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Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Read
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Aussicht. Ich könnte mich direkt hier hinlegen und die Nacht durchschlafen.«
    »Noch eine Minute, dann stehe ich auf«, sagte ich. »Bei der zweiten Runde waren wir nicht mehr so produktiv.«
    Ich lehnte mich zurück an die wärmende Mauer und genoss die schwere Müdigkeit in meinen Schultern.
    Der Wind frischte auf. Das Rascheln in den Bäumen klang wie das Plätschern eines Bachs voller Kieselsteine.
    Plötzlich bildete ich mir ein, eine Frauenstimme zu hören.
    »Was war das?«, fragte ich.
    »Was?«
    »Hat sich angehört, als hätte jemand ›hallo‹ gerufen. Vielleicht steht jemand am Tor?«
    Ich stand auf und ging um die Kapelle herum.
    Eine zierliche schwarze Frau mit schlohweißem Haar spähte über den Zaun. Sie trug ein strenges graues Kostüm, unter dessen Saum ihre dünnen geraden Waden wie Streichhölzer aussahen. Ein Kapotthütchen saß wie ein Spatz auf dem Regiment ihrer frisch gelegten Locken, und als ich über die Wiese auf sie zuging, wurde mir warm ums Herz.
    »Guten Abend, junge Dame«, sagte sie.
    »Guten Abend, Ma’am. Kann ich Ihnen helfen?«
    »Die Schrift auf dem Schild ist so klein, meine Liebe, und ich sehe nicht mehr so gut«, sagte sie. »Könnten Sie mir sagen, ob das hier der Prospect Cemetery ist?«
    »Ja, das ist er, Ma’am«, erklärte Cate, die sich zu uns gesellt hatte. »Was können wir für Sie tun?«
    »Ich bin Mrs Elsie Underhill«, sagte die Frau, »und ich habe gehört, dass mein kleiner Teddy möglicherweise hier gefunden worden ist.«
    Ich brachte kein Wort heraus. Cate räusperte sich.
    »Sind Sie von der Polizei?«, fragte Mrs Underhill.
    »Nein, Ma’am«, sagte Cate. »Ich organisiere die freiwilligen Helfer hier.«
    Mrs Underhill nahm die Handtasche in die andere Hand, um uns die Hand zu schütteln, nachdem wir uns vorgestellt hatten. Dann fragte sie: »War eine von Ihnen hier, als das Kind gefunden wurde?«
    »Ja, Ma’am«, antwortete ich. »Wir waren beide hier.«
    »Wir warten gerade auf Detective Skwarecki«, fügte Cate hinzu.
    »Oh, da will ich nicht stören. Ich wollte nur den Ort sehen, wo Teddy möglicherweise zur Ruhe gebettet wurde.«
    »Detective Skwarecki hat uns heute Nachmittag von Ihrem Verlust erzählt, Mrs Underhill«, sagte ich. »Es tut uns so furchtbar leid.«
    »Danke, meine Liebe. Vielen Dank.«
    Sie öffnete die Tasche und nahm einen Zettel heraus. »Ich habe hier meine Telefonnummer aufgeschrieben. Könnten Sie dafür sorgen, dass Mrs Skwarecki sie bekommt? Und falls Sie noch etwas finden, wäre es möglich, dass Sie es mich direkt wissen lassen?«
    »Natürlich.« Cate nahm den Zettel entgegen. »Es muss eine schwere Zeit sein für Sie und Ihre Familie. Wir sind in Gedanken bei Ihnen.«
    »Wenn das Kind, das Sie gefunden haben, wirklich Teddy sein sollte«, fuhr Mrs Underhill fort, »würde ich gerne mit demjenigen sprechen, der ihn gefunden hat. Wäre das vielleicht möglich?«
    »Das war ich, Mrs Underhill«, erklärte ich. »Ich erzähle Ihnen gern alles, was ich weiß.«
    »Vielen Dank. Aber jetzt will ich Sie nicht weiter stören. Bitte, schließen Sie uns in Ihre Gebete mit ein.«
    »Natürlich«, sagte ich. »Natürlich, das werden wir.«
    »Wenn wir sonst noch etwas für Sie tun können, Mrs Underhill, lassen Sie es uns wissen«, sagte Cate. »Haben Sie einen Stift? Ich würde Ihnen auch gerne meine Nummer aufschreiben.«
    Als Cate fertig war, notierte ich auch meinen Namen und meine Telefonnummern, zu Hause und bei der Arbeit, dann riss ich das Papier in zwei Hälften.
    Mrs Underhill nahm Zettel und Stift und verstaute sie in ihrer Handtasche. Dann berührte sie meinen Arm. »Ich wohne nur eine Viertelstunde von hier. Vielleicht könnten Sie mich irgendwann mal auf eine Tasse Tee besuchen? Das wäre mir ein großer Trost.«
    »Sehr gern, Ma’am«, sagte ich. »Jederzeit.«
    »Können wir Sie nach Hause fahren?«, fragte Cate.
    »Nein, danke, meine Liebe«, erklärte Mrs Underhill. »Der kleine Spaziergang wird mir guttun.«
    Wir schüttelten uns wieder die Hand.
    Cate und ich standen schweigend da, als die sanftmütige Frau über den Bürgersteig davonging. Den Kopf erhoben, den Rücken durchgedrückt, trug Mrs Underhill das Joch der Trauer mit stiller Würde.
    Als sie hinter der Ecke verschwand, drehte sich meine Cousine zu mir um.
    »Underhill …« Cates Stimme verlor sich.
    Wir wussten beide, dass auf den Gräbern hinter uns auch Steine mit diesem Namen standen, und was dies bedeutete.
    »Ja«, sagte ich. »Teddy gehört

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