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Der Junge aus dem Meer - Roman

Der Junge aus dem Meer - Roman

Titel: Der Junge aus dem Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Walross aufwies – Mr. Cooper, wie ich vermutete. Eine überschwängliche Frau mit einem Diamantencollier um den Hals umarmte Mom, wobei die goldbraune Flüssigkeit in ihrem Glas fast auf mir landete, und ein älterer Mann mit einem Panamahut versuchte,meine Mutter in die Wange zu kneifen. Am Rande des Pulks stand der grauhaarige Mann von der Fähre, nun elegant in schicker Hose und mit Jackett. Er betrachte Mom mit einer Wehmut, die mir nicht behagte.
    Ich wollte Mom gerade dezent auf ihn aufmerksam machen, als mich jemand an der Schulter fasste. »Miranda?«, fragte die unbekannte Stimme aufgeregt.
    Ich drehte mich um und sah mich einem nicht sehr großen, hübschen Mädchen gegenüber, das ein weiß gepunktetes Strandkleid und Espadrilles mit Keilabsätzen trug. Seine langen roten Locken, die großen blauen Augen und die über seine Nase versprenkelten Sommersprossen ließen unschwer erkennen, dass das Mädchen Delilahs Tochter sein musste. Ich zögerte. »CeeCee?«, fragte ich dann vorsichtig.
    »Oh mein Gott, Mama hat mir alles von dir erzählt!«, rief CeeCee und klatschte in die Hände. Das Glücksarmband an ihrem Handgelenk klimperte. »Du wirst es nicht verstehen, aber ich habe das Gefühl, wir sind Schwestern oder so was!« Und damit zog sie mich in eine überraschend feste Umarmung.
    Ich versuchte, nicht an CeeCees üppigem Haar oder dem Duft ihres blumigen Parfums zu ersticken, und fragte mich, ob Mom wohl gerade Zeugin dieser Begegnung war. CeeCee hatte recht: Ich verstand es
nicht
. Die Tatsache, dass unsere Mütter in einem anderen Leben einmal befreundet gewesen waren – was meine Mutter heute zu bedauern schien –, machte uns nicht im Entferntesten zu Verwandten.
    »Ich wollte immer eine Schwester«, seufzte CeeCee und löste sich schließlich von mir. »Bist du auch Einzelkind?«
    »Ich hab einen älteren Bruder, aber er ist den Sommer über in Kalifornien«, schaffte ich zu erwidern und glättetedabei meinen Pferdeschwanz. Ich war etwas aus dem Konzept gebracht, musste mir aber eingestehen, dass CeeCees menschliche Wärme etwas sehr Erfrischendes hatte.
    »Uhh, ist er süß?«, fragte CeeCee mit quiekender Stimme und leuchtenden Augen. »Ich wette, er ist total süß.«
    »Er ist in Ordnung«, gab ich zurück und dachte, dass Wade – unbekümmert, witzig und in Yale bestimmt ein Schürzenjäger, mit anderen Worten: Dad 2.0 – einem Mädchen wie CeeCee bestimmt gefallen hätte.
    Mein Bruder und ich hätten unterschiedlicher nicht sein können. Während Wade sich in der High School immer mehr freigeschwommen hatte, folgte ich immer schön den Regeln. Ich hätte nicht mal daran
gedacht
, sie zu brechen.
    »Echt Klasse, dass du aus New York kommst«, blubberte CeeCee. Sie betonte
York
sehr melodisch und machte zwei Silben aus dem
o
. »Ich bin nur einmal dort gewesen und konnte nicht aufhören zu shoppen! Dad musste Mom und mich förmlich aus dem Henri-Bendel-Geschäft herauszerren, damit wir nicht noch mehr Handtaschen kaufen. Wie bekommst du es überhaupt hin, irgendwas anderes zu machen?«, fragte sie. Doch ihr leicht kritischer Blick, den sie über mein Outfit wandern ließ, schien ihre Frage bereits zu beantworten.
    »Ach, irgendwie geht das schon«, gab ich nüchtern zurück. Wenn ich shoppen ging, dann meistens in Vintage-Läden, wo Linda und ich wie echte Profis immer billige Jeans und Strickpullis fanden. Und während Linda und ich einkauften, unterhielten wir uns – führten lange, verschachtelte Gespräche über die Geschlechter, familiäre Rangordnungen und Astronomie. Linda war unbestreitbar brillant, mit einem wissbegierigen Kopf. CeeCees Kopf hingegen schien durch und durch von Fendi-Brunnen und Lancôme-Strömenverwässert zu sein. Der Gedanke, sie als Busenfreundin auf Selkie zu haben, erfüllte mich mit einer gewissen Leere.
    Auch wenn CeeCee meine Zurückhaltung vielleicht nicht entgangen war, ließ sie sich nichts anmerken. Stattdessen fragte sie fröhlich nach meiner Handynummer und verkündete dann, Mom begrüßen zu wollen, die immer noch von ein paar Verehrern umringt wurde.
    Während CeeCee meine Mutter umarmte, begrüßte ich Mr. Cooper, das Walross (CeeCee war dieser genetischen Kugel offenbar ausgewichen), und Delilah hörte einfach nicht auf, CeeCee und mir zuzuwinken, als ob sie ein erfolgreiches Blind Date arrangiert hätte. Schließlich schlug CeeCee vor, dass wir beide auf die Terrasse umziehen sollten, wo ich ihre Freunde kennenlernen könnte.
    Ich war hin- und

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