Der Jukebox-Mann
Tisch und setzte sich. »Meinst du dich selber, Eskil?«
»Ich meine Elvis.« Eskil nickte zur Jukebox. »Du magst doch Elvis.«
Er kam an den Tisch und ließ sich Johnny gegenüber nieder. Eine Weile schwieg er. Draußen fuhr ein Laster mit großer Geschwindigkeit vorbei. Das Wasser spritzte bis zu den Fensterscheiben hinauf, und Eskil zuckte zusammen.
Die Platte war zu Ende.
»Letztes Mal bist du abgehauen, bevor wir reden konnten«, sagte Eskil.
»Reden? Gibt es etwas, worüber wir reden müssten?«
»Okay, okay.«
Johnny nahm einen Fuselgeruch wahr, als sich der Friseur über den Tisch beugte. Er schien nicht betrunken zu sein, andererseits vertrug er riesige Mengen. Er konnte eine ganze Flasche Klaren getrunken haben. Oder Haarwasser.
Eskil beugte sich noch näher.
Im Hintergrund begann Elvis wieder zu singen, jetzt oder nie.
»Hast du schon was wegen der Nieten von meinem Alten rausgefunden?«, fragte Eskil. »Sind sie … was wert?«
»Ich hab’s noch nicht geschafft, Eskil.«
Britt brachte Kaffee, Kuchen und ein Glas Wasser. Die Kanne hatte einen Sprung im Deckel.
»Könnte ich auch ein Glas Wasser haben?«, fragte Eskil.
»Nimm meins«, schlug Johnny vor.
»Ich hol ein neues Glas«, sagte Britt.
Eskil sah ihr nach. Sie verschwand in der Küche rechts vom Tresen.
»Die ist in Ordnung«, sagte er und wandte sich Johnny zu. »Also … es ist so, Vater hat gefragt. Er hat jetzt noch ein paar mehr. Nieten.«
»Wie geht es ihm?«
»Ganz gut.«
Johnny goss ein wenig von der dünnen Sahne in seinen Kaffee und beobachtete die verschiedenen Brauntöne, die sich in der Tasse wölkten. Er hatte noch keinen Happen von seiner Holländerschnitte genommen, war nicht einmal mehr sicher, ob er sie wollte.
»Du … Eskil … du erwartest doch nicht allen Ernstes, dass diese Nieten etwas wert sind …«
»Natürlich nicht, es geht um meinen Alten.«
Johnny stocherte in dem Kuchen herum und schaffte es, ein wenig Vanillecreme auf die Gabel zu bugsieren.
Britt brachte Eskils Wasser. Er nahm das Glas und trank es in einem Zug leer. Johnny sah, wie seine Hand zitterte, als er es absetzte.
Eskil schaute auf die Uhr.
»Wahrscheinlich ist Vater jetzt auf dem Marktplatz und kauft neue Lose«, sagte er.
»Hat er ein System?«, fragte Johnny. »Damit er nur Nieten zieht?«
»Soweit ich weiß nicht.«
Plötzlich wurde die Ladentür mit Geschepper aufgerissen. Eine Gestalt kam hereingestürzt.
»Eskil? Ist Eskil hier?« Die Tür zum Café wurde aufgestoßen. »Esk… da bist du ja!« Johnny sah einen großen Körper, ein kräftiges Gesicht, das er nicht kannte. »Dein Vater, Eskil. Auf dem Marktplatz. Dein Vater hat einen Schlaganf…«
Aber Eskil war schon aufgesprungen und hinausgerannt, die Treppe hinunter, über die Straße und den Marktplatz zum Stand, wo die Lose verkauft wurden, am südlichen Ende der Brücke.
Johnny lief hinter Eskil her und sah Gösta Skörd der Länge nach auf dem Asphalt liegen. Vier oder fünf Personen beugten sich über ihn. Aus der entgegengesetzten Richtung, von der Schuhfabrik her, sah Johnny einen weiß gekleideten Mann herbeilaufen, der Bezirksarzt, aber gleichzeitig fühlte er, dass alles zu spät war, für Gösta Skörd war es aus, und es war passiert, bevor er etwas hatte tun können für ihn.
Er sah Eskil neben dem Kopf seines Vaters niedersinken. Johnny schaute wieder auf und sah das Gesicht des Lotterieverkäufers über der Tombola schweben. Es war ein älterer Mann in Gösta Skörds Alter. Er sah auf den Körper vor dem Stand hinunter, und dann hin zum Arzt, der immer noch nicht bei ihnen angekommen war. Dann sah er Johnny an. Sein Blick ließ Johnny nicht mehr los.
13
Johnny rauchte auf der Treppe unter dem Augustmond. Er konnte die Unebenheiten auf der Mondoberfläche erkennen, vielleicht Krater, vielleicht Meere. Die Fotos, die Ranger VII gemacht hatte, zeigten, dass es dem Menschen möglich wäre, ohne größere Veränderungen der augenblicklichen Raumfähren auf dem Mond zu landen. Man musste nur durch das Weltall fliegen. Es war gar nicht weit, gerade zwei Meter über Blomstrands Werkstatt.
Der Mond war bläulich, Johnny formte die Hand zu einer Höhle und hielt den Planeten zwischen Zeigefinger und Daumen. Oder war es eine Sonne? Eine tote blaue Sonne, die ein anderes Licht reflektierte. Das weiße und blaue Licht ergoss sich über die Stadt. Mitten auf der Straßenkreuzung schimmerte etwas wie eine Wasserpfütze, aber heute hatte es gar nicht geregnet.
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