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Der Jünger

Der Jünger

Titel: Der Jünger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sharon Sala
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zuletzt gehört hatte, als er in einem Taxi gefahren war. Diese Information erhöhte die Möglichkeit, dass es sich bei dem Taxifahrer um den Entführer und Mörder handelte.
    “Haben Sie die Nummer lesen können? Welche Farbe hatte es? Sahen Sie den Fahrer?”
    “Nein. Gelb und schwarz. Nein. Was ist mit der Kamera?”
    “Geben Sie Detective Meeks hier Ihre Telefonnummer und Adresse. Wir geben Ihnen Bescheid.”
    “Verdammt”, schimpfte Morey. “Wie soll ich meine Miete zusammenkriegen, wenn Sie …”
    “Versuchen Sie's mit einem richtigen Job”, schnitt ihm Ben das Wort ab.
    “Sehen Sie mich doch an!”, rief Morey. “Wer stellt denn jemanden wie mich ein?”
    “Das ist nur eine Ausrede, Kumpel. Es gibt mindestens ein halbes Dutzend Wohlfahrtsvereine im Radius von zwanzig Blocks hier, bei denen Sie sich umsonst einkleiden können. Und jetzt machen Sie, dass Sie wegkommen, bevor ich meine Meinung ändere und Sie mit aufs Revier nehme.”
    Morey zögerte nicht. Sekunden später war er verschwunden.
    “Du weißt, dass die Kamera gestohlen ist”, sagte Rick.
    Ben zuckte mit den Schultern. “Wir sind die Mordkommission. Willst du den ganzen Papierkram machen, der notwendig ist, um ihm einen Diebstahl anzuhängen?”
    “Nein.”
    “Gut. Ich auch nicht. Dann lass uns jetzt sehen, was wir über ein illegales gelb-schwarzes Taxi herausfinden.”
    Es war Januarys freier Tag und kurz nach neun Uhr morgens. Gerade hatte sie ein paar Kleidungsstücke aus der Reinigung geholt, als sie im Radio die Nachricht von der Leiche im Müllcontainer hörte. Sie dachte nicht viel darüber nach, bis sie von ihren Erledigungen nach Hause zurückkehrte.
    Der tragbare Fernseher in der Küche war eingeschaltet, aber sie bekam die Lokalnachrichten nur halb mit, während sie die Lebensmittel einräumte, die sie gekauft hatte. Doch ihre Aufmerksamkeit wurde geweckt, als sie in einer Nachrichtenreportage davon berichteten, dass es sich bei dem Toten um den Mann handelte, der am Tag zuvor als vermisst gemeldet worden war. Nachdem Bart Scofield als entführt gegolten hatte, handelte es sich jetzt um Mord.
    Obwohl sie ihn nicht kannte, tat es ihr leid, dass er ermordet worden war. Das erinnerte sie aber auch daran, dass er wohl nicht mit den Fällen der verschwundenen Obdachlosen in Zusammenhang gebracht werden konnte. Soviel sie wusste, war keiner von ihnen bisher wieder aufgetaucht, weder tot noch lebendig .
    Sie beendete ihre Aufgaben, dann setzte sie sich hin, um ihr Scheckbuch zu überprüfen, stellte aber bald fest, dass sie sich einfach nicht konzentrieren konnte. Ständig gingen ihr diese vermissten Männer durch den Kopf und das Gerücht über den Straßenprediger, der behauptete, in der Hölle gewesen zu sein. Ohne in ihren ausführlichen Notizen nachzublättern, die sie über ihn gesammelt hatte, konnte sie sich nicht erinnern, seit wann sie diese beiden Dinge miteinander in Verbindung gebracht hatte.
    Sie starrte in die Luft, das Scheckbuch lag aufgeschlagen vor ihr, als das Telefon klingelte. Es war kein wichtiger Anruf, aber er brachte sie wieder zu ihren Plänen für den Tag zurück. Kaum hatte sie das Gespräch beendet, zog sie sich um, nahm ihre Tasche, den Notizblock und verließ ihre Wohnung. Sie war fest entschlossen, entweder einen neuen Anhaltspunkt zu dem Sünder zu finden oder die Idee für ihre Story endgültig zu verwerfen.
    Die Herberge der Barmherzigen Schwestern für die Armen und Wohnungslosen hatte die Türen für die Notleidenden nie geschlossen. Die vielen Obdachlosen hielten die Nonnen auf Trab, die versuchten, trotz der permanenten Lebensmittelknappheit und dem notorischen Bettenmangel Wunder zu vollbringen. Doch dieser Mangel hielt sie nicht davon ab, Gottes Werk zu tun. Von Zeit zu Zeit machte Mutter Mary Theresa doppelten Dienst, indem sie nicht nur die Spenden sortierte, sondern außerdem noch das Essen unter den Hilfesuchenden verteilte.
    January kannte Mutter Mary Theresa persönlich, seit sie in den letzten drei Jahren hier als freiwillige Helferin zum Thanksgiving Mahlzeiten für die Obdachlosen serviert hatte. Mutter Mary T., wie sie bei den Leuten von der Straße hieß, wusste mehr über das Leben draußen Bescheid als mancher Drogendealer auf dem Kiez. Sie war eine kleine Frau von großer Präsenz und wurde von allen, die sie kannten, mit beachtlichem Respekt behandelt.
    Als January nun im Obdachlosenheim ankam, um Mutter Mary T. aufzusuchen, die gerade eine Lieferung von gespendeten

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