- Der Jünger des Teufels
getragen, hätte ich Stone eins
aufs Maul verpasst. Seine selbstgefällige Art ging mir auf die Nerven. »Sie
wandern so oder so in den Knast, Moran. Warum gestehen Sie nicht einfach? Wir
haben sogar fantastische neue Erkenntnisse gewonnen.«
»Was denn für Erkenntnisse?«
»Es scheint, als hätte Gemal die beiden anderen Morde
begangen, so wie er behauptet hat. Und wir haben Beweise.«
Mein Puls ging schneller, als ich Lou fragte: »Von welchen Beweisen
spricht er?«
»Gemal hat die Wahrheit gesagt, was die beiden Leichen angeht«,
erwiderte Lou sachlich. »Wir haben sie im Chinatown Tunnel gefunden, wo er sie
nach eigenen Angaben vergraben hat. Die Spurensicherung hat ihre Arbeit noch
nicht abgeschlossen. Es sieht aber so aus, als hätte er die beiden Opfer zu dem
Zeitpunkt getötet, als er David und Megan ermordet haben soll.«
112.
In Gedanken versunken, starrte der Jünger durch
die Windschutzscheibe. Das Taxi folgte dem Buick in einem Abstand von etwa hundert
Metern. Er war sicher, dass die beiden Männer, die Kate Moran begleiteten, mit
ihr nach Washington fuhren und sie zum FBI-Büro am Judiciary Square brachten.
Er musste sie um jeden Preis aufhalten. Aber wie?
»Überholen Sie den Buick und fahren Sie in die nächste
Haltebucht«, befahl er dem Fahrer.
»Überholen?«
»Ja. Machen Sie schon. Schnell!«
Der Fahrer gab Gas. Das Taxi schoss auf die Überholspur und
setzte sich vor den Buick. Der Jünger spähte in den Wagen, als sie ihn
überholten. Moran saß mit Stone auf der Rückbank, Lou saß am Steuer.
Der Taxifahrer drosselte wieder die Geschwindigkeit. »Geben
Sie Gas!«, befahl der Jünger.
»Geht nicht, Mister, da vorne ist ’ne Ampel.«
Der Jünger starrte auf die Straße und sah in knapp hundert Metern
Entfernung eine Ampel, die gerade auf Gelb umsprang. Scheiße. Er wollte
auf keinen Fall vor oder gar neben dem Buick zum Stehen kommen. Der Fahrer
bremste bereits, doch der Jünger schrie: »Geben Sie Gas, Mann! Fahren Sie über
die Ampel!«
»He, wenn die Cops in der Nähe sind, bin ich geliefert.«
»Fahren Sie über die Ampel! Sie kriegen tausend Dollar.«
»Tausend?«
»Ja! Nun fahr endlich!«
Die Gier des Taxifahrers gewann die Oberhand. Er trat das Gaspedal
durch und jagte über die Kreuzung, als die Ampel auf Rot umsprang. Ungefähr
hundert Meter entfernt erblickte der Jünger einen Rastplatz, auf den er jetzt
zeigte. »Halten Sie da.«
»Und der Buick?«, fragte der Fahrer. »Was geht hier
eigentlich vor?«
»Eine kleine Änderung des Plans. Sie lassen mich hier raus.«
»Wenn Sie wollen, Mister, lass ich Sie auch in Kentucky raus,
solange Sie mir den Riesen geben, den Sie mir versprochen haben.«
Der Jünger stieg aus dem Taxi und reichte dem Fahrer ein Bündel
Geldnoten durchs Seitenfenster. »Vielen Dank.«
»Ich hab Ihnen zu danken.« Mit funkelnden Augen
starrte der Taxifahrer auf die Scheine.
Blitzschnell hob der Jünger die freie Hand, in der er die Spritze
hielt, und stach dem Fahrer die Nadel tief in den Nacken.
»Was, zum Henker …«, stammelte der Fahrer, ehe sein Kopf zur
Seite kippte.
Der Jünger riss die Fahrertür auf. In dem großen alten Taxi
war vorn eine durchgehende Sitzbank, ohne Lücke zwischen Fahrer- und
Beifahrersitz. Dennoch kostete es den Jünger große Mühe, den bewusstlosen
Taxifahrer auf die Beifahrerseite zu schieben, ehe er sich auf den Fahrersitz
schwang. Er drehte sich um und blickte durchs Heckfenster auf die Straße. Die
Ampel war gerade auf Grün umgesprungen. Sekunden später überholte ihn der
Buick. Kate Moran saß auf dem Rücksitz und blickte mit steinerner Miene nach
vorn.
»Jetzt wirst du was erleben, Miststück « , zischte
der Jünger, als er sich in den Verkehr einfädelte und dem Buick hinterher jagte.
113.
Ich konnte nicht fassen, was Lou gesagt hatte.
Gemal hatte die Wahrheit gesagt? Sie hatten tatsächlich die Leichen im Chinatown
Tunnel gefunden, wo er sie nach eigenen Angaben vergraben hatte?
»Haben Sie mir zugehört?«, fragte Lou.
»Ja …«
»Die Opfer waren ein Schwarzer und seine zwölfjährige Tochter,
die in einem Obdachlosenheim der Heilsarmee vermisst wurden.«
Lous Information fuhr mir wie ein Schock in die Glieder.
»Mir … mir ist nicht gut. Könnten wir mal anhalten?«
Stone lehnte meine Bitte kategorisch ab. »Sie bleiben im Wagen,
bis wir in der FBI-Zentrale angekommen sind. Auf Ihre Tricks fallen wir nicht
rein, Moran.«
»Das ist kein Trick. Mir … ist schlecht.«
Stone ließ
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