- Der Jünger des Teufels
du Nein gesagt hast. Leck mich.«
Er knallte den Hörer auf die Gabel. Für mich war das Thema
»Ehe« damit erledigt. Hätte jemand mir gesagt, dass meine Meinung sich bald
ändern würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Tatsächlich aber schmiedeten
David und ich schon drei Monate später Heiratspläne. Es dauerte nicht lange,
bis ich die Galerie erneut besuchte. David lud mich zum Essen ein, und das war
der Beginn unserer Beziehung.
David mit seinen sanften Händen und den besorgten Augen, der
mir half, ins Leben zurückzufinden. Das Zusammenleben mit Megan hatte meine
Mutterinstinkte geweckt, und diese neue Aufgabe machte mich sehr glücklich. Jetzt
waren die beiden Menschen, die ich so sehr geliebt hatte, seit fast einem Jahr
tot, und der Verlust war für mich noch immer unfassbar.
Ich strich über den Marmorstein auf ihrem Grab. Ich war hierher
gekommen, um über die kostbare Zeit nachzudenken, die David, Megan und ich
zusammen verbracht hatten. Doch als ich die Kälte des Marmors spürte, wurde ich
traurig. Ich wusste, dass ich nach vorn schauen und ein neues Leben beginnen musste.
Nicht, weil ich es wollte, sondern weil ich die Vergangenheit loslassen musste,
wollte ich nicht vor die Hunde gehen. Ich nahm mir vor, das zu tun, was David
von mir erwartet hätte, und mein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Und
diesmal würde ich es aus eigener Kraft schaffen. Doch im Augenblick war ich
verzagt, sogar ein wenig ängstlich.
Ich vermisse dich, David. Ich vermisse dich, Megan.
Nachdem ich diese Worte geflüstert und den Toten Adieu
gesagt hatte, drückte ich einen Kuss auf meine Fingerspitzen, legte die Hand
auf den Grabstein und lief den Hügel hinunter zu meinem Bronco.
Gegenüber vom Friedhof saß der Jünger hinter der
getönten Scheibe seines weinroten GM-Van. Er sah Kate in den Bronco steigen.
Sie hatte keine Ahnung, dass sie verfolgt wurde.
Seine Blicke schweiften zum Grab von David und Megan. Dann
schaute er wieder zu Kate und sah ihre deprimierte Miene, als sie den Bronco startete.
Sie setzte den Blinker und fädelte sich in den Verkehr ein. Der Jünger ließ den
Van an, wendete und folgte ihr. Als er daran dachte, dass der Kummer, der sie jetzt
plagte, nichts war im Vergleich zu dem, was er für sie auf Lager hatte,
musste er grinsen. Sie hatte keinen blassen Schimmer, dass ihr schlimmster
Albtraum gerade erst begann.
17.
An dem Wochenende ging ich kaum ans Telefon und
rief niemanden an. Am Samstag suchte ich meinen Arzt auf und ließ mir das
Antibiotikum verschreiben, wie Brogan Lacy es vorgeschlagen hatte. Ich schlief
viel – den tiefen Schlaf eines Menschen, der seit Monaten mit den Nerven am
Ende war –, fühlte mich immer besser und aß gut, doch ohne an Gewicht
zuzunehmen. Der Grund dafür waren meine ausgedehnten Spaziergänge. Jeden Morgen
nach dem Frühstück lieh ich mir Banjo aus, den schwarzen Labrador meiner
Nachbarn. Wir liefen bei Wind und Wetter die fünf Meilen an den Küstendünen
entlang zum Miser’s Point und zurück. Bob und Janet Landesman wohnten
zweihundert Meter entfernt in einem Haus, in dem sie gleichzeitig als
Steuerberater tätig waren. Sie schienen jedes Mal erleichtert zu sein, wenn ich
anbot, ihnen den sabbernden, sechzig Pfund schweren Hund abzunehmen. Banjo
schien es auch nichts auszumachen. Er trieb sich genauso oft bei mir herum wie bei
Herrchen und Frauchen, als wären wir gemeinsame Hundebesitzer.
Ich genoss die Spaziergänge mit Banjo zum Miser’s Point. Den
Weg kannte ich gut. Früher war ich regelmäßig über einen Pfad in der Nähe
gejoggt, den die Ortsansässigen herzlos den »Psychopfad« nannten, denn der Weg
führte um die Bucht herum zu dem auf einem Hügel liegenden Trakt, in dem die
geschlossene Abteilung der psychiatrischen Klinik Bellevue untergebracht war.
Das Gebäude bestand aus dem gleichen Granit wie Manor Brook und war ebenfalls
1894 erbaut worden. Doch inzwischen ging ich dieser Klinik, an der Gemal als
Psychiater gearbeitet hatte, aus dem Weg, denn dies rief Erinnerungen wach, die
ich mir ersparen wollte.
Eines Morgens schneite es, und ich lief mit Banjo nur eine Meile,
aber immerhin hatte ich meinen Spaziergang absolviert. Körperlich fühlte ich
mich schon viel besser, auch wenn ich innerlich noch immer sehr aufgewühlt war.
Gemals »Geständnis« ließ mir keine Ruhe, doch Lou hatte sich bisher noch nicht
wieder gemeldet. Am Dienstag beschloss ich, ihn anzurufen.
»He, habe ich nicht gesagt, Sie sollen die
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