- Der Jünger des Teufels
bebender
Stimme.
»Noch nicht.« Ich spreizte die Finger, als ich den Boden
absuchte, doch ich fand nichts. Wo war die verdammte Tasche? Dann hörte
ich ein Geräusch, als würde eine Ratte durch die Dunkelheit huschen. Ich
kämpfte gegen die aufsteigende Panik und setzte meine Suche fort. Das Scharren
wurde lauter, und dann hörte ich keuchendes Atmen. Vermutlich war es Yeliz, die
hyperventilierte. »Halten Sie durch. Ihre Tasche muss hier irgendwo sein«,
sagte ich.
Keine Antwort.
»Yeliz …?«
Stille. Entsetzliche Angst erfasste mich. » Yeliz! «
Meine Stimme peitschte durch die schwarze Dunkelheit. Mein
Magen verkrampfte sich. Hektisch kroch ich vorwärts und stieß plötzlich mit den
Fingern gegen etwas Weiches. Es fühlte sich wie Leder an. Die Handtasche. Ich
umklammerte sie in der Dunkelheit.
»Ich habe die Tasche!«, rief ich, doch Yeliz antwortete
immer noch nicht. Mit zitternden Fingern wühlte ich in der Tasche, bis ich das
Feuerzeug ertastete.
Ich knipste es an, worauf eine helle Flamme vor meinem
Gesicht aufleuchtete. Instinktiv öffnete ich den Mund, um nach Yeliz zu rufen,
doch der Schrei erstickte in meiner Kehle. Zehn Meter von mir entfernt lag
Yeliz auf dem Holzsteg. Ihr Körper zuckte.
80.
Sekundenlang war ich wie gelähmt. Dann hörte
ich, dass ein röchelnder Laut über Yeliz’ Lippen drang, und ich sah, dass ihre Augenlider
zuckten. Sie lebte noch, drohte aber zu verbluten.
Panik überfiel mich, und entsetzliche Fragen stürmten auf mich
ein. Der Angriff auf Yeliz war blitzschnell und in völliger Dunkelheit erfolgt.
Ihr Angreifer musste in der Finsternis gelauert haben wie ein Dämon. Ich war
allein und unbewaffnet. Das nächste Opfer würde ich sein.
Ich hielt das Feuerzeug hoch, um die Umgebung weiter
auszuleuchten, sah aber nur Wasser, aufstrebende Pfeiler und düstere, nasse
Steinwände. Wo war der Killer?
Mein Herz schlug so schnell, dass ich das Gefühl hatte, es würde
jeden Moment zerbersten. Die Angst lähmte meinen Verstand, und ich konnte keinen
klaren Gedanken fassen. Das Zucken von Yeliz’ Augenlidern wurde schwächer, und
sie atmete mit einem grässlichen gurgelnden Geräusch. Aus einem kleinen Loch in
ihrem Nacken sickerte Blut. Ich sah eine zweite Stichwunde über dem Herzen; auf
ihrer Bluse breitete sich ein runder Blutfleck aus. Beide Wunden sahen aus, als
wären sie ihr mit einem Stilett zugefügt worden. Meine Hände zitterten so
stark, dass ich das Feuerzeug kaum noch halten konnte.
Ich kroch zu Yeliz, doch kurz bevor ich sie erreichte,
atmete sie noch einmal seltsam laut und seufzend. Dann sank ihr Kopf zur Seite,
und Totenstille breitete sich aus. Ich umklammerte ihr Handgelenk und fühlte
ihren Puls. Yeliz war tot.
Als ich hinter mir ein Kratzen hörte, fuhr ich herum. Ich spürte,
dass jemand aus der Dunkelheit auf mich zukam. Ich hielt das Feuerzeug in die
Höhe, sah aber nur Schatten und steinerne Pfeiler.
Die Flamme wurde schwächer, und ich fürchtete, dass sie gleich
erlosch. Der Gedanke, hier in der feindlichen Dunkelheit allein mit einem
Killer zu sein, ließ mich erstarren. Ohne Waffe war ich diesem Irren schutzlos
ausgeliefert, und ich hatte wahnsinnige Angst. Ich musste schnellstens hier
raus, ehe es zu spät war. Niemand konnte Yeliz mehr helfen, und ich wollte
nicht das nächste Opfer des Killers sein.
Ich ließ Yeliz’ erschlaffte Hand los. Als ich aufstand,
hörte ich das Geräusch erneut. Es war ganz leise, als würde eine Sandale das
Holz berühren. Oder eine Ratte darüber huschen. Doch mein Instinkt sagte mir,
dass es keine Ratte war.
Es war Yeliz’ Killer, der auf die nächste Gelegenheit
wartete, zuzuschlagen. War es möglich, dass Constantine Gemal tatsächlich noch
lebte und sich hinter einem der Steinpfeiler versteckte? Wenn meine Vermutung
stimmte, würde er mich töten. Ich erinnerte mich an seine hasserfüllten Augen,
spürte seine Zähne, die sich wütend in mein Fleisch gruben …
Wieder hörte ich ein Kratzen zu meiner Linken und hielt das
Feuerzeug in diese Richtung.
Nichts. Oder war da
ein Schatten hinter einen der Pfeiler gehuscht?
Ich wartete nicht länger, um es herauszufinden. Schützend legte
ich eine Hand über die Flamme und stürmte zur Treppe.
Die Stricknadel in einer Hand, stand der Jünger
hinter einer dicken Steinsäule und beobachtete Moran durch das Nachtsichtgerät.
Plötzlich rannte sie auf die Treppe zu. Es machte ihm diebischen Spaß, mit ihr
zu spielen wie eine Katze mit der Maus. Das
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