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Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Junge, den niemand sah: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Read
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spürbarem Widerwillen und kam näher wie ein Pantomime im Windkanal.
    Dean zwinkerte mir über die Karte zu. »Warum bestellst du nicht für uns beide?«
    »Warum ramme ich dir nicht die Gabel ins Auge?«, murmelte ich zurück.
    Er grinste. »Weil unser Kellner kein Besteck gebracht hat?«
    »Du bist tot«, sagte ich.
    »Brauchen Sie noch ein paar Minuten?«, fragte der Kellner.
    »Nein danke«, sagte ich. »Wir nehmen die große Pizza mit Weinbergschnecken, bitte. Mit Ziegenkäse, aber ohne das Himbeercoulis.«
    » Foie gras? «, fragte der Kellner.
    Ich schloss die Augen. »Tun wir so, als hätten Sie diesen unsäglichen Vorschlag nicht laut ausgesprochen.«
    Kleinlaut notierte er die Bestellung, eine Aufgabe, vor deren Bewältigung er erst jeden Finger einzeln strecken musste.
    »Welches Bier haben Sie hier?«, fragte ich.
    Mit seinem goldenen Kuli tippte er auf die Weinkarte, die neben mir lag. »Wir haben einen großen Weinkeller, Madam.«
    »Besteht die Hoffnung, dass es dort einen Martini gibt?«
    Er gab zu, dass die Hoffnung bestand.
    »Dann bringen Sie mir bitte zwei«, sagte ich. »Sehr trocken, sehr kalt, kleine Oliven.«
    »Eigentlich bin ich kein großer Martini-Fan«, murrte Dean.
    »Haha«, gab ich zurück, »als ob ich dir einen abgebe.«
    Deans Augen wurden groß. »Du bestellst zwei Martinis für dich allein?«
    »Ja«, sagte ich. »Weil Cammy, die blöde Schlampe, mein Percodan geklaut hat.«
    »Madam«, bemerkte der Kellner endlich erweicht, »Sie haben mein aufrichtiges Mitgefühl.«
    »Danke«, sagte ich. »Und für meinem Mann bitte ein Glas von dem Kinderkram, der hier zur Pizza Escargot empfohlen wird.«
    Der Mann nickte und huschte von dannen.
    Dean gab mir einen zärtlichen Tritt unter dem Tisch. »Diese Leute … sie brauchen eine starke Hand.«
    »Diese Hamptons«, entgegnete ich, »ein bisschen Napalm würde ihnen guttun.«
    »Hör mal«, sagte ich auf dem Rückweg zum Château Dargeot, als wir in die Job’s Lane einbogen, »bist du dir sicher , dass du für Christoph arbeiten willst?«
    »Du warst es, die uns vorgestellt hat, Bunny.«
    »Mea culpa«, sagte ich. »Ich nehme alles zurück.«
    »Außerdem, was ist mit Nutty Buddy?«
    »Nutty Buddys Zuneigung scheint durch den Rost eines alten Gullys versickert zu sein.«
    »Du hast eine Scheißlaune«, stellte er fest.
    »Findest du?«
    »Ist es nur, weil sie dich heute Abend abserviert haben?«
    »Mal sehen … In den letzten zehn Tagen habe ich das Skelett eines dreijährigen Kindes gefunden, das totgeschlagen wurde; ich habe nicht nur erfahren, dass mein meistgehasster ›Stiefvater‹ meine Schwester belästigt hat, sondern auch, dass es meine Mutter gesellschaftlich unpassend findet, ihr zu glauben, und – juchhu! – am Montag soll ich gute Miene zu Moms neuester Flamme machen, der uns zum Mittagessen ausführt, während du in Texas bist, um irgendwelche Dienste für den Mann meiner neuen Ex freundin zu erledigen. Kneif mich, Liebling, denn ich könnte nicht glücklicher sein mit meinem tollen Leben!«
    »Ich weiß nicht, ob Martinis das richtige Getränk für dich sind.«
    »Willst du nach Manhattan zurück laufen ?«
    »Gibt es einen Bus?«
    »Ich glaube, sie nennen es Droschke.«
    »Natürlich. Wie albern von mir.«
    Dean legte mir die Hand aufs Knie. Ich legte die Hand auf seine Hand.
    »Tut mir leid«, sagte ich.
    »Astrid hat dich wirklich verletzt, oder?«
    »Sehr.«
    »Bunny, wie kannst du jemanden wie sie ernst nehmen? Du weißt genau, dass die Dinnerparty grauenhaft gewesen wäre. Knüppelvoll mit hohlen Nüssen wie Cammy.«
    »Wenn du Astrid gekannt hättest, damals in Dobbs, sie war einfach … Ach, verdammt. Ich kann es nicht mal erklären.«
    Er drückte mein Knie. »Ihr seid einander entwachsen.«
    »Dean«, sagte ich, »hattest du je einen Freund, der dich überzeugt hat, dass nicht der Hauch eines Zweifels daran besteht, dass du eines Tages etwas erreichst wie, ich weiß auch nicht … etwas Großes, etwas Heldenhaftes?«
    »Jedes Mal, wenn ich LSD genommen habe.«
    »Okay. Aber«, fuhr ich fort, »egal, welcher Scheiß in meinem Leben passiert ist, Astrid hat immer gewusst, wer ich eigentlich bin. Und ich wusste, wer sie ist. Es war nicht so, dass ich mich immer auf sie verlassen konnte oder dass wir uns Jahr für Jahr Weihnachtskarten schrieben oder so was. Es war mehr, ich weiß nicht, irgendwie hatte ich einen Menschen auf der Welt, der unter all der Asche noch ein Fünkchen der Glut meines Feuers

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