Der Jüngling
an diesem Abend und in einem solchen Zustand! Später wird das alles klarwerden, warum.
»Ich komme nicht mit!« sagte ich noch einmal. »Droschke!«
Sofort kam ein Droschkenkutscher herangejagt, und ich sprang in seinen Schlitten.
»Wo willst du hin? Was hast du?« brüllte Lambert in gewaltiger Angst und hielt mich an meinem Pelz fest.
»Untersteh dich nicht, mir zu folgen!« schrie ich. »Daß du mir nicht nachsetzt!«
In diesem Augenblick trieb der Kutscher das Pferd an, und mein Pelz wurde Lambert aus den Händen gerissen.
»Schadet nichts, du wirst schon kommen!« schrie er mir wütend nach.
»Ich werde kommen, wenn ich will – das ist meine Sache!« rief ich, mich im Schlitten umwendend, ihm zu.
II
Er verfolgte mich nicht, natürlich nur, weil gerade keine andere Droschke bei der Hand war, und es gelang mir, ihm aus den Augen zu kommen. Ich fuhr aber bloß bis zum Heumarkt, stieg dort aus und entließ den Kutscher. Ich hatte ein starkes Verlangen, zu Fuß zu gehen. Ich verspürte weder Müdigkeit noch stärkere Trunkenheit; vielmehr fühlte ich nur Kühnheit, einen Zuwachs von Kraft, eine außerordentliche Fähigkeit zu jedem Unternehmen, und in meinem Kopf tummelten sich unzählige angenehme Gedanken.
Mein Herz klopfte angestrengt und stark; ich hörte jeden seiner Schläge. Und alles gefiel mir so gut, und mir war so leicht zumute. Als ich auf dem Heumarkt an der Hauptwache vorbeikam, bekam ich die größte Lust, zu dem Posten zu gehen und ihm einen Kuß zu geben. Es war Tauwetter, der Platz sah schwarz aus und roch schlecht, aber auch der Platz gefiel mir sehr.
»Ich will jetzt auf den Obuchowskij Prospekt gehen«, dachte ich, »und dann wende ich mich links und gehe nach dem Semjonowskij Polk; ich mache einen Umweg, das ist schön, alles ist schön. Den Pelz habe ich auseinandergeschlagen,aber warum nimmt ihn mir denn niemand weg? Wo sind denn die Räuber? Es heißt doch, auf dem Heumarkt gebe es Räuber; meinetwegen mögen sie kommen, vielleicht gebe ich ihnen den Pelz so. Wozu brauche ich einen Pelz? Ein Pelz ist ein Eigentum. La propriété, c'est le vol. Übrigens, was ist das für dummes Zeug, und wie schön ist alles! Es ist schön, daß Tauwetter ist. Was hat man von der Kälte? Kälte braucht überhaupt nicht zu sein. Es ist auch schön, dummes Zeug im Kopf herumzutragen. Was habe ich da zum Beispiel zu Lambert von den Prinzipien gesagt? Ich habe gesagt, es gebe keine allgemeinen Prinzipien, sondern nur private Zufälle; da habe ich Unsinn geredet, den reinen Unsinn! Das habe ich absichtlich getan, um mich aufzuspielen. Ich schäme mich ein bißchen, indessen – das schadet nichts, ich mache es wieder gut. Schämen Sie sich nicht, grämen Sie sich nicht, Arkadij Makarowitsch! Arkadij Makarowitsch, Sie gefallen mir. Sie gefallen mir sogar sehr gut, mein junger Freund. Schade, daß Sie ein kleiner Spitzbube sind ... und ... und ... ach ja ... ach!‹
Ich blieb plötzlich stehen, und das Herz tat mir wieder weh von meinem Wonnerausch:
›O Gott, was hat er da gesagt? Er hat gesagt, daß sie mich liebt. Oh, er ist ein Halunke, er hat mir vieles vorgelogen; das hat er getan, damit ich mit in seine Wohnung kam und da übernachtete. Aber vielleicht ist es auch nicht gelogen. Er hat gesagt, Anna Andrejewna glaube es auch ... Pah! Aber auch Darja Onissimowna konnte ihm da etwas auskundschaften; die treibt sich ja überall herum. Und warum bin ich nicht zu ihm gefahren? Ich hätte alles erfahren! Hm! Er hat einen Plan, und ich habe das alles bis in die geringsten Einzelheiten vorhergeahnt. Der Traum. Großzügig ausgesonnen, Herr Lambert, aber Sie irren sich, es wird Ihnen nicht gelingen. Aber vielleicht gelingt es doch! Vielleicht gelingt es doch! Und ob er wirklich die Heirat zuwege bringt? Vielleicht bekommt er es fertig. Er ist naiv und glaubt es. Er ist dumm und dreist wie alle diese Geschäftsleute. Dummheit und Dreistigkeit miteinander vereint, die bilden eine große Macht. Aber gestehen Sie nur, Arkadij Makarowitsch, daß Sie sich vor Lambert gefürchtet haben! Und wozu braucht er ehrenhafteMenschen? Er sagt ganz ernsthaft: »Es gibt hier keinen einzigen ehrenhaften Menschen!« Aber was bist du selbst denn für ein Mensch? Ach, was rede ich da! Als ob die Schufte keine ehrenhaften Menschen nötig hätten. Bei Gaunereien sind ehrenhafte Leute noch notwendiger als sonst überall. Haha! Das haben Sie nur bisher in Ihrer völligen Unschuld nicht gewußt, Arkadij Makarowitsch. Herrgott!
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