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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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Kinder hätten. Sie haben ja doch keine Kinder und werden nie welche bekommen!«
    »Tiens!« erwiderte er, und sein Gesicht veränderte sich in einem Augenblick. »Da hat mir gerade Alexandra Petrowna gesagt... vorgestern, hehe!... Alexandra Petrowna Sinizkaja... du mußt sie vor drei Wochen hier gesehen haben... stell dir vor, die sagte mir vorgestern auf meine lustige Bemerkung, daß ich, falls ich mich jetzt verheiratete, wenigstens sicher sein könne, keine Kinder zu bekommen... da sagte sie auf einmal zu mir so recht boshaft: »Im Gegenteil, gerade Sie werden welche bekommen, solche Leute wie Sie bekommen unfehlbar welche, schon gleich im ersten Jahr, das werden Sie sehen!« Hehe! Und alle haben sie, ich weiß nicht woher, die Vorstellung, ich würde mich plötzlich verheiraten. Aber wenn es auch boshaft gesagt war, so mußt du doch zugeben, daß es scharfsinnig war.«
    »Scharfsinnig und beleidigend.«
    »Na, cher enfant, nicht jeder kann unsereinen beleidigen. Ich schätze Scharfsinnigkeit bei den Leuten besonders hoch, sie ist offenbar im Schwinden begriffen; aber was Alexandra Petrowna gesagt hat... kann man sich etwa mit ihr in einen Streit einlassen?«
    »Was haben Sie da gesagt? Was haben Sie da gesagt?« rief ich hastig. »Nicht jeder kann unsereinen... das ist richtig! Nicht jeder ist wert, daß man ihn beachte, - ein vortrefflicher Grundsatz! Gerade ich kann den gebrauchen. Das werde ich mir aufschreiben. Sie sagen manchmal allerliebste Dinge, Fürst!«
    Er strahlte über das ganze Gesicht.
    »N'est-ce pas? Cher enfant, der wahre Esprit verschwindet aus der Welt, je länger, je mehr. Eh, mais... C'est moi qui connaît les femmes! Glaube mir, das Leben einer jeden Frau, was sie auch immer für Reden führen mag, ist ein stetes Suchen nach einem, dem sie sich unterordnen kann... Sozusagen ein Durst nach Unterordnung. Und wohl zu beachten: ohne jede Ausnahme!«
    »Sehr richtig, großartig!« rief ich ganz entzückt. Zu anderer Zeit wären wir sogleich für eine ganze Stunde in philosophische Erörterungen dieses Themas hineingeraten, aber auf einmal hatte ich das Gefühl, als ob ich einen Stich bekäme, und ich wurde dunkelrot. Es kam mir der Gedanke, daß ich mich durch das Lob seines Bonmots wohl gar bei ihm vor der Geldforderung einzuschmeicheln suchte und daß er das jedenfalls denken würde, wenn ich nun mit meiner Bitte herauskäme. Ich erwähne das jetzt absichtlich.
    »Fürst, ich bitte Sie ganz ergebenst, mir sogleich die fünfzig Rubel auszuzahlen, die Sie mir für diesen Monat schuldig sind«, schoß ich auf einmal in gereiztem und geradezu grobem Ton los.
    Ich erinnere mich (da mir dieser ganze Vormittag mit allen Einzelheiten im Gedächtnis haftet), daß sich zwischen uns damals eine in ihrer brutalen Realität höchst garstige Szene abspielte. Er verstand mich zuerst nicht, sah mich lange an und begriff nicht, von was für Geld ich redete. Es war ja ganz natürlich, daß er nicht auf den Gedanken kam, ich könne Gehalt beanspruchen, - wofür denn auch? Allerdings versicherte er dann eifrig, er habe es nur vergessen, und zog, sobald er den Zusammenhang erraten hatte, sofort fünfzig Rubel heraus, aber er tat das mit übermäßiger Hast und wurde dabei sogar rot. Als ich sah, wie die Sache lag, stand ich auf und erklärte schroff, jetzt könne ich das Geldnicht annehmen; man habe zu mir von einem Gehalt gesprochen, offenbar irrtümlich, oder auch um mich zu täuschen, damit ich die Stelle nicht ablehnte; ich sähe jetzt vollkommen ein, daß ich nicht den geringsten Anspruch erheben könnte, da ich ja keinerlei Dienste geleistet hätte. Der Fürst bekam einen Schreck und erging sich in Versicherungen, ich hätte ihm außerordentlich viele Dienste geleistet und würde es künftig in noch größerem Umfang tun und fünfzig Rubel seien eine so winzige Summe, daß er mir im Gegenteil noch etwas zulegen werde, weil er sich dazu für verpflichtet halte, und er habe selbst alles mit Tatjana Pawlowna abgesprochen, es aber »unverzeihlicherweise ganz vergessen«. Ich brauste auf und erklärte mit der größten Entschiedenheit, es sei niedrig, ein Gehalt dafür anzunehmen, daß ich Skandalgeschichten erzählt hätte, wie ich zwei Damen mit Schleppen bis zu den Instituten nachgelaufen sei, ich hätte mich nicht verdingt, um ihn zu amüsieren, sondern um ernste Arbeit zu tun, und wenn keine Arbeit da sei, so müßten wir unsere Beziehungen abbrechen und so weiter und so weiter. Ich hätte nicht geglaubt,

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