- Der Jünger des Teufels
verlockend.
Vielleicht, weil ich verzweifelt nach einer Bestätigung suchte, dass ich nicht
verrückt wurde. Trotzdem zögerte ich noch immer, ihn in die Nachforschungen einzubeziehen.
Nüchtern war er ein verdammt guter Ermittler, aber betrunken war er
unberechenbar und hätte mich in Schwierigkeiten bringen können. »Danke für dein
Angebot, Frank, aber ich kann es nicht annehmen. Diesmal nicht.«
Frank wurde selten wütend, aber jetzt war er tief
enttäuscht. Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Kaffeetasse
überschwappte. »Verdammt, Kate, ich kenne dich. Es brennt dir auf den Nägeln,
mit jemandem über alles zu sprechen. Wenn du das getan hast, wird es dir gleich
viel besser gehen.«
Vermutlich hatte er Recht. Als Frank ein weiteres Argument ins
Feld führte, konnte ich kaum noch Nein sagen. »Außerdem habe ich schon ein paar
Ideen, was den Täter angeht.«
»Was für Ideen?«
»Zuerst sagst du mir, dass ich dir helfen kann.«
»Und du verarschst mich nicht?«
»Nein.«
Ich dachte darüber nach. »Unter einer Bedingung.«
»Welcher?«
»Solange du mir hilfst, lässt du das Trinken sein. Du rührst
keinen Tropfen Alkohol an. Selbst Mundwasser oder Cognacbohnen sind verboten.
Das ist mein Ernst, Frank. Sonst sind wir geschiedene Leute.«
»Das sind harte Bedingungen.«
»Es ist nur zu deinem Besten.«
Mit einem gequälten Lächeln reichte Frank mir die Hand. »Ich
werde mein Bestes geben. In Ordnung?«
Ich zögerte einzuschlagen. »Nein. Entweder oder, Frank.«
»Okay. Abgemacht. Und jetzt erzähl mir alles.«
43.
Ich erzählte ihm jede Kleinigkeit, die in den
letzten achtundvierzig Stunden passiert war, auch von dem seltsamen
mitternächtlichen Anruf. Und Frank behielt Recht: Ich fühlte mich
augenblicklich besser. Leider währte die Freude nur Sekunden. »Du hältst mich
für verrückt, nicht wahr?«
»Bis jetzt war es nicht so«, sagte er. »Aber wenn du
tatsächlich in Erwägung ziehst, Gemal könnte noch leben, ändere ich vielleicht
meine Meinung. Sei vernünftig, Kate. Du hast doch gesehen, wie der Mann
hingerichtet wurde. Du hast gesehen, dass ihm das Gift in die Venen gespritzt
und er für tot erklärt wurde.«
»Aber wenn er die Hinrichtung irgendwie überlebt hat? Ich habe
das seltsame Gefühl, als könnten wir es hier mit sonderbaren oder gar
übernatürlichen Phänomenen zu tun haben. Die Opfer in der Mine wurden nach
Gemals Methode getötet. Es ist seine Handschrift. Hinzu kommt, dass es
keine Fußspuren im Schnee gab. Und dann das Bild, das am Computer entstanden ist
… Es ist unheimlich, und ich kann es nicht erklären.«
Frank schüttelte den Kopf. »Dann versuche es gar nicht
erst. Du musst logisch an die Sache herangehen. Der Strafvollzugsbehörde ist
noch nie ein derartiger Fehler unterlaufen. Der Typ verrottet in seinem Grab.
Du darfst deinen Zweifeln keinen Platz in deinen Gedanken einräumen. Ich wette,
noch nie hat jemand eine Kaliumchlorid-Injektion überlebt, von den anderen Chemikalien,
die sie ihm gespritzt haben, ganz zu schweigen. Und diese übernatürlichen
Phänomene, von denen du gesprochen hast – also wirklich. Ich bin nicht bereit,
auch nur einen Gedanken an solchen Unsinn zu verschwenden.«
Wenn Frank nüchtern war, gelang es ihm immer, meine Zweifel
zu zerstreuen, und ich war heilfroh, dass ich mit ihm gesprochen hatte. »Du
hast Recht. Ich meine, die fehlenden Fußabdrücke. Ich denke immer, es muss eine
einfache Erklärung dafür geben, und die gibt es sicher auch. Jemand könnte sich
die Mühe gemacht haben, sie wegzufegen.«
»Richtig«, stimmte Frank mir zu.
Endlich hatte ich nicht mehr das Gefühl, allmählich den
Verstand zu verlieren, doch schon stiegen erneut Zweifel in mir auf, und mein
Magen verkrampfte sich. »Aber dann hätten wir Spuren von den Borsten finden
müssen. Und was ist mit dem Anruf, den ich gestern Nacht bekommen habe? Was ist
mit der Musik?«
»Entweder du hast es nur geträumt, oder es hat dich
jemand angerufen und dir die Musik vorgespielt.«
»Aber warum?«
»Da bin ich überfragt. Wenn es wirklich passiert ist …«
»Es ist passiert, Frank. Ich versuche schon den ganzen Tag,
mir einzureden, dass das Schlafmittel zu Halluzinationen geführt hat. Aber je
länger ich darüber nachdenke, desto deutlicher wird mir, dass jemand mich
angerufen hat.«
»Das würde bedeuten, dass der Täter bereits eine Menge über
dich weiß. Vielleicht hegt er sogar einen Groll gegen dich und will dich
verspotten oder
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