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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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das das Mißfallen des Kaisers, und es war ja auch richtig: ein Ding wie ein Berg, wie ein ordentlicher Berg, liegt da auf der Straße und verdirbt die ganze Straße. »Der Stein soll da weg!« sagte der Kaiser. Na, er hatte also gesagt, der Stein soll da weg – Sie verstehen wohl, was das zu bedeuten hat: »Er soll da weg!« Erinnern Sie sich noch, wie der Selige war? Was sollte man mit dem Stein anfangen? Sie wußten sich alle keinen Rat: da war die Duma, und da war ganz besonders, ich erinnere mich nicht mehr, wer es eigentlich war, aber es war einer von den allerersten, damaligen Würdenträgern, dem der Auftrag zugefallen war. Also dieser große Herr hörte sich nun um, und da wurde ihm gesagt, fünfzehntausend Rubel werde die Sache wohl kosten, unter dem nicht, und in Silber (denn das Papiergeld war unter dem seligen Kaiser gerade in Silber umgewandelt worden). »Wie kann das fünfzehntausend Rubel kosten!« rief er. »Das ist ja Unsinn!« Die Engländer wollten nämlich anfangs Schienen bis heran legen, den Stein auf die Schienen heben und ihn dann mit Dampfkraft fortschaffen: aber was würde das gekostet haben? Eisenbahnen gab es damals noch nicht; nur nach Zarskoje Selo ging schon eine...«
    »Na, man konnte den Stein doch zersägen«, sagte ich und machte dabei ein finsteres Gesicht, ich ärgerte mich gewaltig und genierte mich vor Wersilow; der aber hörte mit sichtlichem Vergnügen zu. Ich begriff, daß auch er sich über die Anwesenheit des Wirtes freute, weil ihm das Zusammensein mit mir ebenfalls peinlich war, das sah ich; ich erinnere mich, daß mir dieses sein Verhalten geradezu rührend vorkam.
    »Ganz richtig, zersägen, ganz richtig, gerade auf diesen Gedanken verfielen sie dann, und besonders Montferrand, der damals gerade die Isaakskathedrale baute. »Man muß ihn zersägen«, sagte er, »und dann wegschaffen.« Jawohl, aber was hätte das gekostet?«
    »Das macht gar keine Kosten; man zersägt den Stein einfach und schafft die Stücke fort.«
    »Nicht doch, erlauben Sie, da muß man ja doch eine Maschine aufstellen, eine Dampfmaschine, und dann: wohin sollte man die Stücke schaffen? Und dann ein Ding wie ein Berg? »Zehntausend Rubel«, sagte man, »unter dem wird es nicht gut zu machen sein, zehn- oder zwölftausend Rubel.««
    »Hören Sie mal, Pjotr Ippolitowitsch, das ist aber doch Unsinn, so kann das nicht gewesen sein ...« Aber in diesem Augenblick zwinkerte mir Wersilow unmerklich zu, und in diesem Zuzwinkern erkannte ich eine so zartfühlende Rücksichtnahme auf den Wirt, ja ein solches Mitleid mit ihm, daß mir das außerordentlich gefiel und ich zu lachen anfing.
    »Na also, na also«, fuhr der Wirt erfreut fort; er hatte nichts bemerkt und schwebte, wie diese Erzähler immer, in der größten Angst, man könnte ihn durch Zwischenfragen aus dem Konzept bringen, »da kommt nun gerade ein Kleinbürger daher, ein noch junger Mensch, na, wissen Sie, so ein echter Russe: mit keilförmigem Bart, mit einem langschößigen Kaftan und beinah ein bißchen angetrunken ... übrigens, nein, angetrunken war er nicht. Und da steht nun dieser Kleinbürger, während sie da so miteinander sprechen, die Engländer und Montferrand, und der hohe Herr, der den Auftrag bekommen hatte, kam auch in seiner Kutsche angefahren, hörte zu und ärgerte sich darüber, daß sie da redeten und redeten und zu keinem Resultat kommen konnten. Und auf einmal bemerkt er von ferne, wie dieser Kleinbürger dasteht und so falsch lächelt, das heißt, nicht falsch, ich drücke mich nicht richtig aus, sondern gewissermaßen ...«
    »Spöttisch«, warf Wersilow behutsam ein.
    »Spöttisch, das heißt ein bißchen spöttisch; so dieses gutmütige russische Lächeln, wissen Sie. Na, der hohe Herrwurde darüber natürlich ärgerlich, wissen Sie, und sagte: »Du da mit dem Bart, worauf wartest du? Was bist du für einer?«
    »Ich?« sagt er, »ich sehe mir das Steinchen an, Durchlaucht.«
    Denn ich glaube, es war eine Durchlaucht; ob es am Ende Fürst Suworow Italijskij war, ein Nachkomme des berühmten Feldherrn? ... Aber nein, ein Suworow war es nicht; wie schade, daß ich vergessen habe, wer es eigentlich war, aber wissen Sie, wenn er auch eine Durchlaucht war, so war er doch ein echter Russe, so ein russischer Typ, ein Patriot mit einem klugen russischen Kopf und einem braven russischen Herzen. Na, er erriet denn auch, wie es stand:
    »Na, wie ist's?« sagte er, »willst du den Stein fortschaffen? Was schmunzelst

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