Der Jünger
gehen. Als sie kurz vor dem Eingang standen, begann sie still zu beten und um Kraft zu flehen.
“Wir sind hier”, kündigte er an, trat ein und zerrte sie mit sich.
“Meine lieben Jünger, seht, wer gekommen ist! Niemand anders als Maria Magdalena! Jetzt versteht ihr, warum es für euch alle so wichtig war, bei mir zu bleiben. Jetzt seht ihr, warum ich euch alle brauche, auch Mutter. Ihr solltet alle bei mir sein, wenn sie kommt.”
January trat mit zugehaltener Nase ein und atmete durch den Mund, doch sie hätte schwören können, dass sie den Gestank schmeckte. Zuerst konnte sie außer Jays Gesicht überhaupt nichts erkennen. Es dauerte einen Moment, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Als sie schließlich realisierte, was für ein grausames Bild sich ihr bot, schrie sie erschrocken auf.
Ihr Schrei hallte in dem Hochofen wider und in den Köpfen der Männer, was ein wildes Durcheinander von Jammern und Klagen in Gang setzte, die für January klangen, als kämen sie aus den Tiefen der Hölle.
Sie wirbelte mit aller Kraft zu Jay herum und traf ihn unerwartet am Kinn. Er fiel zu Boden wie ein gefällter Baum. Ihre Hand brannte wie Feuer, doch sie hatte keine Zeit, an sich selbst zu denken. Sie stolperte von einem Mann zum nächsten, fragte sie nach ihren Namen und versprach ihnen, dass Hilfe unterwegs sei.
“Sie müssen weglaufen, Lady”, sagte Tom Gerlich. “Sie müssen hier so schnell wie möglich rauskommen, bevor er wieder aufwacht. Holen Sie Hilfe. Holen Sie Hilfe für uns!”
January griff nach seiner Hand, ohne sich darum zu kümmern, wie dreckig er und seine Kleidung waren. “Es ist in Ordnung”, sagte sie und unterdrückte ein Schluchzen. “Es ist Hilfe unterwegs … Die Hilfe ist schon unterwegs.”
“Er wacht auf!”, rief jemand. “Laufen Sie, Lady, los, laufen Sie!”
January drehte sich um und sah, wie Jay sich den Kopf hielt und stöhnte. Im gleichen Augenblick fiel ihr Blick auf den Leichnam, der einmal ein Mann namens Matthew gewesen war, und eine unfassbare Wut stieg in ihr auf, die ihr fast den Atem nahm.
“Sie Teufel! Damit werden Sie nicht davonkommen!”, schrie sie und rannte an ihm vorbei aus dem Raum.
Sie fühlte sich immer noch schwach auf den Beinen, und noch immer hatte sie einen bitteren Geschmack im Mund, während sie auf das Licht am anderen Ende des Ganges zulief. Sirenen ertönten jetzt von allen Seiten. Die Tränen liefen ihr über das Gesicht.
Ben. Ben war da.
Und dann traf sie ein Schlag von hinten. Mit einem Aufschrei stürzte sie zu Boden.
21. KAPITEL
V ier Streifenwagen bremsten an dem einen Ende des Lagergebäudes, während ein halbes Dutzend mehr vor dem Eingang an der anderen Seite erschien. Der Überwachungswagen war direkt hinter ihnen und hielt nur wenige Sekunden später.
Ben und Rick sprangen aus dem Wagen, bevor er richtig stand. Sie hatten das Signal, das von January kam, über zwanzig Kilometer im D.C.-Verkehr blinken sehen. Ben hatte in einem fort geflucht und gebetet, dass sie rechtzeitig eintreffen würden, bevor January etwas geschah.
Uniformierte Beamte standen vor den geöffneten Türen und warteten auf Anweisungen. Auf Bens Zeichen folgten sie ihm hinein. Eine zweite Gruppe betrat das Gebäude vom anderen Ende.
Zuerst konnten sie lediglich ein zerfallenes Lagerhaus sehen. Löcher im Dach. Türen hingen schräg in defekten Angeln und überall lagerte Müll, Dreck und Schrott.
Nachdem sie an einem Stapel Holzpaletten vorbeigelaufen waren, entdeckten sie ein paar Meter weiter ein geparktes Taxi neben einer Anzahl von Türen, die früher in Büros geführt haben mussten. Plötzlich hörten sie ein paar beängstigende Schreie.
“Dieser Mistkerl”, sagte Ben und rannte in die Richtung, aus der die Schreie gekommen waren. Dabei schreckte er ein paar Tauben und Ratten auf.
Kurz darauf erschien eine Gestalt wie aus dem Nichts, die ihm entgegengerannt kam. Es war January. Er erkannte sie sofort an ihrer hellen Kleidung. Doch seine Erleichterung darüber, dass sie noch am Leben war, schwand sofort, als er sah, dass sie von einem Mann gejagt wurde.
Noch war er zu weit entfernt, um einen treffsicheren Schuss wagen zu können. Deshalb rannte er weiter und hoffte, dass die andere Gruppe der Cops bei ihr war, bevor sie verletzt wurde.
Jay konnte nicht glauben, dass sie ihn wieder geschlagen hatte. Und das, nachdem er geschworen hatte, Mutter Mary etwas anzutun, wenn sie ihm nicht gehorchte. Als er wieder so weit zu sich
Weitere Kostenlose Bücher