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- Der Jünger des Teufels

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Titel: - Der Jünger des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glenn Meade
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tröstete allein der Gedanke, dass Jupe ein brutaler
Killer gewesen war, der seine Opfer grausam gequält hatte. Doch das minderte
meine Schuldgefühle nicht, einem Menschen das Leben genommen zu haben.
    »Du musst erschöpft sein, wenn man bedenkt, dass du auf dem
Hinflug kaum geschlafen hast«, sagte Josh. »Ich würde mich auch gern ein
bisschen ausruhen. Was hältst du davon, wenn wir uns beide ein paar Stunden
hinlegen und uns um sieben Uhr treffen?«
    »Hört sich gut an.«
    Delon hatte uns
heute Abend zum Essen eingeladen, und wir wollten uns um Viertel nach sieben im
Foyer treffen. Ich hatte jedoch das Gefühl, dass Delon sich viel zu sehr um Laval sorgte
und die Einladung reine Höflichkeit war.
    »Wir sehen uns dann um sieben.« Josh steuerte auf die Tür zu,
drehte sich aber noch einmal um. »Darf ich dir eine Frage stellen?«
    »Nur zu.«
    »Hast du früher schon mal einen Menschen erschossen?«
    »Nein. Und du?«
    Josh nickte. »Vor sieben Jahren. Es ist nicht einfach,
damit fertig zu werden, wenn man nicht vollkommen abgestumpft ist. Ich habe
Monate gebraucht, um darüber hinwegzukommen. Man hat eine Zeitlang Albträume,
zweifelt an sich, an seinen Fähigkeiten, seinen Motiven.«
    Ich nickte. »Ich glaube, ich weiß, was auf mich zukommt, Josh.«
    »Ich wollte dir noch sagen, dass mein Zimmer nur zwei Türen
weiter ist, falls du jemanden zum Reden brauchst. Ich weiß, wir sind Kollegen,
aber es wäre schön, wenn wir Freunde werden könnten.«
    Ich strich ihm über den Arm und schaute ihm in die Augen. Seine
mitfühlende Art tat mir gut. »Danke, ich weiß dein Angebot zu schätzen.«
    Und dann passierte etwas vollkommen Unerwartetes. Josh streckte
den Arm aus und strich mir mit der Hand zärtlich über die Wange. Ich war
überrascht, und als er mir in die Augen sah, verspürte ich das Verlangen, mich
an seine Brust zu schmiegen und ihn zu küssen. Doch plötzlich dröhnte eine
Schiffssirene auf der Seine und brach den Zauber. Wir blickten uns verlegen an.
    »Wenn du mich brauchst, ruf einfach«, sagte Josh leise.
    Ich drückte seine Hand. »Danke.«
    Nachdem er gegangen war, stand ich am Fenster und schaute auf
die Seine. Frachtkähne fuhren über den kalten, grünlich schimmernden Fluss. Es
hatte zu regnen begonnen, ein unangenehmer Nieselregen, der die Straßen mit
einem glitschigen Film überzog. Es war erst zwölf Uhr, doch seitdem wir vor
vier Stunden in Paris gelandet waren, war so viel geschehen, dass ich Mühe hatte,
alles zu verarbeiten.
    Ja, ich bin in Paris. Und ja, ich habe einen Mann
erschossen.
    Vor allem der Gedanke, dass der Killer, der Gemals
Mordmethode imitierte, noch immer frei herumlief, machte mir zu schaffen, und
ich fragte mich, was er als Nächstes plante. Ich war ziemlich sicher, dass ich
kaum würde schlafen können. Immer wieder sah ich im Geiste die dunklen
Katakomben vor mir, und ich wusste nicht, wie ich die Enge in diesen
höhlenartigen Stollen ausgehalten hatte. Ich wusste nur, dass ich so etwas nie wieder erleben wollte. Arbeite an der Angst, sagte ich mir. Nutze
sie zu deinem Vorteil. Sicher, das alles hörte sich großartig an – bis man der
Situation ausgesetzt war. Die Erinnerung an den Maskierten, der Laval das
Messer auf die Kehle presste, quälte mich, und ich durchlebte noch einmal den
Moment, da ich ihm die Kugel in den Kopf geschossen hatte.
    Ich trat vom Fenster zurück und ließ mich erschöpft aufs
Bett fallen. Fünf Minuten später versank ich in Halbschlaf. Aus irgendeinem
Grund dachte ich fortwährend an den kurzen Augenblick, da Josh meine Wange
gestreichelt hatte. Was wäre geschehen, wenn ich weitere Zärtlichkeiten erlaubt
hätte?
    Schließlich schlief ich ein, gequält von den Bildern des
dunklen Tunnels und des von meinen Kugeln zerfetzten Gesichts des Mannes.

62.
Angel
Bay, Virginia
    Stone fuhr mit dem Wagen in die Einfahrt von
Kate Morans Cottage. Gus Norton ließ seinen Blick schweifen. Die gepflegten
Gärten, die herrliche Aussicht und das Gutshaus entlockten ihm einen Pfiff. »Schön
hier. Wie lange lebt Moran hier schon?«
    »Sie ist sechs Monate, nachdem sie Bryce kennen gelernt
hat, hier eingezogen. Als Bryce starb, hinterließ er ihr in seinem Testament
das Anwesen.«
    Norton pfiff noch einmal. »Es ist bestimmt mehr als eine Million
wert. Wieso weißt du so viel über Morans Privatleben?«
    »Ich hab mich schlau gemacht. Übrigens, vor drei Monaten wurde
eine viktorianische Villa, die ein Stück entfernt an der Bucht steht,

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