Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Jünger

Der Jünger

Titel: Der Jünger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Sala
Vom Netzwerk:
Nummer 7-9-9-4-4-2-0-1-3.”
    “Lass ihn in Ruhe”, meldete sich Simon. “Er flippt hier echt aus.” Dann brach er ab und begann nun ebenfalls zu weinen. “Zum Teufel, uns allen hier geht's dreckig.”
    “Wer hat das getan?”, fragte Bart.
    “Der Taxifahrer. Es war der Taxifahrer”, erwiderte Simon.
    Bart versuchte sich an das Gesicht des Mannes zu erinnern, aber das Einzige, was er vor Augen hatte, waren der lange Pferdeschwanz und der Bart. “Aber warum?”, rief er.
    “Er nennt uns seine Jünger”, sagte Simon. “Er glaubt, er ist Jesus.”
    “Was soll denn mit uns passieren?”
    “Matthew Farmer … Fliegeroffizier … Nummer 7-9-9-4-4-2-0-1-3. Matthew Farmer … Fliegeroffizier … Nummer 7-9-9-4-4-2-0-1-3.”
    Bart sträubten sich die Nackenhaare, als er hörte, wie der andere Gefangene immer wieder seinen Namen und Dienstgrad herunterleierte. Offensichtlich war der Mann einmal in Kriegsgefangenschaft gewesen. Was für eine Ironie des Schicksals, dass der arme Mann hier, in den vermeintlich sicheren Staaten, erneut die Qualen und den Albtraum einer Kriegsgefangenschaft durchleben musste.
    Bart wollte gar nicht daran denken, was passieren konnte. Er sagte sich immer wieder, dass man ganz sicher nach ihm suchen und ihn innerhalb kurzer Zeit finden würde. Dann erinnerte er sich an Simons Bemerkung. Er war schon fast einen Monat hier. Warum hatte sie niemand gefunden? Bart ließ keine der regionalen und überregionalen Nachrichtensendungen aus, doch nicht in einer einzigen hatte er etwas über vermisste Männer gehört.
    Langsam drehte er sich um und musterte zum ersten Mal seine Umgebung. Die tragbare Toilette fiel ihm sofort auf, ebenso der kleine Tisch. Er ging auf die einzige Tür im Raum zu, wurde aber mindestens zwei Meter vor dem Ausgang von den Ketten zurückgehalten. Es gab ein winziges Fenster ganz oben unter der ungefähr viereinhalb Meter hohen Decke, aber es war so verschmutzt, dass kaum Licht durchfiel.
    Als Bart ein Rascheln hinter der Toilette vernahm, zuckte er zusammen, dann blickte er entsetzt auf die riesige Ratte, die dahinter hervorkam. Er sah, wie sie ihre Nase hochhielt, und fragte sich, wie er hier je wieder lebend herauskommen sollte. Da kam ihm plötzlich der Gedanke, dass er hier vielleicht sterben müsste. Ihm drehte sich der Magen um und seine Knie wurden weich.
    Als die Ratte auf ihn zulief, wich er zur Wand zurück. Er hörte, wie jemand wimmerte. Es dauerte einen Moment, bis ihm klar wurde, dass er es selbst war.
    Schließlich verschwand das Tier unter dem Türspalt. Bart lehnte sich gegen die Wand und rutschte langsam zu Boden. Er hatte rasende Kopfschmerzen und sein Herz hämmerte so laut, dass er kaum noch hörte, wie er schrie.
    Aber genau das tat er.
    Und die anderen hörten ihn.
    Simon Peters fluchte und wandte das Gesicht zur Wand, während sich Matthew Farmer im Nebenraum die Hände auf die Ohren presste und mit dem Kopf auf den Boden schlug.
    James rollte sich zusammen und jammerte.
    Andy fiel nicht in den manischen Chor ein. Ein paar Minuten vorher hatte er es geschafft, eine der Ratten zu fangen, die das Gebäude bevölkerten, und er hielt sie jetzt fest in beiden Händen. Während die anderen Männer schrien und heulten, packte er das Tier am Hals und drückte zu, immer fester und fester, bis seinem Opfer das Blut aus Nase und Ohren lief. Als der Ratte die Augen überquollen, lachte er laut und schleuderte sie durch den Raum.
    Jay umrundete den Block zweimal, bevor er zum hinteren Teil des Lagerhauses fuhr und die Einfahrt entlangrollte. Vorsichtshalber blieb er noch im Wagen sitzen und beobachtete den Eingang im Rückspiegel, ebenso den großen offenen Platz davor. Nichts hatte sich verändert. Dieselben Stapel Holzpaletten. Dieselbe erbärmliche Atmosphäre des Scheiterns. Zufrieden, dass alles so war, wie es sein sollte, öffnete er die Autotür. Doch das sichere Gefühl verschwand augenblicklich, als er den Lärm hörte, der aus dem hinteren Teil des Gebäudes kam. Er sprang aus dem Taxi und begann zu rennen. Lautes Jammern drang aus dem Raum, in dem sein neuester Jünger wohnte.
    Ohne die üblichen Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten, schloss er mit zitternden Händen die Tür auf und eilte hinein. Bart Scofields Geschäftsanzug war voller Blut. Aus seiner Nase tropfte Blut, ebenso aus mehreren Schnitten an der Stirn. Um seine Handgelenke hatte sich ein roter Streifen gebildet, dazu großflächige Blutergüsse, die man unter den ehemals weißen

Weitere Kostenlose Bücher