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Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
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Die Fenster waren klein und rund, wie Bullaugen. Früher war er einmal weiß gewesen, jetzt jedoch von unbestimmter Farbe. Zur Tür führte eine kleine Treppe hinauf. Drinnen im Wohnwagen war es still. Die Gardinen waren zugezogen.
    »Vielleicht schläft er«, sagte Lennart, »vor der Show.«
    »Die erste Vorstellung beginnt in gut einer Stunde«, sagte Johnny. »Darauf bereitet er sich jetzt wohl vor.«
    Johnny betrat die knarrende Treppe und klopfte an die Tür. Das Geräusch hallte wider rund um den kleinen Wagen.
    »Vielleicht wird er böse«, sagte Lennart ängstlich.
    »Wenn er doch für die Show trainiert.«
    Vielleicht war es wirklich falsch. Vielleicht hatte Sune sich in diesen Jahren verändert. Eine der Stricknadeln, die er sich durch die Wangen stach, war womöglich in sein Hirn gedrungen.
    Die Tür wurde aufgerissen. Ein Mann mit rasiertem Schädel beugte sich heraus. Er hatte geschwärzte Augenbrauen und einen angemalten hängenden Schnurrbart. Der nackte Oberkörper glänzte in dem blassen Licht, glänzte mehr als irgendetwas anderes in der Umgebung. Auch seine Glatze glänzte. Die Narbe auf Brust und Bauch des Mannes sah aus wie ein Zeichen, eine Schrift. Später würde Lennart sagen, dass Mister Swing wie ein Runenstein aussah. Elisabeth würde lachen. Johnny würde in eine andere Richtung schauen.
    »JA?«, sagte Mister Swing.
    »Hallo, Sune«, sagte Johnny.
    »Aber … wa… das ist ja der Halbstarken-Bergman!«
    Swing riss die Tür ganz auf. »Lange her, mein Lieber.«
    Jetzt war sein Gesicht nah. In jeder Wange war ein schwarzes Loch. Johnny nahm in seinem Atem den Geruch nach Petroleum und Alkohol wahr und Swings Körpergeruch nach Blut und Schweiß und Aqua Vera.
    Swing entdeckte Lennart.
    »Ist das dein Sohn, Bergman?«
     
    Der Wohnwagen war geräumiger, als er von außen wirkte. Für Johnny war es wie eine Rückkehr in ein früheres Leben. Sunes Schminktisch war derselbe, der diagonale Sprung im Spiegel erinnerte an den Toilettenspiegel bei Sjögrens.
    Das Schwert stand an seinem Platz im Schirmständer.
    Die Stricknadeln lagen säuberlich aufgereiht auf dem Tisch, wie Eskils Scheren. Neben den Stahlnadeln lag eine große Schachtel mit langen Streichhölzern. Vor der Show würde Sune die Stricknadeln erhitzen, um Infektionen zu vermeiden. Auf dem Couchtisch standen eine Flasche Whisky und eine Flasche Branntwein. Die halfen auch gegen Infektionen. Aber Sune hatte heute Nachmittag nicht zu viel getrunken. Er bewegte sich sicher, war ruhiger geworden. Mitten im Raum stand ein offener Jutesack, in dem Glassplitter glitzerten.
    »Schleppst du das Glas mit nach Hause?«, fragte Johnny.
    »Nee, nee, ich wollte den Scheiß nur kontrollieren. Vorgestern hab ich mich verletzt, wahrscheinlich sind irgendwelche Metallsplitter dazwischengeraten. Vielleicht war es auch Flaschenglas.« Er wandte sich an Lennart, der am äußersten Rand der Pritsche saß. Sie war mit einem Überwurf bedeckt, der arabisch wirkte. »Es ist schwer, den Rücken an Flaschenglas zu gewöhnen.«
    Lennart hatte seinen Rücken gesehen, als sie den Wohnwagen betraten. Er war mit einer Runenschrift bedeckt – genau wie die Vorderseite.
    Sune Jonasson begann sich seinen Turban um den Kopf zu winden, Runde um Runde. Die Augenbrauen wurden von dem Turban heruntergedrückt, und seine Augen bekamen ein orientalisches Aussehen. Er wurde Mister Swing.
    »Möchtest du Fakir werden, Len… du heißt doch Lennart?«
    Lennart nickte.
    »Du möchtest Fakir werden?«
    »Ja …«
    »Ich hab bloß Spaß gemacht.« Swing rückte seinen Turban über den Ohren zurecht. »Das ist kein Leben für Jugendliche.«
    »Aber du hast dich nicht verändert, Sune«, sagte Johnny.
    »Ja, es ist schon erstaunlich, was so ein Turban ausmacht.« Swing hatte sich zum Spiegel umgedreht und hob eine runde Dose hoch. »Und etwas braune Creme.« Er nahm ein wenig davon auf den Finger und cremte seine Nase ein. »Man wird ein ganz neuer Mensch.«
    Er machte eine Pause und sah Johnny im Spiegel an.
    »Hast du Ingrid schon begrüßt?«
    »Nein. Noch nicht.«
    »Ich finde, das solltest du tun.«
    »Mhm.«
    Johnny sah Lennart an, der gerade das Schwert aus dem Schirmständer nahm, nachdem er vorher um Erlaubnis gebeten hatte.
    »Der Junge kann bei mir bleiben, während ich mich vorbereite.«
    Lennart schaute auf. Er hielt das Schwert am Knauf. Die Klinge war schmal und unheimlich lang. Swing ließ ein dröhnendes Lachen los.
    »Bei mir brauchst du kein Schwert, Junge. Hier

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