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Der jüdische Krieg.

Der jüdische Krieg.

Titel: Der jüdische Krieg. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lion Feuchtwanger
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»Diese Leute berufen sich auf Jesaja. Sie glauben«, fügte er stark und streitbar hinzu, »daß die Zeit erfüllt ist und daß sehr bald der Messias kommt.« – »Jesaja lehrte«, erwiderte nicht laut, aber verbissen Justus, »haltet still vor der Macht. Haltet still und vertraut, lehrte Jesaja.« Den Josef kratzte das Zitat. Wollte dieser Justus ihn zurückweisen? »Der Herd der Unruhen ist Ihr Tiberias«, sagte er scharf. »Der Herd der Unruhen ist Ihr Magdala, Doktor Josef«, erwiderte verbindlich Justus. »Ich kann nichts dagegen tun, wenn Ihre Gerichte meine Diebe freisprechen. Aber wenn Sie weiterhin Ihren Kriegsfonds aus dem Ertrag dieser Diebereien mästen, Doktor Josef«, er sprach jetzt besonders höflich, »dann stehe ich nicht dafür, daß nicht mein König sich diese Beträge einmal mit Gewalt wieder hereinholt.«
      Doktor Jannai fuhr hoch. »Haben Sie Geld des Sapita in Ihrer Kasse, Doktor Josef?« Josef wütete. Dieser verdammte Justus mußte einen großartigen Spionagedienst unterhalten; die Geldsendungen waren auf jede Art verschleiert worden. Er wich aus, es seien ihm allerdings für die galiläischen Heimwehren Gelder auch aus Tiberias zugeflossen, aber er könne sich nicht vorstellen, daß sie aus der Beute der Sapita-Bande stammen. »Glauben Sie mir, sie stammen daraus«, erklärte freundlich Justus. »Ich muß Sie sehr bitten, das Gesindel nicht weiter auf diese Art zu unterstützen. Ich halte es nicht für vereinbar mit meiner Amtspflicht, wenn ich mein Tiberias länger von Ihnen aufputschen lasse.« Er sprach noch immer sehr höflich; mehr daran, daß er jetzt wieder ins Griechische überging, merkte man seine Erregung. Von dem alten Doktor Jannai aber war auf einmal alle Betulichkeit abgefallen. Er war aufgesprungen und gestikulierte auf Josef ein. »Haben Sie Geld von Sapita?« schrie er. »Haben Sie Geld von Sapita?« Und ohne eine Antwort Josefs abzuwarten, wandte er sich an Justus. »Falls Gelder aus Tiberias gekommen sind, wird man die Beträge an Sie zurückleiten«, versprach er.
      Kaum aus der Stadt, trennten sich die beiden Kommissare. »Ich mache Sie darauf aufmerksam«, sagte Jannai, und seine Stimme war eisig, »daß Sie nicht als einer der ›Rächer Israels‹ in Magdala sitzen, sondern als Kommissar von Jerusalem. Ich verbitte mir Ihre Extravaganzen und pittoresken Abenteuer«, schrie er. Josef, blaß vor Wut, konnte nichts dagegen sagen. Er sah klar, er hatte seine Kraft überschätzt. Dieser Doktor Jannai hatte gute Witterung dafür, was feststand und was nicht. Wenn der es wagte, ihn wie einen kleinen Schuljungen herunterzuputzen, dann mußte seine Stellung verdammt wacklig sein. Er hätte noch zuwarten müssen, er hätte sich in diesen Kampf mit Justus noch nicht einlassen dürfen. Jerusalem wird ihn bei nächster Gelegenheit abberufen, und Justus wird lächeln, wird dieses infame Lächeln aufsetzen, das Josef gut kennt.
      Er soll nicht lächeln. Josef wird zu verhindern wissen, daß er lächelt. Was versteht dieser Justus von Galiläa? Aber jetzt fühlt er sich erfahren genug. Er hat keine Angst und Hemmung mehr vor den galiläischen Führern. Sapita ist von selber zu ihm gekommen, den andern, Johann von Gischala, wird er rufen. Es wird sich erweisen, daß nicht Jerusalem, sondern das Triumvirat Johann, Sapita und Josef die wahre Macht im Land hat. Soll man sie dann Räuberbanden oder Gesindel oder wie immer nennen. Er denkt gar nicht daran, die Verbindung mit Sapita fahrenzulassen. Im Gegenteil, er wird alle bewaffneten Organisationen, anerkannt oder nicht, im Gebiet der Jerusalemer Regierung und darüber hinaus zu einem einzigen Verband zusammenschließen. Nicht als Kommissar von Jerusalem, sondern als Parteiführer der »Rächer Israels«.

    Johann von Gischala, der Chef der gutbewaffneten galiläischen Bauernwehr, freute sich sichtlich, als Josef ihn zu sich berief. Er besaß in der Nähe seiner Heimatstadt, des kleinen Bergortes Gischala, nach dem er sich nannte – in den Registern hieß er Johann Ben Levi –, ein nicht sehr rentables Gütchen, das vor allem Öl und Feigen produzierte. Er war breit, langsam, gutmütig, sehr pfiffig, ein Mann so recht für die Herzen der Galiläer. Während des Feldzugs des Cestius hatte er in Obergaliläa einen listigen, erbitterten Kleinkrieg gegen die Römer organisiert. Er war viel unterwegs, kannte jeden Winkel im Land. Josef, als Johann jetzt endlich zu ihm kam, verstand nicht recht, daß er sich nicht schon früher

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