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- Der Jünger des Teufels

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Titel: - Der Jünger des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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sich?«
    In dem Fall hatten andere Kollegen ermittelt, doch ich war mit
allen uns bekannten Morden Gemals vertraut. »Ja. Fahren Sie bitte fort.«
    »Mir fiel eine starke Ähnlichkeit zwischen den beiden Tatorten
auf. Ziemlich sonderbar, wenn man bedenkt, dass Gemal letzte Woche hingerichtet
wurde. Das ist auch der Grund, warum wir es für unsere Pflicht hielten, das FBI
zu verständigen.«
    Fast hätte ich dem Sheriff ein mitleidiges Lächeln
geschenkt, denn er hatte zwar seine Pflicht erfüllt, doch es schien ihn nicht gerade
zu begeistern, dass das FBI ihm den Fall nun aus der Hand nahm. Doch er machte
gute Miene zum bösen Spiel.
    »Was kannst du zu den Opfern sagen?«, fragte ich Diaz.
    »Nicht viel, bis sie bei uns auf dem Seziertisch liegen.
Die Haut und die inneren Organe sind größtenteils verbrannt, und das wird
unsere Arbeit erheblich erschweren. Dem Geruch nach müsste Benzin verwendet
worden sein. Wir haben hier aber keinen Behälter gefunden.«
    Der Stollen erinnerte auf schaurige Weise an zahlreiche
andere Tatorte, an denen Gemal gemordet hatte: zwei Leichen, in der Regel ein
Elternteil und ein halbwüchsiges Kind; die Opfer abgeschlachtet und ihre
sterblichen Überreste bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Mitunter wurden die
Opfer vor dem Tod verstümmelt. Ich betrachtete die verkohlten Leichen. Was für
eine furchtbare Art zu sterben. Ich hoffte, dass ihnen vor Eintritt des Todes
Benzodiazepin gespritzt worden war. Ich mochte nicht daran denken, welch
entsetzlichen Todeskampf diese armen Menschen hätten erleiden müssen, wenn sie
nicht zuvor betäubt worden waren. Ich zeigte auf Diaz’ Taschenlampe. »Dürfte
ich mir die mal ausleihen?«
    »Klar.« Diaz reichte mir die Lampe. Ich richtete den
starken Lichtstrahl auf die größere, vermutlich männliche Leiche. Der grotesk
geschwärzte Schädel starrte mich an. Das Fleisch besaß die Farbe von Teer und
die Struktur von Holzkohle, und die Kiefer waren zu einem letzten Todesschrei
aufgerissen. Am liebsten hätte ich mich abgewandt.
    »Erinnert mich an das Bild von diesem verrückten Maler, diesem
Munch«, meinte Lou. »Ich weiß nur nicht mehr, wie das verdammte Bild hieß …«
    »Der Schrei.«
    Lou nickte. »Genau. Ziemlich makaber.«
    »Guck mal nach oben«, sagte Diaz zu mir.
    Ich hob den Blick. Trübes Licht fiel in den Stollen. Es
drang durch ein rundes Loch in der Decke. Ich konnte die Entfernung nicht
einschätzen und nicht erkennen, ob es ein natürlicher Riss im Fels oder ein
altes Bohrloch war. In weiter Ferne sah ich einen Kreis weißer Wolken am
Himmel. Lou zeigte auf die Öffnung, als plötzlich ein grellweißer Sonnenstrahl
die Höhle durchflutete und helles Licht auf die Kalksteinwände warf. »Die
Öffnung ist ungefähr zehn Meter über uns und etwa einen Meter breit. Ich vermute,
dass das Licht von Sonne oder Mond zu bestimmten Tages- und Nachtzeiten direkt
auf die Steinplatte fällt, wenn der Himmel klar ist.«
    Ich wusste, worauf Lou damit anspielte. Rituale gehörten ebenfalls
zu Gemals Modus operandi. Ein Lichtstrahl, der in die Höhle schien, wäre genau das
Symbol, das seinem verwirrten Geist gefallen hätte.
    Aber Gemal war tot und begraben.
    Ich drehte mich wieder zu den Leichen um. Die Köpfe waren zu
einer schwarzen Masse verschmolzen. Nasen und Lippen, Ohren und Wangen ähnelten
klebrigem Teer. Ich richtete das Licht auf das Gesicht der kleineren,
vermutlich weiblichen Leiche. Es war ein grauenvoller Anblick: Verkohlte
schwarze Haarlocken hatten sich in die Stirn gebrannt. Der Kopf war kleiner, die
Zähne in besserem Zustand, die Knochen weniger stark entwickelt. Ich schätzte
sie auf dreizehn oder vierzehn. »Sie haben gesagt, die beiden sind seit etwa
zwei Tagen tot?«, fragte ich Lou.
    »Genau kann man es erst nach der Obduktion sagen. Aber der Sheriff
und seine Beamten gehen nach der Aussage ihres Zeugen davon aus. Achtundvierzig
Stunden, bevor er die Leichen entdeckt hat, war er zum letzten Mal in der Mine,
und da lagen sie noch nicht da.«
    Ich wollte Lou gerade weitere Fragen zu dem Zeugen stellen,
als mein Blick auf den Boden fiel. »Wurde der gesamte Boden hier untersucht?«
    Diaz pustete in seine frierenden Hände und rieb sie
aneinander. »Klar.«
    »Und?«
    »Nichts, außer ein paar verkohlten Kleidungsstücken. Die Opfer
wurden ausgezogen, ehe sie starben, und die Kleidung wurde getrennt verbrannt.«
    »Wo ist das Zeug?«, fragte ich.
    »Da drüben.« Diaz wies mit dem Kopf auf ein paar
Plastiktüten, die an

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