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Der Jüngling

Der Jüngling

Titel: Der Jüngling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovi Dostoevskij
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morgen Ihr Geburtstag, liebe, gute Mama! Hätte er doch noch drei Tage länger gelebt!«
    Voll schmerzlichen Staunens ging ich fort: wie hatte sie überhaupt so fragen können, ob ich zum Totenamt in die Kirche kommen würde! Und wenn sie schon an mir so zweifelten, wie mochten sie dann erst über ihn denken?
    Ich wußte, daß Tatjana Pawlowna hinter mir herlaufen würde, und blieb an der Eingangstür absichtlich ein Weilchen stehen; aber als sie mich eingeholt hatte, stieß sie mich mit der Hand weiter bis auf die Treppe, trat selbst heraus und machte die Tür hinter sich zu.
    »Tatjana Pawlowna, Sie erwarten also Andrej Petrowitsch weder heute noch morgen? Ich bin erschrocken...«
    »Schweig still! Daß du erschrocken bist, ist ganz gleichgültig. Sag mal: was hast du da verschwiegen, als du von dem gestrigen törichten Gerede erzähltest?«
    Ich hielt es nicht für nötig, etwas zu verheimlichen, und berichtete, fast in gereizter Stimmung gegen Wersilow, alles: von dem Brief, den Katerina Nikolajewna gestern an ihn geschrieben hatte, und von der Wirkung des Briefes, das heißt von seiner Wiedergeburt zu einem neuen Leben. Zu meinem Erstaunen erregte die Tatsache von dem Briefe bei ihr keinerlei Verwunderung, und ich vermutete, daß sie schon davon Kenntnis hatte.
    »Lügst du auch nicht?«
    »Nein, ich lüge nicht.«
    »Nun sieh mal einer an!« sagte sie mit einem giftigen Lächeln; sie schien über etwas nachzudenken. »Wiedergeborenist er! Auch das sieht ihm ähnlich! Aber ist das wahr, daß er das Bild geküßt hat?«
    »Ja, es ist wahr, Tatjana Pawlowna.«
    »Hat er es mit wirklicher Empfindung geküßt und sich nicht etwa verstellt?«
    »Ob er sich verstellt hat? Verstellt er sich etwa jemals? Schämen Sie sich, Tatjana Pawlowna; Sie haben ein gefühlloses Herz, ein richtiges Weiberherz!«
    Ich sagte das ziemlich erregt, aber sie schien gar nicht hinzuhören; sie schien etwas zu überlegen, trotz der starken Kälte auf der Treppe. Ich hatte meinen Pelz an, aber sie war im bloßen Kleid.
    »Ich würde dir gern etwas auftragen; nur schade, daß du so schrecklich dumm bist«, sagte sie geringschätzig und anscheinend ärgerlich. »Hör mal, geh doch zu Anna Andrejewna und sieh zu, was da bei ihr vorgeht... Aber nein, geh nicht hin; ein Tölpel ist und bleibt ein Tölpel! Mach, daß du wegkommst, marsch! Was stehst du da wie ein Werstpfahl?«
    »Sehen Sie wohl! Ich werde nicht zu Anna Andrejewna gehen! Und dabei hat Anna Andrejewna mich selbst rufen lassen.«
    »Sie selbst? Durch Darja Onissimowna?« fragte sie, sich eilig wieder zu mir umwendend; sie war schon im Fortgehen gewesen und hatte sogar schon die Tür geöffnet, schlug sie aber nun wieder zu.
    »Ich werde um keinen Preis zu Anna Andrejewna gehen!« wiederholte ich mit grimmigem Genuß. »Ich gehe deswegen nicht hin, weil Sie mich soeben einen Tölpel genannt haben, während ich doch noch nie so scharfsichtig gewesen bin wie heute. Alle Ihre Angelegenheiten erkenne ich so klar, als ob sie mir auf der flachen Hand lägen; aber zu Anna Andrejewna werde ich doch nicht hingehen!«
    »Das habe ich doch gewußt!« rief sie, aber wieder gar nicht als Antwort auf das, was ich gesagt hatte, sondern ihren eigenen Gedanken verfolgend. »Nun werden sie sie ganz umschnüren und mit der Mordschlinge erwürgen!«
    »Wen? Anna Andrejewna?«
    »Dummkopf!«
    »Von wem reden Sie denn also? Doch nicht gar vonKaterina Nikolajewna? Mit was für einer Mordschlinge?« Ich war furchtbar erschrocken. Ein unklarer, aber schrecklicher Gedanke erfüllte meine ganze Seele. Tatjana Pawlowna sah mich mit durchdringendem Blick an.
    »Hast du eigentlich etwas damit zu schaffen?« fragte sie plötzlich. »Bist du irgendwie daran beteiligt? Ich habe auch über dich etwas gehört – warte nur, nimm dich in acht!«
    »Hören Sie, Tatjana Pawlowna; ich will Ihnen ein furchtbares Geheimnis mitteilen, aber nur nicht jetzt gleich; jetzt habe ich keine Zeit, aber morgen, unter vier Augen. Aber dafür sagen Sie mir jetzt die ganze Wahrheit, und was das für eine Mordschlinge ist... denn ich zittere am ganzen Leibe...«
    »Was scher ich mich um dein Zittern!« rief sie. »Was willst du morgen noch für ein Geheimnis erzählen? Oder weißt du am Ende wirklich etwas?« fuhr sie fort und heftete einen fragenden Blick auf mich. »Du hast ihr doch selbst damals versichert, daß Krafft den Brief verbrannt habe.«
    »Tatjana Pawlowna, ich sage es noch einmal, martern Sie mich nicht!« fuhr ich in meinen

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