- Der Jünger des Teufels
Ich hob ab. »Moran.«
»Kate? Hier ist Paul.«
»Welcher Paul?«
»Sei nicht albern, Kate. Ich bin es, dein Ehemann. Oder
hast du mich so schnell vergessen?«
Ich seufzte. » Ex- Ehemann. Was willst du?«
»Spricht man so mit dem Mann, mit dem man mal verheiratet
war?«
Paul hatte mich in den letzten Monaten immer wieder
angerufen, und jedes Mal hatte er mir pausenlos erklärt, was für eine gute Ehe
wir doch geführt hatten. Aber wenn sie so gut gewesen war, warum hatte er mich
dann verlassen? Er arbeitete noch immer bei der Mordkommission. Von einer
Polizistin, die ich kannte, hatte ich erfahren, dass Suzanne ihre Anklage
fallen gelassen hatte, aber es kursierte das Gerücht, Paul hätte sie unter Druck
gesetzt.
»Was willst du, Paul?«
»Ich habe von dem Doppelmord gehört, in dem du ermittelst. Die
Nachahmung der Morde des Jüngers. Hört sich merkwürdig an. Meinst du, du kannst
den Fall lösen?«
Als David und Megan ermordet worden waren, hatte Paul angerufen
und mir sein Mitleid ausgesprochen, doch ich hatte den Eindruck gehabt, dass er
es nicht ehrlich meinte. Tatsächlich hatte er glatt einen Monat nach der
Beerdigung die Stirn gehabt, mich anzurufen und zum Essen einzuladen, »um
unsere Beziehung neu zu beleben«, wie er es nannte. »Wer hat dir von dem Fall
erzählt?«
»Du weißt doch, wie schnell sich so etwas in Polizeikreisen
herumspricht. Vergiss nicht, dass ich vor ein paar Jahren am Doppelmord des
Jüngers in Washington ermittelt habe, bevor das FBI hinzugezogen wurde.«
»Rufst du deshalb an? Wegen der Mordfälle?«
»Nein. Ich habe Tickets für ein Jazzkonzert am
Dienstagabend. Hast du Lust, mich zu begleiten und hinterher essen zu gehen?«
Ich seufzte. »Paul, ich will einfach nur meine Ruhe haben
und mein eigenes Leben führen. Ist das zu viel verlangt? Welchen Teil des ›Wir
sind geschieden‹ verstehst du nicht?«
»Hast du denn gar keine Gefühle mehr für mich?«, fragte er verärgert.
»Wir waren fünf Jahre verheiratet, verdammt, und kennen uns schon eine
Ewigkeit!«
»Paul, das wird bei dir langsam zum Zwang. Wenn du jemanden
zum Reden brauchst, kann ich dir einen guten Therapeuten besorgen. Und weißt
du, was der dir sagen wird? Dasselbe wie ich. Er wird dir ebenfalls raten, mich
in Ruhe zu lassen und dein eigenes Leben zu führen.«
Jetzt würde er wütend. »Eines Tages wird es dir leid tun,
Kate, dass wir beide nicht wieder zusammengekommen sind.«
»Ist das eine Drohung?«
»Eines Tages wirst du begreifen, was ich meine, und dann wird
es zu spät sein.« Mit diesen Worten legte er auf.
Paul war offenbar unglücklich, aber ich hatte keine Zeit,
darüber nachzudenken, denn als ich den Blick hob, sah ich Vance Stone in mein
Büro kommen, in ein Gespräch mit Cooper vertieft. Stone blickte mit einem
dümmlichen Grinsen zu mir herüber. »Oh, die Tote steht auf und zeigt sich.«
»Ich war vor acht hier, Stone.«
»Schön für Sie.«
»Ich habe gehört, dass Sie beide sich kennen. Dann brauche ich
Sie ja nicht miteinander bekannt zu machen«, sagte ich.
Stone trat an meinen Schreibtisch. »Klar, Coop und ich
haben zusammen ermittelt.«
Stone hielt etwas in der Hand, das wie ein Bericht der
Kriminaltechnik aussah. »Was ist das?«, fragte ich.
»Sie haben Diaz offenbar vor eine große Herausforderung
gestellt. Er hat die ganze Nacht gearbeitet, und der Kontrollabschnitt hat ihn
tatsächlich auf die Spur von Lieferanten gebracht, die Reinigungen mit Material
ausstatten. Er hat zig Lieferanten angerufen und herausgefunden, dass der
Quittungsblock an ein Geschäft außerhalb von D.C. verkauft wurde.«
Mein Herz klopfte. »Gute Arbeit.«
»Es kommt noch besser«, sagte Cooper. »Das Geschäft hat schon
seit halb acht geöffnet. Ich habe gerade dort angerufen, und der Inhaber hat
die Nummer tatsächlich in seinen Quittungsblöcken gefunden. Er sagt, dass der
Rock vor einem Monat aus der Reinigung abgeholt wurde. Der Kunde hat den Namen Fleist
hinterlassen. Auf dem im Geschäft verbliebenen Abschnitt stehen auch eine
Handynummer und eine Adresse.«
»Welche Adresse?«
Stone zerknitterte den Pappbecher und warf ihn in den
Papierkorb. »Ein Wohnwagenpark in Rockville. Kommen Sie, wir fahren hin.«
35.
Zehn Minuten später fuhren wir Richtung Norden
zur 270. Cooper saß auf dem Beifahrersitz, ich auf der Rückbank. »Kennen wir
den genauen Weg?«, fragte ich.
Stone ignorierte meine Frage, doch Cooper antwortete: »Ich habe
mit der Polizei in Rockville gesprochen.
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