Der Jüngstre Tag
morgen nach unserem Umzug im Anschluss an die Hinrichtungen die Quartiere der Morgans übernimmt.« Man konnte beinah sehen, wie sich die Rädchen in Duncans Kopf drehten. »Dort habt ihr viel mehr Platz. Ich gebe euch natürlich ein paar zusätzliche Möbel aus den Prunkgemächern, sodass ihr euch mit Jennifers Hilfe gemütlich einrichten könnt. Sie hat ein Händchen dafür.«
Duncan zögerte. Diana vermutete, dass er hin- und hergerissen war. Einerseits reizten ihn die angebotenen Räume, die viel größer waren als die, die er derzeit mit seiner Familie bewohnte. Andererseits war er prinzipiell gegen den Umzug. »Wenn du natürlich nicht willst, biete ich Paul und seiner Familie die Räume an.«
»Wir nehmen sie«, erwiderte Duncan schnell. »Trotzdem gefällt es mir nicht, was du tust.«
»Dann ist die Sache entschieden«, sagte Diana, ohne auf seinen Kommentar einzugehen. »Du solltest dich jetzt im Köpfen üben. Sorg dafür, dass die Chatfield-Brüder dir zuschauen.«
Damian hatte die ganze Nacht nicht geschlafen. Er stand am Fenster des Strafzimmers und sah zum Himmel, der sich allmählich erhellte. Es blieb ihm nicht mehr viel Zeit, und er hatte große Angst.
Gestern Nachmittag durfte er seine Zelle verlassen und mit seinen Brüdern ein paar Schritte auf dem Flag Court gehen. Sie wurden gezwungen, nackt über den Hof zu spazieren. Ihre Hände waren auf den Rücken gefesselt und ihre Füße mit einem Seil zusammengebunden. Wenn sie stehen blieben, stießen die Kinder sie mit Stöcken. Noch schlimmer war, dass sie Duncan zusehen mussten, wie er sich auf dem Karren als Henker übte. Er hatte einen großen Haufen Rüben, die er nacheinander auf den Block legte. Wenn die Axt niedersauste und die Rübe in zwei Stücke teilte, jubelten die Kinder. Wenn die Axt die Rübe verfehlte, stießen sie Buhrufe aus. Duncan hatte das Gefühl, viel mehr Buhrufe als Jubelschreie zu hören.
Hinter einem der Fenster am Lawn Court flackerte ein Licht, als eine Kerze angezündet wurde, und kurz darauf erschien hinter einem zweiten Fenster Licht. Die Bewohner von Haver wurden langsam wach. Jetzt dauerte es nicht mehr lange.
Greg, der in dem Uhrenzimmer hoch oben im Cromwell Tower eingesperrt war, hatte einen Stuhl auf den Tisch gestellt. Dort stand er nun und spähte durch das winzige Fenster über der Uhr. Er sah ebenfalls das flackernde Licht hinter den Fenstern unten und begann wieder zu weinen. Sein Schluchzen wurde vom Schlagen der Turmuhr übertönt. Sechs Uhr. Noch eine Stunde.
Jasper lag auf dem nackten Boden seiner Zelle eine Etage unter Greg. Zwar hatte er sich mit seinem Schicksal abgefunden, doch insgeheim verfluchte er Damian. Jasper war davon überzeugt, dass sie ihre Todesurteile Damians Grausamkeit zu verdanken hatten.
Um sieben Uhr versammelten sich die meisten der Gemeinschaft auf dem Flag Court. Diana, die wieder ihre Anwaltsrobe und die Perücke trug, kam aus dem Großen Saal. Duncan, der eine Skimaske übers Gesicht gezogen hatte, folgte ihr. Sie schritten entschlossen durch die Menge und stiegen die Stufen hinauf, die vor dem Karren aufgebaut worden waren.
Duncan nahm die Axt und kickte die restlichen halbierten Rüben mit den Füßen vom Karren. Diana nickte Theresa zu, die eine schwarze Soutane und ein weißes Chorhemd trug und die daraufhin zum Cromwell Tower eilte. Ein paar Minuten später hallte ein Trommelwirbel von den Steinmauern um den Hof wider. Aller Blicke wandten sich zum Turm.
Theresa trat aus dem Schatten des Torbogens hervor. Cheryls Sohn Harry folgte ihr. Er schlug einen langsamen Takt auf einer kleinen Trommel. Hinter ihm gingen die drei nackten Chatfield-Brüder, deren Hände auf den Rücken gefesselt und deren Fußknöchel mit einem Seil zusammengebunden waren, sodass sie nur kleine, schlurfende Schritte machen konnten. Bridget, Paul und Cheryl folgten ihnen mit Mistgabeln. Cheryl stieß Damian auf dem kurzen Weg über den Hof mehrmals mit der Mistgabel und versetzte ihm einen besonders boshaften Stich in den Hintern, als er vor den Stufen zum Karren zögerte.
Die Füße der Gefangenen waren zusammengebunden, sodass sie die Stufen nicht hinaufsteigen konnten. Paul und Duncan mussten sie nacheinander auf den Karren zu ziehen, wo sie in der Reihenfolge ihrer Hinrichtung Aufstellung nehmen mussten. Damian stand am Block, Jasper neben ihm und Greg am Ende der Reihe.
»Leg deinen Kopf auf den Block«, befahl Diana Damian. Er war wie erstarrt und nicht in der Lage, sich zu bewegen.
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