- Der Jünger des Teufels
Ihnen
schon sagte, verstecken polizeilich gesuchte Verbrecher sich oft in der
Kanalisation. Ich vermute, dass wir Jupe bei unserer gestrigen Suche hier unten zu nahe
gekommen sind, sodass er sich vorsichtshalber in die Katakomben zurückgezogen
hat. Gott weiß, warum er die beiden Frauen attackiert hat. Pech für ihn, Glück
für uns.«
»Sie glauben nicht, dass dieser Jupe die beiden Touristen
in der Kanalisation ermordet hat?«, fragte ich.
Delon dachte nach.
»Ich kann Ihre Frage erst beantworten, wenn sämtliche kriminaltechnischen
Untersuchungen abgeschlossen sind. Aber ich habe meine Zweifel. Es passt nicht
zu Jupe, seine Opfer auf eine Weise zu töten wie gestern die beiden
Amerikaner. Darf ich fragen, warum das FBI so großes Interesse an diesen
Verbrechen hat?«
»Wir vermuten, dass jemand Gemals Morde nachahmt. Dieser
Nachahmer hat in der letzten Woche bereits zwei Morde in den Staaten begangen«,
sagte Josh.
Delon schaute uns
stirnrunzelnd an. »Ich verstehe. Sehr merkwürdig.«
»Wir wollten überprüfen, ob es zwischen Ihrem und unserem Fall
eine Verbindung gibt. Und es sieht ganz danach aus. Die Position des Kreuzes
legt nahe, dass wir es mit demselben Killer zu tun haben.«
Delon stand auf
und drückte seine Zigarette mit dem Schuh aus. »Könnte sein. Leider läuft der
Killer immer noch frei herum. Doch ich versichere Ihnen, dass wir alles tun
werden, um ihn zu schnappen, und dass wir eng mit dem FBI zusammenarbeiten.«
Als ich aufstand, wehte mir der eiskalte Wind ins Gesicht. Ich
schlug meinen Kragen hoch. Delon schien zuversichtlich zu sein, doch ich war nicht so
überzeugt, dass wir den Killer finden würden. »Ich würde mir gerne den Tatort
in der Kanalisation ansehen«, sagte ich.
Delon nickte. »Natürlich.
Es ist nicht weit, vielleicht einen Kilometer von hier. Wir können dorthin
fahren.«
Josh und ich folgten Delon zu seinem Renault. Ein paar Minuten
später bogen wir in eine ruhige, kopfsteingepflasterte Gasse in einem
Geschäftsviertel ein. Auf halber Höhe der Gasse befand sich eine mit
Flatterband abgesperrte Zone, die zwei Streifenbeamte bewachten. Als wir aus
dem Wagen stiegen, begrüßten sie uns.
»Leider sind in diesem Viertel größtenteils Bürohäuser, die
abends leer sind. Deshalb ist unsere Suche nach Zeugen, die etwas Verdächtiges
gesehen haben könnten, erfolglos geblieben. Die Leichen wurden gleich da drüben
unterhalb dieser Straße gefunden.«
Der Inspektor zeigte auf ein schweres Metallgitter im
Kopfsteinpflaster und reichte uns Taschenlampen. Dann wandte er sich an die
Polizisten, die das Gitter aufschlossen und entfernten, worauf eine in die
Tiefe führende Steintreppe sichtbar wurde.
»Durch diesen Zugang betreten die Arbeiter die Kanalisation«,
erklärte uns Delon. »Nach Aussage der Techniker ist es ein einfaches Schloss,
problemlos zu öffnen.«
Wir folgten Delon die Treppe hinunter in die Dunkelheit.
Der Gestank des Abwassers verdrängte den leichten
Benzingeruch nicht vollständig. Wir befanden uns in einem riesigen Kanaltunnel
unterhalb der Gasse, mit alten, steinernen Gehwegen auf beiden Seiten. In der
Mitte rauschte ein stinkender Abwasserkanal. Ich ließ die Taschenlampe kreisen
und sah glitschige braune Mauern und eine mit Schimmel überzogene, gewölbte Decke.
Wir waren nur wenige Schritte von der Treppe entfernt, die nach
oben führte. Ich konnte den blauen Himmel sehen, was meine Klaustrophobie ein
wenig linderte. Wir liefen über den linken Gehweg, und ich ließ den Blick
schweifen. Ein paar Schritte hinter mir folgte Josh, der sich ebenfalls umsah
und sich ein Papiertaschentuch auf den Mund presste, um sich vor dem Gestank zu
schützen. Doch viel gab es hier nicht zu sehen. Meterhohe, in Betonsockel
eingemauerte Metallpfähle und Absperrband riegelten den Bereich ab, wo die
Leichen verbrannt worden waren. Der vom Feuer geschwärzte Steinboden war mit Kreide
markiert. Ein Teil des geschwärzten Bodens sah aus wie erstarrter Teer. Während
ich den Lichtstrahl der Lampe durch die stinkende Dunkelheit gleiten ließ,
erklärte mir der Inspektor, dass andere Kreidemarkierungen innerhalb des
Kreises auf die Knochensplitter der Opfer hinwiesen, die in den Boden
eingedrungen waren, als der Killer die Leichen mit der Axt zerstückelt hatte.
Die düstere, stinkende Höhle ähnelte stark Gemals anderen Tatorten,
die ich bereits gesehen hatte. Nachdem ich meine stumme Inspektion fünf Minuten
fortgesetzt hatte, konnte Delon den entsetzlichen
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