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Der Junge, der es regnen liess

Der Junge, der es regnen liess

Titel: Der Junge, der es regnen liess Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Conaghan
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haben alle die Arme umeinander gelegt und meistens zeigen sie den Stinkefinger. Oder ihre Ärsche. Total abgedrehtes Zeug. Wie nennt man das? Homoerotisch, ja, das ist es.
    Am schlimmsten ist die Musik, die sie bei ihren NED-Treffen aufdrehen. Diesen ganzen Bumm-Bumm-Bumm-Müll. Die Art von Musik, bei der man sich die Ohren aus dem Kopf reißen möchte. You Tube war voll mit Filmen von den NEDs aus unserer Schule. Um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass die auf ihre Musik überhaupt richtig abfuhren. Eine gute Scheibe hätten die nicht erkannt, und wenn die aus ihren Curry-Pommes aufgetaucht wäre. Das, was die über Gruppen, Bands, Songs, Alben und so weiter wussten, hätte auf der Rückseite einer Briefmarke Platz gehabt.
    Das war noch ein Grund, warum sie Clem fertigmachten. Sie hatten ihn auf dem Kieker, weil er in der Schule Musik machte. In deren Augen war das nur was für Idioten. Ich möchte nicht wissen, was sie aus Clems Musikgeschmack gemacht hätten.
     

 
    Mr Goldsmiths Erklärung
    Es war nicht meine Aufgabe, zu beurteilen, warum die Familie sich entschied, künftig in Schottland zu leben. Soweit ich mich erinnere, hatten sie keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen in Glasgow. Um ehrlich zu sein, bin ich nicht sicher, ob sie in der Gegend um Eastbourne irgendwelche Verwandte hatten. Aber ich habe gar nicht lange genug hier gewohnt, um das akkurat einschätzen zu können.
    Ja, ich würde sagen, ich war wegen Clems Umzug ein wenig besorgt. Meine Sorgen betrafen aber eher seine Schulbildung als den Wechsel im Lebensstil. Mir ist jedoch bewusst, dass das beides voneinander nicht unabhängig ist.
    Wie ich Ihnen ja mitgeteilt habe, zeigte er, solange er hier war, exzellente Leistungen. Ich hatte die Hoffnung, dass sich das fortsetzen würde. Gefürchtet habe ich, dass es durch den Umbruch zunichtegemacht werden würde. Andererseits ist das alles Teil des normalen Daseins als Lehrer. Schüler kommen, Schüler gehen. Man kann oder sollte sich emotional lieber nicht zu fest binden. Das ist jedoch leichter gesagt als getan, nehme ich an.
    Einige unserer ehemaligen Schüler sind mit der Schule und mit bestimmten Lehrern in Kontakt geblieben. Wir bilden einen gewissen fürsorglichen Hintergrund, wenn unsere Schüler sich in eine vielversprechende Zukunft aufmachen. Ich denke, ehemalige Rektoren rühmen sich gern, an ihrem Erfolg einen Anteil zu haben. Natürlich wissen wir alle, dass das völliger Unsinn ist.
    Soweit ich weiß, war sein Vater kein wohlhabender Mann. Er stammte aus einer Familie, die man wohl der Arbeiterklasse zurechnen würde. Clem erhielt ein Stipendium für diese Schule. Das ist unsere Art, uns zumindest auf dem Papier gegen Diskriminierung auszusprechen, wissen Sie. In jeder Altersgruppe gibt es zwei Stipendien für diejenigen, die aus vergleichsweise benachteiligten Schichten stammen. Jeder Bewerber muss einen Aufsatz schreiben und ein Bewerbungsgespräch absolvieren. Nichts Besonderes, wir versuchen lediglich, etwas über die Beweggründe des Bewerbers in Erfahrung zu bringen und demjenigen ein bisschen tiefer unter die Haut zu sehen. Das Ganze läuft eher wie eine formlose Unterhaltung ab.
    Der Wert solcher Gespräche lässt sich allerdings oft nicht hoch genug einschätzen. So haben wir in der Vergangenheit schon grandiose Aufsätze von Jungen erhalten, doch wenn der Bewerber dann vor dem Zulassungskommitee stand, wurde sehr schnell klar, dass der Kandidat sich für unsere Schule überhaupt nicht eignete. Bei Clem waren wir uns alle einig. Wir waren überzeugt, dass er nicht nur in die Struktur und den ethischen Rahmen der Schule gut passen würde, sondern sogar positiv dazu beitragen könnte, sowohl auf persönlichem als auch auf akademischem Gebiet. Ich denke, jetzt zweifeln wir alle an unserem Entscheidungsprozess und fragen uns, ob wir gegen Versuche, uns einzulullen, womöglich nicht immun sind. Natürlich würde niemand dieses Thema anschneiden, aber es gab und gibt noch immer wissende Blicke und Bemerkungen im Lehrerzimmer.
    Als Clem die Schule verließ, wurde uns mitgeteilt, dass dafür familiäre Gründe vorlagen, dass sein Vater seine Arbeit verloren hatte und dass er mit seiner Famlie nach Schottland ging, um dort eine neue Stellung anzutreten. Ich glaube, er arbeitete im Verkauf, er war eine Art reisender Handelsvertreter, aber das überprüfen Sie besser noch einmal. Die Zeiten sind für uns alle schwierig. Der Mann hatte seine Arbeit verloren und musste etwas

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