Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Titel: Der Junge, der mit den Piranhas schwamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
Vom Netzwerk:
sind die Kinder, Stanley und Nitascha.“
    Der Polizist kommt zu Stans Tür. Er späht durch das Fenster. Er öffnet die Tür und leuchtet mit der Taschenlampe in Stans Gesicht. Am liebsten hätte Stan gebrüllt: Ja! Sie haben mich erwischt! Verhaften Sie mich! Nehmen Sie mich mit! Ich bin Stanley Potts, der Ausreißer aus der Fischzuchtgasse!
    Der Augen des Polizisten verengen sich zu schmalen Schlitzen. „Du bist also Stanley?“
    „Ja, Herr Polizist.“
    „Was ich von dir wissen möchte“, sagt der Polizist mit weicher, sanfter Stimme, „bist du ein Junge, der Ärger macht?“
    „Aber nich doch, Herr Polizist!“, mischt sich Dostojewski ein. „Er …“
    Der Polizist wendet sich um. „Habe ich Sie gefragt, Herr Dostojewski?“
    „Nein, Herr Polizist“, lenkt Dostojewski ein.
    „Also halten Sie sich raus!“ Er fletscht die Zähne zu einem falschen Lächeln. „Bist du“, sagt er wieder an Stan gewandt, „ein Junge, der Ärger macht?“
    „Nein, Herr Polizist“, flüstert Stan.
    „Gut! Denn weißt du, was mit Leuten passiert, die in meiner Stadt Ärger machen?“
    „Nein, Herr Polizist“, flüstert Stan.
    „Das ist auch besser! Es ist viel besser, dass du es nicht weißt! Denn weißt du, was passieren würde, wenn du es wüsstest?“
    „Nein, Herr Polizist“, flüstert Stan.
    „Es würde dich“, sagt der Polizist, „in Todesangst versetzen.“ Immer noch ist der Strahl der Taschenlampe auf Stans Gesicht gerichtet. „Weißt du, was ich weiß?“, fragt er.
    „Nein, Herr Polizist.“
    „Ich weiß, dass Burschen wie du nichts taugen. Und ich weiß, wozu Burschen wie du fähig sind, besonders in diesen schlimmen Zeiten. Ich weiß, was ich von diesem verlotterten Jahrmarktsvolk zu halten habe, das klammheimlich von einem Ort zum andern zieht und überall nichts als Ärger macht. Und wenn es nach mir ginge, wüsste ich genau, was ich …“ Er senkt die Taschenlampe. „Aber das ist eine andere Geschichte.“
    Hinter ihnen staut sich der Verkehr. Jemand hupt. Der Polizist lehnt sich zurück. Er leuchtet mit der Taschenlampe zu dem Wagen hinter Dostojewskis Anhänger.
    „Entschuldigung!“, ertönt eine verängstigte Stimme. „Mein Fehler! Ich habe Sie nicht gesehen, Herr Polizist!“
    Der Polizist kritzelt etwas auf seinen Notizblock. Mit der Taschenlampe deutet er in Richtung einer Seitenstraße. Dann blickt er Dostojewski böse an.
    „Dahin könnt ihr Leute euch verziehen“, sagt er. „Unten im Niemandsland könnt ihr bleiben. Wo die Müllhalde ist. Da könnt ihr euren dämlichen Jahrmarkt aufbauen. Da und nirgends sonst. Und wenn ihr fertig seid …“
    „Wenn wir fertig sind“, sagt Dostojewski, „packen wir zusammen und fahren weiter.“
    „Korrekt. Und sollte es doch irgendwelchen Ärger geben …“
    „Wenn es irgendwelchen Ärger gibt, werden wir dafür bezahlen.“
    „Ich merke schon, Sie sind bereits eine ganze Weile im Geschäft.“
    „Seit meiner Kindheit“, sagt Dostojewski.
    Der Polizist schnaubt und schüttelt den Kopf. „Wie kann man sein Leben nur so vergeuden? Na los, fahren Sie weiter. Und ich will weder Sie noch ihre Rotznasen hier noch mal sehen. Weiterfahren!“
    Dostojewski fährt weiter und biegt in die stockdunkle Seitengasse ein.
    „Es is immer dasselbe“, sagt er. „Sie behandeln uns wie ein Geschwür, wo sie uns doch wie ein Geschenk willkommen heißen sollten. Achte gar nich drauf.“
    Rechts und links wachsen überhängende Bäume und hohe Hecken. Die Straße geht in einen rutschigen Feldweg über und mündet schließlich in eine weite Fläche, wo die Rauchsäulen der Lagerfeuer kräuselnd in den Himmel steigen. Überall stehen Landrover und Wohnwagen, rennen Hunde und Kinder herum. Musik erklingt.
    „Da sind wir“, sagt Dostojewski. „Wir passen auf dich auf, Stan. Ich und meine Nitascha. Nich wahr, Liebes?“

Fünfzehn
    Ich will euch mal etwas über Stanley Potts sagen. Er hatte es nicht gerade leicht. Das Leben war für ihn kein Kinderspiel. Kein Spaziergang, wahrlich nicht! Er war nicht auf Rosen gebettet. Oh nein. Aber wisst ihr, Stan besitzt etwas Unvergleichliches: ein gutes Herz. Und wenn man ein gutes Herz hat – wie übrigens die meisten Kinder – dann übersteht man alles.
    Hier ist also Stan mit seiner merkwürdigen neuen Familie auf einem morastigen Gelände in einer weit entfernten Stadt, inmitten eines Haufens von … „Vagabunden“, würden einige sagen, vielleicht auch „Herumtreiber“ oder

Weitere Kostenlose Bücher