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Der Jüngstre Tag

Der Jüngstre Tag

Titel: Der Jüngstre Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Green
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als sein Vater wieder aufstand und sich die Tränen von den Wangen wischte.
    Mark starrte durch die ehemalige Hintertür hinaus. »Nach dem Zustand des Leichnams zu urteilen, kann es noch nicht so lange her sein«, erwiderte Mark mit tränenerstickter Stimme. »In dem Schlamm draußen wächst schon etwas Unkraut. Drei Wochen, einen Monat, vielleicht auch ein bisschen länger.«
    »Ich frage mich, warum Christopher in einem Rollstuhl saß.«
    »Weiß der Himmel. Als wir aufgebrochen sind, war er ganz fit.«
    »Vielleicht hatte er wieder Probleme mit der Schilddrüse.«
    »Das glaube ich nicht. Er hatte genug Thyroxin-Tabletten für sein ganzes Leben.« Mark begann wieder zu schluchzen.
    »Die Tatsache, dass er in einem Rollstuhl saß, könnte von Bedeutung sein«, sagte Steven aufgeregt. Mark sah ihn fragend an. »Wenn er wirklich krank war und in einem Rollstuhl saß, hat er vielleicht unten geschlafen und die anderen oben.«
    »Er hat bestimmt nicht in dem Rollstuhl geschlafen«, meinte Mark und starrte verzweifelt auf den Leichnam. »Du hast recht. Wenn sie noch leben würden, hätten sie den Leichnam begraben.«
    Steven sah, dass sein Vater gänzlich den Mut verlor. »Lass uns ihn jetzt begraben«, schlug er vor und legte mitfühlend einen Arm um Marks Schultern.
    »Nein. Wir sollten uns zuerst einmal hier umschauen.« Mark ging auf das Loch zu, wo früher die Hintertür gewesen war. Misty kehrte zurück und miaute wieder, als Steven sich anschickte, seinem Vater zu folgen. Er blieb stehen und nahm die Katze auf den Arm.
    »Was ist hier passiert, Misty? Leben sie noch?«, fragte er. Die Katze antwortete ihm nicht, sondern stupste mit der Schnauze gegen Stevens Hand, um wie gewohnt die Streicheleinheiten unterm Kinn und hinter den Ohren einzufordern. Steven kam der Aufforderung nach, setzte die Katze dann wieder auf den Boden und eilte seinem Vater hinterher.
    An der Ablagerungslinie des Strandguts und der Trümmer an der Flanke des Marina Hill konnten sie genau sehen, bis wohin die Flutwelle das Land überschwemmt hatte. An einigen Stellen war der Asphalt von den Straßen weggerissen worden, und alle niedrigen Mauern am Straßenrand waren eingestürzt, ebenso wie auch zwei Drittel der Gebäude. Die Obstbäume und die Weinstöcke, die die Familie am Fuß des Hügels gepflanzt hatte, waren weggeschwemmt worden.
    »Hallo«, rief Mark mit kraftloser Stimme.
    »Hallo«, schrie Steven laut. Keiner von beiden erwartete eine Antwort. »Wir hätten eine Waffe mitnehmen sollen, um ein paar Schüsse abzufeuern«, meinte Steven.
    »Das machen wir später von der Archangel aus«, erwiderte Mark, doch sein Tonfall verriet, dass er nicht an einen Erfolg glaubte.
    »Das muss eine richtige Monsterwelle gewesen sein«, murmelte Steven, als sie an dem riesigen Trümmerberg vorbeigingen, wo einst am Ende des Kanals das kleine Einkaufszentrum gestanden hatte. Sie wunderten sich, dass der Uhrenturm auf der Insel in der Mitte des Kanals noch stand. Die Zeiger der vier großen Ziffernblätter waren alle zu unterschiedlichen Zeiten stehen geblieben und gaben daher keinen Aufschluss darüber, wann der Tsunami zugeschlagen hatte.
    Sie stiegen den Marina Hill hinauf. Die Häuser dort waren so verlassen wie zu der Zeit, als sie auf der Archangel nach England gesegelt waren. Nur das Unkraut und die Büsche waren weitergewuchert. Die zahlreichen Gräber auf dem Hang waren fast zugewachsen. Ein paar Minuten lang standen Vater und Sohn Seite an Seite auf dem Gipfel des Hügels und schauten in alle Richtungen. Sie sahen nicht eine einzige Rauchfahne oder irgendein anderes Lebenszeichen.
    »Sieh mal«, rief Steven plötzlich. »Da drüben auf dem Golfplatz.« Mark schaute in die Richtung, in die Steven zeigte, und sah die sonderbare Plattform mit der Blechhütte. Ohne ein weiteres Wort liefen sie mit neuer Hoffnung auf die Hütte zu.
    »Hier ist irgendetwas schiefgegangen«, sagte Steven, als sein Vater keuchend eintraf. Er zeigte auf das Loch in dem Boden und den Pfahl, der daneben lag. »Sieht so aus, als hätten sie vorgehabt, die Plattform auf vier Pfähle zu stellen, aber sie steht nur auf dreien.« Als Steven die Leiter zu der Plattform hinaufstieg, betrachtete er mit dem kritischen Blick eines Handwerkers die Arbeit. »Ziemlich zusammengepfuscht«, rief er seinem Vater zu. »Ich hätte Christopher mehr zugetraut.«
    »Vielleicht hat Christopher die Plattform gar nicht gebaut«, überlegte Mark, als er hinaufstieg. »Warum, glaubst du, haben

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