- Der Jünger des Teufels
unten?«
Frank lächelte ihn an, wobei seine vorstehenden Zähne
entblößt wurden, und zeigte in eine dunkle Ecke. »Bestens. Das Licht hier unten
ist nicht besonders, aber Sie werden mir nicht glauben, was ich gerade gesehen
habe.«
»Was denn?«
»Eine Ratte, gleich da drüben.«
»Eine Ratte? «
»Ja. Ich fürchte, hier treiben sich noch mehr herum. Sie
sollten den Kammerjäger rufen. Ich hasse diese Mistviecher. Ich habe immer
Schiss, gebissen zu werden und mir eine von den verdammten Krankheiten zu
holen, mit denen die Viecher einen anstecken können. Die Ratte, die ich eben
gesehen habe, war verdammt groß.«
Nervös stieg Gary die Treppe wieder hinauf. »Ich … wollte nur
mal sehen, ob Sie zurechtkommen.«
Frank schenkte dem Pfleger ein strahlendes Lächeln und zeigte
ihm erneut sein hässliches künstliches Gebiss. »Machen Sie sich um mich keine
Sorgen. Ich bin hier gleich fertig.«
»Okay.« Der Pfleger stieg die Treppe hinauf und lächelte
verhalten, ehe er die Tür hinter sich schloss.
Frank nahm eine alte dicke Akte vom Stapel, blätterte sie durch
und runzelte die Stirn. Er legte die Akte auf den Tisch und las in den nächsten
zwanzig Minuten im Licht der Taschenlampe.
Als er einen gelben Notizzettel fand, der hinter eine Seite
geheftet war, erstarrte er und wurde aschfahl. »Mein Gott«, stieß er hervor,
las mit weit aufgerissenen Augen die Zeilen und murmelte: »Frank, alter Junge,
ich würde sagen, das ist der absolute Hammer.«
111.
Washington-Baltimore
Highway
Ich erzählte Lou alles, von Anfang bis Ende, und
erklärte ihm, warum ich seine Befehle missachtet hatte. Ab und zu starrte Lou mich
im Rückspiegel an. Stone hörte ebenfalls zu, doch vermutlich interessierte es
ihn nicht im Geringsten, was ich zu sagen hatte. Für ihn stand meine Schuld
unumstößlich fest.
»Fertig, Moran?«, fragte er schroff, nachdem ich geendet hatte.
»Ich habe alles gesagt, was ich weiß. Ich verstehe nicht,
warum eine Zeugin behauptet, mich auf dem Wohnwagenpark gesehen zu haben. Ich
habe keine Erklärung dafür. Es muss eine abgekartete Sache gewesen sein.«
»Würden Sie mir Ihre Theorie verraten, wer der Schuldige sein
könnte?«, fragte Lou.
Ich hörte die Verzweiflung in meiner Stimme, als ich
antwortete: »Ich weiß nur, dass jemand versucht, mir die Schuld an den Fleist-Morden
in die Schuhe zu schieben. Ich habe nicht die geringste Ahnung, warum jemand so
etwas tun sollte, abgesehen von meinem Verdacht gegen Gemal.«
Lou warf mir einen vernichtenden Blick zu. »Das ist
Schwachsinn, Kate. Haben Sie auch nur von einem einzigen Menschen gehört,
der die Todesspritze überlebt hat?«
»Das bedeutet nicht, dass es nicht möglich wäre.«
Stone kicherte und blickte auf Lou. »Ich hab Ihnen doch
gesagt, dass sie nicht mehr richtig tickt. Was für Beweise brauchen Sie noch?«
Lou beobachtete mich im Innenspiegel. »Sie sollten keinen Gedanken
mehr an diesen Unsinn verschwenden, Kate. Gemal wurde obduziert, für tot
erklärt und begraben.«
Ich ließ nicht locker. »Wissen wir genau, dass sein
Leichnam begraben wurde? Woher wissen wir überhaupt etwas, ehe Gemals Leichnam
nicht exhumiert wurde?«
Lou seufzte verärgert. »Stellen Sie meine Geduld nicht auf die
Probe. Ich sage Ihnen, er ist tot!«
»Und die unheimlichen Telefonate, die ich im Cottage erhalten
habe?«
»Uns haben Sie gesagt, dass Sie zuerst nicht sicher waren,
ob Sie überhaupt einen Anruf bekommen haben oder ob Ihnen Ihre Fantasie einen
Streich gespielt hat.«
»Den zweiten Anruf habe ich auf jeden Fall bekommen«, widersprach
ich.
»Das mag ja sein, aber im Augenblick macht es mir weit
größere Sorgen, dass Sie meine Befehle missachtet und Cooper belogen haben.«
Stone mischte sich ein. »Die Fakten sind nicht zu
widerlegen, Moran. Wir haben die Fasern gefunden, und wir haben unsere Zeugin.«
Ich starrte ihn an. »Ich bin selbst vom Fach, Stone, falls
Sie es vergessen haben sollten. Ich weiß, wie die Spuren an einem Tatort von
der Kriminaltechnik sichergestellt werden. Glauben Sie wirklich, ich wäre so
blöd und würde Spuren hinterlassen, wenn ich die Fleists hätte umbringen
wollen, aus welchen verrückten Gründen auch immer?«
»Ich muss hier keine Fragen beantworten, Moran, sondern Sie. Aber wenn ich Zeit genug habe, werde ich die Antwort auf die ganz große
Frage finden, warum Sie David und Megan getötet und die Morde so inszeniert
haben, als hätte Gemal sie begangen.«
Hätte ich keine Handschellen
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