    Drei Tage darauf überbrachte ein Läufer des Demetrius Liban dem Josef einen Brief, in welchem der Schauspieler ihn kurz und trocken aufforderte, er möge sich bereit halten, übermorgen um zehn Uhr der Kaiserin in Gesellschaft des Schauspielers seine Aufwartung zu machen.
      Die Kaiserin. Josef stockte der Atem. Ringsum an allen Straßen stand ihre Büste, göttlich verehrt. Was soll er ihr sagen? Wie soll er für diese fremde Frau, deren Leben und Denken so überhöht ist über das aller andern Menschen, Worte finden, die ihr ins Innere dringen? Während er dies dachte, wußte er bereits, daß er die rechten Worte finden werde; denn sie war eine Frau, und er hatte eine kleine, leise Verachtung für alle Frauen, und gerade dadurch, wußte er, wird er sie gewinnen. Er überlas sein Manuskript. Las es sich vor mit lauter Stimme und unbeherrschten Gesten, so wie er es in Jerusalem lesen würde. Er hat es aramäisch geschrieben, jetzt, mühsam, übersetzt er es ins Griechische. Es ist ein Griechisch, durchsprenkelt mit Plumpheiten, mit Fehlern, das weiß er. Ist es nicht unschicklich, der Kaiserin mit einem schlechtpräparierten, fehlerhaften Manuskript zu kommen? Oder werden vielleicht gerade seine Fehler naiv wirken, liebenswürdig?
      Er vermeidet es, mit irgend jemandem über die bevorstehende Audienz zu sprechen. Er läuft in den Straßen herum. Er dreht um, wenn er Bekannte sieht, rennt zum Friseur, kauft sich ein neues Parfüm, fällt aus höchster Zuversicht in tiefste Depression.
      Auf den Büsten hat die Kaiserin eine niedrige, klare und zierliche Stirn, lange Augen, einen nicht zu kleinen Mund. Auch ihre Feinde geben zu, daß sie schön ist, und viele sagen, sie wirke verwirrend auf jeden, der sie das erstemal sieht. Wie soll er, der kleine Mann aus der Provinz, vor ihr bestehen? Er muß einen Menschen haben, mit dem er alles bereden kann. Er läuft nach Haus. Spricht mit dem Mädchen Irene,

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