Der Jukebox-Mann
es nicht verstanden.
Sie waren umgeben von Autos, dunklen und breiten, kreuz und quer geparkt, was das Feld wie einen Autofriedhof wirken ließ. Es erstreckte sich weit. Er und Eskil hatten sich den Weg zum Eingang wie durch ein Labyrinth suchen müssen.
Eben hatte er mit einem Burschen gesprochen, den er kannte oder mal gekannt hatte. Er hatte aus einer Flasche Klaren getrunken, die ihm jemand reichte. Im Auto daneben wurde Rock ’n’ Roll gespielt, den Song hatte er erkannt, konnte sich aber nicht erinnern, wer der Sänger war. Vielleicht Eddie Cochran. Die Stimme war verzerrt, das mochte vom Plattenspieler im Auto herrühren oder es kam aus seinem eigenen Kopf. Hinter einem anderen Auto schienen sich welche zu prügeln. Er meinte einen Schrei zu hören, vielleicht war es auch ein Lachen. Vielleicht hatte ihn ein Mädchen angesprochen, aber in dem Moment hatte er gerade einen Schluck aus der Flasche genommen.
Eskil hatte auf dem Weg hierher damit geprahlt, er werde den Eintritt bezahlen, das sei ja wohl das Mindeste, was er tun könne. Johnny wusste nicht, wie er das meinte, hatte aber keine Kraft zu fragen. Unterwegs waren sie stehen geblieben und hatten den Rest Branntwein direkt aus der Flasche getrunken. Die Limo war alle, aber der Branntwein schmeckte nicht mehr nach Alkohol.
Sie warteten in einer Schlange. Johnny hatte das Gefühl, als stünde er in einem schalldichten Kreis. Plötzlich hörte er nichts mehr. Er wollte sich mit einem Schritt daraus entfernen, wagte es aber nicht. Er wagte nicht, sich zu bewegen, er wusste, dass er dann das Gleichgewicht verlieren würde. Wenn sie nur bald eingelassen würden, dann könnte er sich auf eine Bank setzen und es würde ihm besser gehen. Der schwere Geschmack vom Klaren stieß ihm vom Magen auf. Da drinnen würde er einen Kaffee trinken, sobald sie dieses verdammte Kassenhäuschen passiert hatten, das sich plötzlich in ein Schilderhäuschen verwandelt hatte. Gesichter glitten vorbei wie Ballons. Von allen Seiten kam Musik, von der Tanzfläche, aus den Autos. Grölende Leute, dröhnende Motoren. Alles floss zu einem einzigen Laut zusammen, den er nicht hören wollte.
Eskil sagte wieder etwas.
»W…was?«
»Hast du mal ’ne Krone?«, fragte Eskil. »Mir fehlt eine Krone.«
Sie standen vor der Luke. Da unten flatterte ein Gesicht, hinter der Öffnung, die ein heruntergedrehtes Autofenster sein könnte, und plötzlich erinnerte er sich, dass er vor kurzem so ein Gesicht gesehen hatte, unter ihm fließend, zu ihm heraufstarrend. Wo hatte er es gesehen?
»Bist du taub, Bergman?«
Er sah Eintrittskarten, die unter den farbigen Lämpchen selbstleuchtend zu sein schienen.
Er suchte und fand seine Brieftasche schließlich an ihrem angestammten Platz in der linken Innentasche seines Jacketts und hielt sie Eskil hin, sodass er sich eine Krone aus dem Münzfach nehmen konnte. Dem Gewicht nach zu urteilen, enthielt es viele Münzen, aber er wollte sich nicht vorbeugen und selber suchen.
Sie wanden sich durch das Drehkreuz, gingen den Hügel hinauf und setzten sich auf eine Bank. Johnny suchte nach einer Stütze für seine Füße. Er wusste, dass gleich unter der Bank Boden war. Konzentriert überlegte er, warum er hierher gekommen war. Immer noch hatte er einen schweren süßen Geschmack im Mund. Er schluckte und steckte die Rechte in die Jacketttasche auf der Suche nach etwas, das den Geschmack vertreiben würde. Er versuchte sich zu erinnern, was dort eigentlich drin sein sollte, und sah, wie Eskil sich eine Zigarette anzündete, da fiel ihm ein, dass er nach der Zigarettenschachtel suchte. Ein Zug würde den Geschmack im Mund vertreiben.
»Ha…hast du eine Zigarette?«
Eskil reichte ihm seine Schachtel und er versuchte sie zu fassen, bevor sie Eskil aus der Hand glitt und in der farbigen Luft in Lunden und hinaus in den Weltraum entschwebte.
Dann war es vollkommen dunkel. Und dann wurde es ganz hell, fast taghell. Johnny hielt ein Gewehr in der Hand, irgendwo über ihm leuchtete es, und er zielte sehr genau und lange und schoss schließlich einen Pfeil auf das blendende Licht ab, das sich ständig bewegte. Es knallte und um ihn herum wurde es plötzlich etwas trüber, als ob dies verdammte Licht hinter Wolken verschwunden wäre. Irgendwo applaudierte jemand. Jemand schrie.
»Um Himmels willen, Jukis.«
Jukis. Das war er. Hier war er ein Name, es war sein Name. Vor ihm flatterte ein Gesicht auf, immer diese flatternden Gesichter.
»Leg um Himmels willen
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