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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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sind verdorben bis in die Fingerspitzen hinein; du weißt nicht, wozu die fähig sind! Alfonsina hat in einer solchen Familie gelebt und hat geradezu einen Ekel bekommen.«
    »Das habe ich mir gedacht«, stimmte ich ihm wieder bei.
    »Aber du läßt dich schlagen und hast noch Mitleid mit ihr ...«
    »Lambert, du bist ein Schurke, ein verdammter Schurke!« rief ich, indem ich plötzlich meine Gedanken sammelte undvor Erregung zu zittern begann. »Das alles habe ich schon im Traum gesehen; du und Anna Andrejewna, ihr standet beide da ... Oh, du bist ein verdammter Schurke! Hast du mich wirklich für einen solchen Schuft gehalten? Ich habe es ja gerade deswegen geträumt, weil ich wußte, daß du das sagen würdest. Und schließlich kann das auch alles nicht so einfach sein, wie du es mir darstellst.«
    »Nun sieh mal an, wie ärgerlich du geworden bist! Ei, ei, ei!« sagte Lambert gedehnt und lachte triumphierend. »Na, Bruder Arkaschka, jetzt habe ich alles erfahren, was ich wissen muß. Eben darum habe ich auf dich gewartet. Hör mal, du liebst sie also und willst dich an Bjoring rächen – das war's, was ich wissen wollte. Ich habe das auch schon die ganze Zeit vermutet, während ich auf dich wartete. Ceci posé, cela change la question. Und das ist um so besser, da auch sie selbst dich liebt. Also heirate sie unverzüglich, das ist das beste. Und etwas anderes kannst du auch gar nicht tun; du hast das Richtige getroffen. Und dann sollst du wissen, Arkadij, daß du einen Freund hast, nämlich mich, den du zu allen möglichen Dienstleistungen verwenden kannst. Dieser Freund wird dir auch beim Heiraten behilflich sein, und wenn ich alles aus der Erde ausgraben müßte, Arkaschka! Du aber schenke dafür nachher einem alten Kameraden dreißigtausend Rubelchen für seine Mühe, ja? Ich werde dir schon helfen, da kannst du ganz sicher sein. Ich kenne bei all solchen Geschäften alle Schliche, und du wirst ihre ganze Mitgift erhalten und ein reicher Mann werden und eine großartige Karriere machen.«
    Obgleich sich mir alles im Kopf herumdrehte, sah ich doch Lambert erstaunt an. Er redete ernsthaft, das heißt, ernsthaft redete er eigentlich nicht, aber er glaubte, wie ich deutlich sah, selbst fest an die Möglichkeit, mich mit ihr zu verheiraten, und war von dieser Idee sogar ganz entzückt. Selbstverständlich sah ich auch, daß er mich zu fangen suchte wie einen kleinen Jungen (sicher sah ich das schon damals); aber der Gedanke, sie zu heiraten, erfüllte mich dermaßen, daß ich, wenn ich mich auch über Lambert wunderte, wie er nur an ein solches Phantasiegebilde glauben konnte, doch gleichzeitig selbst eifrig daran glaubte, dabei jedoch auch nicht für einen Augenblick aufhörte, mir bewußtzu sein, daß sich das natürlich unter keinen Umständen verwirklichen könne. All das fand eigentümlicherweise in meinem Geist nebeneinander Platz.
    »Ist denn das möglich?« stammelte ich.
    »Warum nicht? Du zeigst ihr das Schriftstück – sie bekommt es mit der Angst und heiratet dich, um nicht ihr Geld zu verlieren.«
    Ich beschloß, Lambert in der Darlegung seiner Gemeinheiten nicht zu unterbrechen, weil er sie mir mit solcher Harmlosigkeit auseinandersetzte, daß ihm gar nicht der Verdacht kam, ich könnte plötzlich dagegen revoltieren; aber ich murmelte doch undeutlich etwas in dem Sinne, daß es nicht meinen Wünschen entsprechen würde, sie nur durch Zwang zu heiraten.
    »Ich will sie unter keinen Umständen dazu zwingen; wie kannst du so gemein sein, mir so etwas zuzutrauen?«
    »Was redest du! Sie wird dich aus freien Stücken heiraten: du brauchst gar nichts weiter dazu zu tun; sie wird Angst bekommen und dich von selbst heiraten. Und sie wird dich auch deswegen heiraten, weil sie dich liebt«, fügte Lambert, als wenn ihm das noch nachträglich einfiel, hinzu.
    »Du faselst. Du machst dich über mich lustig. Woher weißt du, daß sie mich liebt?«
    »Das ist ganz sicher. Ich weiß es. Auch Anna Andrejewna glaubt es. In allem Ernst und ganz wahrheitsgemäß kann ich dir sagen, daß Anna Andrejewna es glaubt. Und dann will ich dir, wenn du zu mir kommst, noch etwas erzählen, und du wirst einsehen, daß sie dich liebt. Alfonsina ist in Zarskoje Selo gewesen; da hat sie auch dies und das erfahren...«
    »Was kann sie denn da erfahren haben?«
    »Komm nur mit zu mir nach Hause: sie wird es dir selbst erzählen, und du wirst dich darüber freuen. Und in welcher Hinsicht bist du denn auch schlechter als ein anderer?

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