Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Jukebox-Mann

Der Jukebox-Mann

Titel: Der Jukebox-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Åke Edwardson
Vom Netzwerk:
Vielleicht war es Motoröl oder nur das Licht. Er nahm einen Zug von seiner Zigarette und dachte an Eskil Skörd. Jetzt gehörte der Karton mit den Nieten seines Vaters Eskil. Johnny nahm noch einen Zug unter dem blauen Licht. Noch war es nicht Nacht. In vierzig Metern Entfernung sah er einen Mann und eine Frau langsam an der Schule vorbeispazieren. Er kannte die beiden nicht. Der Mann trug ein weißes Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln und Hosenträger, die sich auf dem Rücken kreuzten, die Frau ein Baumwollkleid, dessen Muster er aus der Ferne nicht erkennen konnte. Er meinte ein Lachen zu hören. Im selben Moment klingelte ein Telefon, einmal und noch einmal, und er begriff, dass es sein eigenes Telefon war, das in der Küche läutete.
    »Hallo?«
    Er hatte die Kippe in die Kaffeedose auf der Veranda geworfen, eine Zwei-Kilo-Dose, war schnell in die Küche gegangen und hatte beim vierten Klingeln abgenommen.
    »Hallo … ist da Johnny?«
    Eine Jungenstimme.
    »Hallo, Lennart.«
    »Sie sind gerettet!«, sagte Lennart. »Die in der Grube.«
    »Wirklich? Das wusste ich gar nicht.«
    »Ich hab’s gerade im Radio gehört«, erzählte Lennart.
    »Das freut mich aber.«
    »Es waren neun Männer. Die Leute oben haben einen Rettungstunnel gegraben, achtundsechzig Meter tief und einen Meter breit.«
    »Was für eine Arbeit«, sagte Johnny.
    »Durch den Tunnel haben sie die Männer hochgehievt.«
    »Das freut mich wirklich sehr.«
    »Weißt du, wie viele Tage die in der Grube festgesessen haben?«, fragte Lennart.
    »Warte mal … mindestens sechs. Vielleicht sieben.«
    »Mehr als acht Tage! Das ist doch wahnsinnig.«
    »Vielleicht ist es eine Art Rekord.«
    »Ich werd’s rauskriegen.«
    »Mach das, Lennart.«
    »Kommst du zum Markttag?«
    Wieder eine Frage wie aus der Hüfte geschossen.
    »Wann war der noch gleich?«, fragte Johnny.
    »Am letzten Wochenende in diesem Monat«, antwortete Lennart. »Bis dahin sind es noch drei Wochen.«
    »Ich komme«, versprach Johnny.
    »Glaubst du, Mister Swing kommt auch?«, fragte Lennart.
    »Das weiß ich leider nicht.« Johnny wischte etwas trockene Erde vom Fensterbrett. Draußen sah er einen sandfarbenen Buick, der vor Blomstrands Werkstatt parkte und der vorher nicht da gewesen war. Es war ein Cabriolet, das Verdeck war heruntergeklappt. Er konnte keinen Menschen im Buick sehen. »Aber wenn Swing da ist, dann besuchen wir ihn.«
    »Ist ihm das denn recht?«, fragte Lennart.
    »Klar, Lennart.«
    Die Werkstatttüren wurden von innen aufgeschoben und Bosse Kula erschien. Er setzte sich in den Buick und fuhr ihn langsam in die Werkstatt. Es schien ein Electra-62 zu sein, ein 225er, 325 PS und mit stufenloser Schaltung in der Dynaflowkiste. Johnny wusste nicht, wessen Auto es war. Bosse Kula konnte es kaum gehören, es sei denn, er hatte in der Lotterie gewonnen.
    »Mama will auch noch mit dir sprechen«, sagte Lennart.
    »Tschüs!«
    Johnny wartete mit dem Hörer in der Hand. Die Werkstatttür wurde geschlossen. Ein leerer Laster fuhr in Richtung Westen vorbei und schleuderte Kies auf Johnnys Auffahrt.
    »Du kommst also zum Markttag vorbei«, sagte Elisabeth in sein Ohr.
    »Das habe ich vor.«
    »Aber es ist dann ja noch zu früh für die übliche Wartungsrunde …«
    »Wer wird sich denn den Markttag entgehen lassen«, sagte er. »Und den Jahrmarkt.«
    »Lennart hat erzählt, dass du früher bei den Schaustellern gearbeitet hast.«
    »Ja. Aber das wusstest du doch schon.«
    »Und beim Varieté. Das wusste ich nicht.« Er meinte ein Lächeln zu hören. »Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie du im Varieté auftrittst.«
    »Mein Auftritt beschränkte sich darauf, dass ich auf Mister Swings Brust stand, während er auf einer zwei Quadratmeter großen Fläche aus Scherben von Branntweinflaschen lag«, antwortete Johnny. »Außerdem hab ich die Bühne aufgebaut.«
    »Wieso ausgerechnet Branntweinflaschen?«
    »Weil die immer zur Hand waren«, sagte Johnny.
    »Ich verstehe.«
    »Aber ich hab das Showbusiness aufgegeben. Diese Art Showbusiness.«
    »Auch das verstehe ich.«
    Dann sagte sie nichts mehr. Er hörte das Rauschen in der Telefonleitung. Es kletterte auf dem Weg zu ihr kleine Erhebungen hinauf und wieder hinunter und über eine große Anhöhe. Der Höhenunterschied zwischen ihnen betrug mehrere hundert Meter. Im südlichen Teil des Landes fiel der erste Schnee immer auf die Telefonleitungen und unterbrach die Gespräche. Aber dieses Gespräch war nicht unterbrochen. Er konnte sie

Weitere Kostenlose Bücher