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Der Junge, der es regnen liess

Der Junge, der es regnen liess

Titel: Der Junge, der es regnen liess Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Conaghan
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zusammen gemacht haben.«
    »Wir gehen doch nur miteinander, Rosie. Das ist nicht, als wären wir gemeinsam bis ans Ende der Welt gereist oder etwas in der Art«, sagte ich. Schweigen. Plötzlich hatten sich Wut und Verletzung breitgemacht. Und das, was wir durchgemacht hatten, konnte man doch wohl kaum als Erfahrung bezeichnen. Sogar der Begriff durchgemacht ist in gewisser Weise nicht akkurat. »Wir haben überhaupt nichts Bedeutendes durchgemacht, Rosie. Das ist Selbstbetrug«, sagte ich mit so viel Gift und Unehrlichkeit, wie mein Auge, mein Ohr und mein Kopf es mir erlaubten. Ich spürte, dass Tränen kamen. Dass die Wut anschwoll. Ein tödlicher Cocktail, vor allem bei Rosie.
    »Verdammt noch mal, ich habe meine Jungfräulichkeit an dich verloren!«
    »Was?«
    »Ich habe dir erlaubt, mich zu ficken.«
    »Wie eloquent.«
    »Ich habe dir meinen Körper gegeben, Clem«
    »Und du möchtest, dass ich dir dafür danke?«
    »Du könntest es zumindest anerkennen. Es bedeutet eine Menge, weißt du?«
    »Was für ein Drama.«
    »Wage es nicht, dazustehen und mich zu beleidigen.«
    »Hör mal, ich bin nicht hergekommen, um mich zu streiten«, sagte ich.
    »Ich will mich nicht mit dir streiten, Clem.«
    »Ich auch nicht.«
    »Ich dachte, du bist hergekommen, um einen Plan auszuhecken, wie wir dich aus dem Würgegriff von McEvoy befreien können.«
    »Das ist richtig«, sagte ich.
    Sie fing an zu weinen. Es war das erste Mal, dass ich sie weinen sah. Es verwirrte mich. Sehr oft passiert es nicht, aber sobald Tränen laufen, gebe ich mich geschlagen. Einmal habe ich meine Mutter beim Weinen erwischt, als wir gerade von unserem Umzug nach Glasgow erfahren hatten. Es war ein hartes Schluchzen mit stockendem Atem und hohen Schreien. Demzufolge bemühte ich mich, selbst nicht auch noch Probleme zu verursachen, obwohl ich meine Teenagerängste nur allzu gern zur Schau gestellt hätte. Stattdessen spielte ich Gitarre.
    Was ich über Brighton gesagt hatte, war nicht so gemeint. Mindestens die Hälfte von allem, was ich sagte, war nicht so gemeint. Aber versuchen Sie mal, das Rosie zu erklären. Nichtsdestotrotz musste es irgendwann einmal ausgesprochen werden. Welcher Sinn lag darin, es aufzuschieben? Ich hätte gelogen, hätte ich behauptet, dass mich ihr Wunsch, ich solle einem anderen Menschen Schmerz zufügen, nicht verstörte. Also hatte ich versucht, ihre Gefühle zu verletzen. Ich verstand voll und ganz, dass die Situation mit McEvoy der Klärung bedurfte, aber es fühlte sich verdammt merkwürdig an, eine Freundin zu haben, die ich als Neopazifistin betrachtete und die mich trotzdem zu einer Vergeltungsaktion aufforderte, ja, mich geradezu dazu drängte. Keine angenehme Eigenschaft.
    Gehörte das zum Wesen der Frauen aus Glasgow? Wollten sie ihrem Mann zur Seite (oder hinter seinem Rücken) stehen, während er in Rache und Vergeltung um sich schlug? Wollten sie Feuer mit Feuer bekämpfen? Ich bekämpfe kein Feuer mit Feuer. Zumindest nicht, solange ich nicht bis auf die Knochen abgefackelt werde. Das einzige Mal, dass ich in Wut meine Fäuste gehoben habe, war ein donnernder Hieb gegen das Kinn von Matt Seed, weil er besessen war von dem Wort Tunte und es permanent in meine Richtung fallen ließ. Zong!
    Nie wieder habe ich gehört, wie er dieses Wort an mich richtete. Aber ich habe mich scheußlich gefühlt. Ich meine, ein Schlag kann einen Mann umbringen. Ich wollte nicht mit einem Schlag zum Killer werden.
    »Hör mal, es geht mir nicht gut, du brauchst dir nur anzuschauen, wie ich aussehe.«
    »Mir geht es auch nicht gut.«
    »Ich wollte dir nicht wehtun, Rosie«, sagte ich. Wieder umarmten wir uns. In meinem Auge klopfte es noch immer. In meinem Ohr summte es noch immer. Mein Wunsch, in dieser Stadt zu bleiben, ging gegen Null. »Manchmal habe ich diese Stadt nur einfach satt. Dieses ganze Gehabe. Dieses Harte-Männer-Getue. Die ganzen kleinen Typen, die gern große Gangster sein wollen.«
    »Ich weiß«, sagte sie. Ich drückte sie an mich und spürte die Nässe ihrer Tränen an meiner Schulter. »Ich hasse es, Clem.«
    »Ich auch.«
    »Wir müssen raus aus dieser Stadt.«
    »Das werden wir.«
    »Versprochen?«
    »Versprochen«, sagte ich, wohl wissend, dass ich dieses Versprechen weder halten noch mich dazu verpflichten konnte. »Und um FranMcEvoy und seine Kumpane mach dir keine Sorgen.« Das klang, als würde ich mich um diesen Haufen schon kümmern, was keineswegs der Fall war.
    »Ich

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