Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)
ich an Ihrer Kompetenz zweifeln.«
»Danke.« Skwarecki sah auf die Uhr. »Sie müssen los, oder?«
Cate sah ebenfalls auf die Uhr. »Ja. Erst recht, wenn ich dich mitnehmen soll, Maddie.«
Doch bevor ich in Cates Wagen stieg, hatte ich noch eine Frage. »Haben Sie noch mal mit Mrs Underhill geredet, seit sie den Turnschuh identifiziert hat?«
»Noch nicht«, sagte Skwarecki.
»Ich glaube, jetzt wäre ein guter Zeitpunkt dafür.«
»Aha, Sie haben sie schon mal aufgewärmt?«
»Sozusagen. Sie ist eine sehr nette Dame, keine Sorge.«
Skwarecki lachte und salutierte.
»Ein Porsche ?«, fragte Cate eine Stunde später.
Ich hatte die Plane von meinem Wagen gezogen, und jetzt wärmte die Abendsonne seine schwarze Karosserie und spiegelte sich gelb in den Chromteilen.
Wir standen in Pollys alter Scheune, einer Freundin meiner Mutter, an der Skunks Misery Road in Locust Valley. Wahrscheinlich hatte hier, seit der Kennedy Airport nicht mehr Idlewild hieß, kein Shetlandpony mehr gestanden, aber es roch immer noch ein bisschen nach Alfalfa und Pferdeäpfeln.
Kein schlechter Geruch, wie ich fand.
Cate stand mit den Händen in den Hüften und offenem Mund da. »Was verdienst du bei The Catalog?«
»Ich habe den Wagen mehr oder weniger umsonst bekommen«, sagte ich.
»Eines schönen Tages bist du über eine alte Messinglampe gestolpert oder so was?«
»Na ja, ich habe ihn geerbt.«
»Mann« , sagte sie. »Das Beste, was ich mal bekommen habe, waren sechs Fischgabeln und ein Rechaud von meiner Großtante Julia.«
»Cate, ich kann mir nicht mal einen vollen Tank für die verdammte Kiste leisten.«
»Und trotzdem hast du ihn noch.«
Ich zuckte die Schultern. »Es würde mir fehlen, wenn ich nicht mehr hier rauskommen und ihn besuchen könnte.«
»Fährst du je damit?«
»Ich werfe den Motor an. Prüfe den Reifendruck und das Öl.«
»Das ist alles?«, fragte sie.
»Na gut, ab und zu streue ich eine Handvoll Rosenblätter aus. Und zünde Räucherstäbchen an.«
»Gut so«, sagte sie. »Er ist wunderschön. Er verdient ein bisschen Anbetung.«
»Ja, oder?«
»Wer hat ihn dir hinterlassen? Bin ich auch mit ihm verwandt?«
»So ein Typ«, sagte ich vage.
»Na ja, offensichtlich hatte er was für dich übrig.«
»Es ist kompliziert«, sagte ich. »Eigentlich war er ein ziemliches Arschloch.«
»Fährst du ihn in die Stadt zurück?«
»Ja. Am Wochenende müssen wir raus auf die Insel, weil mein Mann eine Art Arbeitstreffen hat.«
»Madeline, versprich mir , dass du ihn heute Nacht in eine bewachte Garage stellst.«
»Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist.«
»Könnten wir uns mal kurz reinsetzen?«, fragte sie.
»Ich schätze, auf dem Highway ist sowieso noch Berufsverkehr«, sagte ich. »Wollen wir so lange eine Spritztour machen?«
Ich war seit einem Monat nicht hier gewesen, doch der Motor sprang sofort an, mit dem tiefen Bratzeln, das ich so liebte, und im Kassettenrekorder steckte noch die Allman-Brothers-Kassette.
Ich sah Cate an. »Erinnerst du dich zufällig, ob irgendwelche Autos vor dem Haupthaus standen, als wir reingefahren sind?«
»Kein einziges«, sagte sie. »Und ich glaube, die Fensterläden waren zu.«
»Cool.«
Ich drehte Duane und seine Jungs zu voller Lautstärke auf und hatte nach der Hälfte von Pollys Auffahrt auf hundert Sachen beschleunigt.
Es war einer dieser Tage gewesen. Eine dieser Wochen.Wir nahmen die Abkürzung über die Ludlam Lane in Richtung Bayville Road.
An der Strandpromenade spendierte ich beim Griechen neben dem Minigolfplatz eine Runde eiskalte Manhattan-Special-Eiskaffee-Sodas, bevor wir über Shore Road und Mill Hill zu Pollys Scheune zurückbretterten.
Cate stieg aus und lehnte sich noch einmal durchs Beifahrerfenster zu mir herein. »Ich rufe dich an, wenn ich von Skwarecki höre.«
»Ich dich auch«, antwortete ich und sah zu, wie sie sich ans Steuer ihres Wagens setzte. Ihre Haare standen hoch, und sie hatte immer noch das breite betäubte Grinsen im Gesicht.
Langsam folgte ich ihr aus der Auffahrt, dann winkte ich ihr beim Überholen und fuhr in die Stadt zurück.
Es war kurz vor sieben, doch es musste einen Unfall auf dem Long Island Expressway gegeben haben, denn selbst auf der 25A westwärts war noch Stau. Ich stellte den Verkehrsbericht im Radio ein, aber die Werbung nahm kein Ende, und ich schaltete ab.
Ich war im zweiten Gang hinter einem Lastwagen voller Rasenmäher gestrandet. An jeder roten Ampel wurden unsere leerlaufenden
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