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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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Du bist hübsch, du bist gebildet ...«
    »Ja, gebildet bin ich«, flüsterte ich, ich konnte kaum atmen. Mein Herz klopfte heftig, und natürlich nicht allein vom Wein.
    »Du bist hübsch, du bist gut gekleidet.«
    »Ja, gut gekleidet bin ich.«
    »Und du bist ein guter Mensch ...«
    »Ja, ein guter Mensch bin ich.«
    »Warum sollte sie da nicht ja sagen? Und Bjoring, der nimmt sie doch nicht ohne Geld; das Geld aber kannst du ihr wegnehmen – eben deswegen wird sie Angst bekommen; du wirst sie heiraten und dich dadurch an Bjoring rächen. Du hast mir ja damals selbst in jener Nacht, als du aus der Kälte zu mir gekommen warst, gesagt, sie sei in dich verliebt.«
    »Habe ich das wirklich zu dir gesagt? Das habe ich gewiß nicht gesagt.«
    »Doch, das hast du gesagt.«
    »Das war dann im Fieberdelirium. Gewiß habe ich dir damals auch etwas von einem Schriftstück gesagt?«
    »Ja, du hast gesagt, du hättest einen solchen Brief; und ich habe gleich gedacht: wie kann er nur, wenn er einen solchen Brief hat, das nicht zu seinem Vorteil ausnutzen?«
    »Das sind alles nur leere Phantasiegebilde, und ich bin durchaus nicht so dumm, daß ich das glauben kann«, murmelte ich. »Erstens der Unterschied in den Jahren, und zweitens habe ich keinen vornehmen Namen.«
    »Sie wird dich schon heiraten; sie kann gar nicht anders, da ihr sonst soviel Geld verlorengeht – das werde ich alles einzurichten wissen. Und außerdem liebt sie dich. Du weißt ja, daß dir dieser alte Fürst sehr wohlgesinnt ist; durch seine Protektion kannst du alle möglichen Verbindungen anknüpfen, und was das anlangt, daß du keinen vornehmen Namen hast, so ist ein solcher heutzutage durchaus nicht nötig: wenn du erst einmal Geld in die Hände bekommst, dann wirst du aufsteigen und aufsteigen und nach zehn Jahren ein solcher Millionär sein, daß ganz Rußland von deinem Ruhm erschallen wird; also was brauchst du da einen vornehmen Namen? In Österreich kann man sich den Baronstitel kaufen. Wenn du sie aber heiratest, dann halte sie fest im Zügel. Die Weiber muß man gehörig ducken. Wenn eine Frau liebt, so hat sie es gern, daß der Mann sie seine Herrschaft fühlen läßt. Die Frau liebt beim Mann einen festen Charakter. Und wenn du ihr mit dem Brief einen Schreck eingejagt haben wirst, dann wird es dir von da an ein leichtes sein, ihr einen festen Charakter zu zeigen.›Ah‹, wird sie sagen, ›er ist noch so jung, aber er hat einen festen Charakter!‹«
    Ich saß wie betäubt. Mit keinem andern Menschen hätte ich mich zu einem so dummen Gespräch herabgelassen. Aber hier brachte mich ein wollüstiges Verlangen dazu, ein solches Gespräch zu führen. Zudem war Lambert so dumm und gemein, daß kein Anlaß bestand, sich vor ihm zu schämen.
    »Nein, weißt du, Lambert«, sagte ich plötzlich, »vieles von dem, was du da sagst, ist Unsinn; ich habe nur darum mit dir darüber gesprochen, weil wir Schulkameraden sind und uns nicht voreinander zu schämen brauchen; aber mit einem andern würde ich mich um keinen Preis so weit erniedrigen. Vor allen Dingen: woher bist du so fest davon überzeugt, daß sie mich liebt? Was du da soeben von dem Kapital sagtest, war sehr richtig, aber siehst du, Lambert, du kennst die höheren Gesellschaftskreise nicht: diese Leute legen den höchsten Wert auf die patriarchalischen, sozusagen angeborenen Beziehungen, so daß es ihr jetzt, solange sie meine Fähigkeiten noch nicht kennt und nicht weiß, wie weit ich es im Leben noch bringen kann, doch peinlich sein wird. Aber ich will dir nicht verhehlen, Lambert, daß da tatsächlich auch wieder ein Punkt ist, der einem Hoffnung machen kann. Siehst du, sie kann mich aus Dankbarkeit heiraten, weil ich sie dann vor dem Haß eines gewissen Menschen bewahre. Und sie fürchtet ihn, diesen Menschen.«
    »Ach, du meinst deinen Vater? Wie steht es? Liebt er sie sehr?« fragte Lambert höchst neugierig; er war auf einmal zusammengefahren.
    »O nein!« rief ich. »Wie gräßlich du bist und zugleich wie dumm, Lambert! Na, könnte ich denn, wenn er sie liebte, beabsichtigen, sie zu heiraten? Wir sind ja doch Sohn und Vater, da müßte ich mich doch schämen. Er liebt Mama, jawohl, und ich habe gesehen, wie er sie umarmt hat, und ich habe früher selbst gedacht, er liebe Katerina Nikolajewna, aber jetzt habe ich klar erkannt, daß er sie vielleicht früher einmal geliebt hat, sie jetzt aber schon lange haßt ... und sich an ihr rächen will, und sie fürchtet sich vor ihm, denn ich

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