Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Junge aus dem Meer - Roman

Der Junge aus dem Meer - Roman

Titel: Der Junge aus dem Meer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
mir zumindest flauschige weiße Pantoffeln über die Füße.
    Als ich die Treppe hinunterlief, klopfte es erneut. »Okay, okay«, rief ich lachend und schloss die Tür auf. »Nur eine Min…«
    Und dann verlor ich die Fähigkeit zu sprechen.
    »Hey«, sagte Leo.
    Mein Herz schoss mir von der Brust in die Kehle.
    Es schien mir völlig unmöglich, dass er wirklich gekommen war, dass er jetzt in einem T-Shirt, Shorts und Flip-Flopsauf der Veranda des Alten Seemanns stand. Die nachmittägliche Brise blies ihm die goldenen Haare in die Stirn. Er hielt einen Strauß roter Rosen in der Hand.
    »Es sind zwar keine Seefedern«, sagte er mit diesem schiefen Lächeln, das mich fast schmelzen ließ, »aber das Beste, was ich so kurzfristig beschaffen konnte.« Er hielt mir die Rosen hin, aber ich schien auch die Fähigkeit zur Bewegung verloren zu haben.
    »Woher … woher wusstest du, dass ich hier wohne?«, fragte ich und war erleichtert, dass ich nicht auch noch mit Stummheit geschlagen war. Meine Beine fühlten sich an wie Pudding, und ich hielt mich am Türrahmen fest, als sei er ein rettendes Floß.
    Leo legte den Kopf schief; seine hellen grünen Augen blickten mich an. »Du hast es mir erzählt, weißt du noch? Auf der Insel ist allgemein bekannt, wo sich der Alte Seemann befindet.« Er senkte den Kopf und sah mich mit leicht gerötetem Gesicht wieder an. »Ich wollte schon früher vorbeikommen, aber ich dachte, dass du mich vielleicht nicht sehen möchtest.«
    »Ich wollte gerade losgehen, um dich zu treffen«, platzte ich heraus; mein Herz klopfte heftig. Obwohl ich mich riesig freute, ihn zu sehen, war ich ein wenig frustriert, dass Leo mir zuvorgekommen war. »Ich … ich meine, natürlich nicht so«, stammelte ich, deutete auf meine Pyjamahose und kämpfte gegen das Rotwerden an.
    Leos Augen funkelten. »Ich mag deine Hose. Bist du gerade erst aufgewacht?«
    »Nein«, log ich und versuchte beleidigt zu klingen, wenngleich ich ihn doch am liebsten sofort umarmt hätte. »Wieso arbeitest du nicht?«, konterte ich. Er hatte das LEO-M.-Schild an seinem T-Shirt festgemacht.
    »Ich hab ’ne frühe Mittagspause eingelegt«, erwiderte er grinsend. Ich spürte dieselbe Energie wie schon zuvor zwischen uns knistern. Eigentlich fühlte es sich völlig verkehrt an, dass wir nicht dichter zusammenstanden und uns küssten.
    Als ob er meine Gedanken gelesen hätte, trat Leo einen Schritt vor, berührte mich aber nicht. »Kann ich … reinkommen?«, fragte er zögernd.
    Ich nickte, wurde wieder klar im Kopf und schob die Tür weiter auf. »Danke für die Rosen«, sagte ich und nahm schließlich den Blumenstrauß entgegen. Ich vergrub meine Nase in den taufeuchten, süß duftenden Blüten. Noch nie zuvor hatte ein Junge mir Blumen geschenkt. Vielleicht war es ja Leo und nicht T. J., der sich als der wahre Gentleman entpuppte.
    Als Leo hereinkam, blickte er sich in der Vorhalle um, schien aber angesichts des Hauses nicht so überwältigt, wie T. J. es gewesen war. »Nett hier«, sagte er schlicht und lächelte mich an. Dann fiel sein Blick auf die rote Kapuzenjacke, die immer noch auf dem klauenbeinigen Stuhl lag. Mom hatte sie dort als stille Aufforderung, ich möge selbst aufräumen, liegengelassen.
    »Oh«, sagte ich, schnappte mir das Sweatshirt und reichte es ihm. »Bist du deswegen gekommen?«
    Leo schüttelte lächelnd den Kopf, nahm die Kapuzenjacke jedoch an und stopfte sie sich unter den Arm.
    Besorgt blickte ich nach oben. Ich hoffte, dass Mom noch ein Weilchen weiterschlief; sie würde es sicher nicht begrüßen, einen fremden Jungen in unserem Haus anzutreffen. Flüsternd sagte ich Leo, dass er auf der hinteren Veranda auf mich warten sollte, und eilte in die Küche. Mit zitternden Fingern stellte ich Leos Rosen in eine Kristallvase undgoss uns beiden etwas Eiswasser ein. Dann schlich ich mich durchs Wohnzimmer.
    Auf der Veranda schloss ich die Terrassentüren hinter mir, setzte mich neben Leo auf die gepolsterte Bank und reichte ihm ein Glas Wasser. Wir saßen so dicht nebeneinander, dass ich seinen salzig-sandigen Duft einatmen konnte. Erst jetzt wurde mir vollends klar, wie sehr ich ihn vermisst hatte. Ich musste mich sehr zurückhalten, ihn nicht einfach zu berühren, widerstand diesem Drang jedoch. Noch immer wusste ich nicht, weshalb Leo gekommen war. War er hier, um alles wieder gutzumachen – oder um mir zu sagen, wieso es mit uns nicht funktionieren könnte?
    »Wie geht’s denn Maurice?«, fragte ich und nahm

Weitere Kostenlose Bücher