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Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Titel: Der Junge, der mit den Piranhas schwamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Großen.“
    „Das war er mal“, sagt jemand anderes. „Er war einer der Großen. Er war großartig. Aber selbst Pancho Pirelli wird irgendwann alt, verliert irgendwann seine Magie, muss irgendwann …“
    Die Stimme beendet den Satz nicht. Alle seufzen Panchos Namen und schütteln staunend die Köpfe.
    Schließlich traut sich Stan zu fragen: „Wer ist Pancho Pirelli?“
    „Wirst schon sehn“, sagt Dostojewski. „Wenn er auftaucht, wirste schon sehn. Und so was wie Pancho Pirelli haste noch nie gesehn, das kann ich dir versprechen.“
    Bei diesen Worten nicken alle. Dann reden sie von anderen Dingen.

Sechzehn
    Sie bleiben am Feuer sitzen. Bis tief in die Nacht. Stan flüstert Dostojewski zu: „Herr Dostojewski, ich glaube, ich muss mal zur Toilette.“
    „Du glaubst , du musst zur Toilette?“, erwidert er.
    „Ich muss zur Toilette.“
    „Der Junge muss zur Toilette!“ , ruft Dostojewski.
    „Aufs Klosett!“, ertönt eine Stimme.
    „Aufs Örtchen, auf den Donnerbalken, auf die Latrine, aufs Pissoir!“
    Stans Gesicht brennt feuerrot. „Wo ist es?“, fragt er flüsternd.
    „Da draußen im Dunkeln“, sagt Dostojewski. „Wenn’s ein großes Geschäft ist, grab ein Loch und sieh zu, dass du dich gegen den Wind stellst.“ Sanft berührt er Stan am Arm. „Schon gut. Ab morgen gibt’s ein anständiges Klo. Geh zum Rand des Lagerplatzes. Wir halten die Augen offen.“
    Gelächter folgt Stan, als er aufsteht und weggeht. Er schlurft davon, das Feuer im Rücken. Er stolpert über tiefe Erdrillen, die von den Reifen der Landrover und Wohnwagen gegraben wurden, über Löcher und Grassoden. Er riecht Kartoffeln und Bier und Pasteten, Pferdeäpfel, Holzrauch und Pfeifenrauch. Ein kleiner Hund schnüffelt an seinen Fersen. Ein paar hagere, halb nackte Kinder rufen ihm zu: „Wer bist’n du? Wie heißte?“
    „Stan“, sagt Stan.
    „Und was machste hier?“
    „Ich bin mit der Entenbude unterwegs“, antwortet Stan und zu seiner eigenen Überraschung fühlt er eine kleine Welle des Stolzes in seinem Inneren.
    „Aha!“ Die Kinder sind beeindruckt.
    Stan geht an den Feuern vorbei in die tiefe Dunkelheit am Rand des Feldes.
    „Ich sagte dir doch, wir würden uns wiedersehen“, erklingt eine sanfte Stimme hinter ihm.
    Stan dreht sich um. Da steht eine Frau, eine Frau in einem langen Kleid und einem Kopftuch. Ihr Gesicht schimmert im Licht des Mondes.
    „Wahrsager-Rosi“, sagt sie. „Weißt du noch?“
    „Ja“, sagt Stan.
    „Ich sagte dir, du würdest reisen. Weißt du noch?“
    „Ja“, sagt Stan.
    „Und schon so bald! Denn hier bist du nun, so weit weg. Ich erinnere mich an deinen Namen. Du heißt Stan.“ Sie kommt näher, fasst sein Kinn und dreht sein Gesicht sanft dem Mond entgegen. „Lass mich in deine Augen schauen. Ah ja, du bist immer noch verzaubert. Und du trauerst, wie ich es vorausgesagt habe.“
    Stan kann sich nicht bewegen. Er weiß nicht, ob er weglaufen, jemanden rufen oder einfach bleiben soll, wo er ist.
    „Keine Sorge, Stan“, murmelt Wahrsager-Rosi. „Ich bin nicht gefährlich. Hast du ein Silberstück, das du mir in die Hand legen kannst?“
    „Ich habe nichts“, sagt er.
    „Nichts? Das stimmt nicht ganz: Du hast dich selbst. Du hast dein gutes Herz. Denk immer daran. Lass also einfach das Mondlicht dein Silberstück sein, einverstanden?“ Sie öffnet ihre Hand und Mondschein fällt darauf. „Danke, Stan. Und jetzt gib mir deine Hand und lass mich hineinschauen.“
    Sie nimmt seine Hand, öffnet sie und hält sie ins Mondlicht. Er betrachtet die Linien, die winzigen Rillen, Krater und Erhebungen.
    „Es geht doch nichts über Mondlicht“, sagt Wahrsager-Rosi. „Mondlicht ist das reinste, wahrhaftigste Wahrsage-Licht.“
    Sie fährt die Linien auf seiner Handfläche mit ihrer Fingerspitze nach. „Oh Stanley“, murmelt sie. „In deinem kurzen Leben hast du schon viel Unglück gesehen. Aber du wirst ein langes Leben haben. Und es werden bessere Zeiten kommen, wenn du die kommenden Gefahren überwindest.“
    „Gefahren?“, wispert Stan.
    „Was ist der Zweck des Lebens, wenn es keine Gefahren gibt, die man überwinden kann?“ Sie lächelt.

    Stan weiß keine Antwort.
    „Ich sehe Wasser“, fährt sie fort. „Ich sehe große Gefahren im Wasser.“ Sie beugt sich dichter über seine Hand. „Aber du musst tapfer sein. Du musst Ja sagen. Viel Gold kannst du gewinnen. Mach dir wegen der Zähne keine Sorgen.“
    „Keine Sorgen wegen der …?“
    „Ich weiß auch

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