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Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Read
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hier schon ziemlich gut auskennen, um zu wissen, dass der Friedhof überhaupt existiert. Das Schild ist mikroskopisch klein – selbst Mrs Underhill war sich heute nicht sicher, ob sie richtig war, dabei stand sie direkt am Tor.«
    Hat sie behauptet.
    Cate seufzte. »Du hast recht.«
    »Es ist einfach zum Heulen«, sagte ich.
    »Aber wir kommen morgen beide wieder, oder?«
    »Natürlich.«
    Sie hielt am Bordstein, um mich rauszulassen. »Ruf mich von der Arbeit aus an. Ich hole dich hier ab.«
    Ich bückte mich noch einmal zu ihr ins Fenster, bevor sie weiterfuhr. »Jeder halbwegs normale Mensch würde uns für verrückt halten, weißt du das?«
    Cate lächelte mich traurig an. »Das ist eine dieser Wochen, wenn einem ›Normalität‹ wie eine vermessene Illusion vorkommt.«
    Als ich am Union Square ans Tageslicht kam, ließ ich die Gandhi-Statue links hinter mir.
    Ich konnte zwar nicht bis zum Hudson sehen, aber es wirkte, als hätte das klare, warme Abendlicht, das mir von Westen entgegenstrahlte, unterwegs ein Bad im glitzernden Wasser genommen.
    Ich drehte die Lautstärke meines Walkmans auf und lauschte dem traurigen zweiten Satz von Beethovens Siebter, Teddy zu Ehren.
    Die paar Häuserblocks trottete ich geistesabwesend vor mich hin und versuchte, bis ich unseren kleinen Innenhof erreichte, an nichts anderes als an die Musik zu denken – nicht an misshandelte Kinder, nicht an böse Erwachsene.
    Dann stellte ich die Musik ab, schob mir den Kopfhörer von den Ohren und rief, als ich in die Wohnung kam: »Liebling, ich bin zu Hause!«, ganz gleich, wer im Glanz unseres apricotfarbenen Wohnzimmers die Füße hochlegte.
    Beantwortet wurde mein Ruf von einem lustlosen Chor, zu dem, wie sich zeigte, Sue, Pagan und Astrid gehörten, die sich zu dritt auf der Couch lümmelten.
    Sue und Pagan trugen Feierabendshorts und Flipflops, nur Astrid war noch immer in ihre schwarze Steppjacke gehüllt, mit einer Sonnenbrille auf dem Scheitel.
    »Was ist, schläfst du in dem Ding?«, fragte ich.
    Astrid sah mit ihren klaren Augen zu mir herauf, die Ringe darunter so dunkel wie Kaffee.
    Sie zitterte und zog die Jacke enger um ihren zu zarten Körper. Die Frage war nicht, ob sie darin schlief, sondern, ob sie überhaupt schlief.
    »Maddie«, sagte sie, »meinst du, ich soll nach Rom gehen?«
    Es stellte sich heraus, dass sie seit über einer Stunde da war und Pagan und Sue immer wieder die gleiche Frage stellte, während die beiden sehnlichst auf meine Heimkehr warteten. Mich hatte Astrid schon nach zehn Minuten zur Weißglut gebracht, und ich entschuldigte mich, um in die Küche zu gehen und mich mit einem Bier zu stärken.
    Pagan kam binnen Sekunden hinterher, als ich noch auf der Suche nach dem Flaschenöffner die Schubladen durchging.
    »Jetzt ist Nutty Buddy völlig durchgedreht«, stellte sie fest.
    »Ich mache mir Sorgen um sie«, sagte ich, während ich den Deckel meines Rolling Rocks springen ließ.
    »Was soll das mit Rom?«
    »Ich glaube, es hat irgendwas mit einem Typ zu tun, den sie nicht geheiratet hat.«
    »Du solltest sie fragen. Oder gleich in ein Taxi zum Flughafen setzen. Sie ist dermaßen anstrengend.«
    »Meinst du, sie nimmt zu viel Koks?«, fragte ich.
    »Zu viel irgendwas.«
    »Zumindest läuft ihr nicht die Nase oder so.«
    »Vielleicht spritzt sie es«, sagte Pagan.
    »Aber würde sie dann so müde wirken?«
    »Heroin? Wer weiß das schon.«
    »Was soll ich machen?«, fragte ich. »Sie ist meine Freundin, und ich weiß einfach nicht, wie ich ihr helfen soll.«
    »Ich weiß nicht, ob du ihr helfen kannst.«
    »Sie ist echt am Arsch. Und das ist so … falsch.«
    »Vielleicht solltest du ihren Mann anrufen.«
    »Den kenne ich überhaupt nicht. Außerdem ist er jetzt Deans Chef, und das macht alles irgendwie seltsam.«
    »Was ist mit ihrer Mutter?«
    Ich hatte die Frau nur einmal gesehen, und sie kam mir nicht vor wie ein Mensch, der eine Stütze wäre, selbst wenn sie im Land war, was selten der Fall war. Im schlimmsten Fall würde sie ihrer Tochter einen weiteren Zobel überlassen.
    Ich sah Pagan an. »Es ist, als würde ich zusehen, wie jemand, der mir wichtig ist, aufs Meer hinaustreibt, und ich stehe am Strand und tu nichts.«
    »Du musst mit ihr reden.«
    »Was soll ich denn sagen?«, fragte ich.
    »Ich weiß nicht«, sagte Pagan. »Vielleicht ist das Was nicht so wichtig.«
    Zusammen gingen wir durch die dunkle Diele zurück.
    »Astrid«, sagte ich. »Woher kommt der plötzliche Wunsch, den Kontinent

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