- Der Jünger des Teufels
ausgezeichneter Ermittler, und ich hatte alles versucht, um
mit ihm auszukommen, doch Stone war ein schwieriger Dickkopf.
»Ich war nicht in Urlaub. Befehl von Lou.«
Stone grinste. »Oh! Eine Woche frei bei vollem
Lohnausgleich, während wir uns in den Salzbergwerken den Arsch aufreißen. Nicht
übel. Tja, Lou hat seine Lieblinge.«
»Ich habe fast fünf Jahre ununterbrochen am Gemal-Fall gearbeitet.
Ich glaube, ich hatte diese kleine Unterbrechung verdient, Stone.«
Er grinste immer noch. »Finden Sie? Dann meinen Sie wohl, wir
hätten uns nur den Hintern platt gesessen, was?«
Wahrscheinlich suchte Stone nur wieder Streit, doch ich
biss nicht an. Stattdessen versuchte ich freundlich zu sein, doch ohne große
Hoffnung. Bei Stone klappte es fast nie.
»Ich hab gehört, Sie waren bei der Hinrichtung dabei.«
»Stimmt.« Ich ging mit der Tasse Kaffee zu meinem
Schreibtisch, blätterte einige Unterlagen durch und hoffte, dass Stone mich in
Ruhe ließ, doch er kam mir hinterher.
»Hat Ihnen bestimmt einen Kick versetzt, als Sie gesehen haben,
wie Gemal die Spritze verpasst bekam …«
»Hören Sie auf, Stone. Ich habe zu arbeiten. Lassen Sie uns
ein anderes Mal darüber sprechen.«
Stone ließ sich nicht abwimmeln. Er zog sich einen Stuhl heran
und setzte sich. Er war ein guter Ermittler, doch er war in all den Jahren bei
Beförderungen stets übergangen worden. Als man nicht ihm die Leitung zwei
großer Fälle übertragen hatte, sondern mir, entwickelte er eine Abneigung gegen
mich. Zudem war ich die einzige Frau in unserer Truppe, und ich vermutete, dass
seine beiden gescheiterten Ehen einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen
hatten, was das andere Geschlecht betraf. Männern gegenüber machte er gerne
einen derben Scherz über seine zweite Frau: »Meine Ex hat die Kohle bekommen
und ich dafür meinen Spaß im Bett.«
»Was war es für ein Gefühl zu sehen, wie Gemal zur Hölle fuhr?«
Ich funkelte Stone wütend an. »Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie
sollen es sein lassen.«
»Ich hab gehört, dass Gemal behauptet hat, die Bryce-Morde nicht
begangen zu haben.«
»Da haben Sie richtig gehört.«
Stone grinste wieder. »Interessant, nicht wahr? Jetzt
besteht doch noch die Chance, dass meine Theorie über den Bryce-Fall sich als
richtig erweist. Man könnte sich fragen, ob der Gerechtigkeit gestern Abend
voll und ganz Genüge getan wurde, oder nicht?«
Ich wusste, wohin das Gespräch führte – in eine Richtung, die
mir nicht gefiel. Allmählich wurde mir unbehaglich zumute. Ich stand auf. »Wissen
Sie, wo Lou ist?«
Stone fixierte mich mit seinem stählernen Blick, ehe er
nach seiner Jacke griff. »Schon am Tatort in Culpeper County. Er hat beschlossen,
früher hinzufahren. Ich sollte auf Sie warten. Wir fliegen zusammen mit dem
Hubschrauber hin. Ist das nicht toll?«
»Ja, super. Dann kann ich Ihre reizende Gesellschaft noch länger
genießen.«
»Ich hab so das Gefühl, als würden wir beide uns in Zukunft
öfter sehen.«
»Wie habe ich das zu verstehen?«
»Erfahren Sie noch früh genug«, sagte Stone geheimnisvoll.
»Am Heliport wartet in fünf Minuten der Hubschrauber auf
uns. Wir sehen uns da, Moran.«
Stones arroganter Ton ging mir gehörig auf die Nerven. »Sie
sind nicht mein Chef. Hören Sie auf, mir Befehle zu erteilen!«
Stone schaute sich im Büro um, um sicherzustellen, dass wir
allein waren. Dann senkte er die Stimme und schoss seinen letzten Giftpfeil ab.
»Aber das wäre doch schön, oder? Sollte es je so weit kommen, müssen Sie sich
warm anziehen, Moran. Dann würde ich nämlich alles daransetzen, Sie wegen
Doppelmord dranzukriegen. In fünf Minuten. Seien Sie pünktlich.«
An dieser Stelle muss ich etwas erwähnen. Obwohl wir
gemeinsam im Gemal-Fall ermittelt hatten, hatte Stone den Jünger nie für den
Mörder Davids und Megans gehalten.
Er glaubte, ich hätte sie ermordet.
19.
Westlich
von Fredericksburg, Virginia
Der Hubschrauber flog einen Kreis, ehe er
landete. Als das Dröhnen der Turbinen verklang, stieg ich vom Sitz des
Copiloten. Wir waren mitten auf einem schneebedeckten Feld gelandet, neben dem
ein alter Steinbruch oder ein stillgelegtes Bergwerk zu liegen schien.
Die Landung neben einem Tatort, der dem ähnelte, wo David
und Megan gestorben waren, ließ mich schaudern. Und noch etwas macht mir zu
schaffen: Lou hatte gesagt, es deute alles auf einen Nachahmer Gemals hin.
Ich dachte wieder über Gemals Behauptung nach, David und Megan
nicht getötet zu haben,
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