Der Junge, der mit den Piranhas schwamm
ma anfangen solltest zu pfeifen.“
Stan pfeift „Das Wandern ist des Müllers Lust“. Ein Mann taucht zwischen den Bäumen auf und winkt Stan zu sich.
„Sind Sie der Goldfisch-Lieferant?“, fragt Stan.
„Sehe ich denn aus wie ein Goldfisch-Lieferant?“, fragt der Mann.
„Ich weiß nicht“, sagt Stan.
„Wie sehe ich denn sonst aus?“
„Ich weiß nicht. Wie ein Mann.“
„Wie ein Mann? Das ist gut. Du kannst aufhören, dieses entsetzliche Lied zu pfeifen. Komm mit.“
Und mit diesen Worten greift der Mann nach einem Baum und zieht ihn zu sich hin. Jetzt erst erkennt Stan, dass das, was er für einen Wald gehalten hat, in Wahrheit eine Zeltwand ist, auf die Bäume, Erde und Himmel gemalt sind.
„Ich dachte, das wären Bäume!“, ruft Stan.
Hinter ihm grummelt und gruffelt der Ebermann.
„Klar hast du das gedacht“, sagt der Mann neben ihm. „Du dachtest, es wären Bäume. Du dachtest, das hier wäre die Welt. Ist es nicht. Es ist bloß ein Zelt. Jetzt beeil dich und komm herein. Ich bin übrigens Herr Smith.“
„Ich heiße Stan“, sagt Stan.
„Komm herein!“ , sagt Herr Smith.
Zweiundzwanzig
Das Zelt ist riesig. Im Inneren wachsen Bäume, und Stan streckt die Hand aus, um sie zu berühren. Sie sind echt. Das Licht ist nur schwach, wie in der Dämmerung. Herr Smith geht mit raschen Schritten voran und mahnt Stan zur Eile. Sie kommen an riesigen Käfigen vorbei, deren Eisenstäbe alle verrostet sind.
„Elefanten“, sagt Herr Smith, der Stans Blick gefolgt ist.
„Elefanten?“, fragt Stan.
„In den Käfigen waren früher Elefanten. Und Löwen und Tiger und Zebras und Bären. Aber das war früher, als wir noch alles lieferten. Die Zeiten sind lange vorbei. Jetzt haben wir nur noch Goldfische und ein paar besondere Dinge. Bitte beeil dich. Und sei vorsichtig, wo du hintrittst. Zwei Skorpione sollen entkommen sein.“
Entsetzt starrt Stan zu Boden. „Skorpione?“, keucht er. „Wozu halten Sie denn Skorpione?“
„Für die Skorpion-Nummer natürlich. Und wenn du Flügelschläge hörst, solltest du dich besser ducken. Das ist nämlich der Adler. Er landet zu gern auf Köpfen und seine Krallen sind sehr lang und sehr, sehr scharf.“
Stan schaut zu Boden. Er blickt nach oben. Er legt die Hände auf den Kopf und sein Herz hämmert und hüpft.
„Du lieber Himmel“, sagt Herr Smith. „Ich merke schon, dass du dich überhaupt nicht auskennst. Was um alles in der Welt machst du dann hier?“
Wieder keucht Stan. Mit weit aufgerissenen Augen starrt er den Mann an. Was macht er eigentlich hier? Wie ist er hier gelandet? Am liebsten hätte er gebrüllt:
„ICH BIN BLOSS EIN GANZ GEWÖHNLICHER JUNGE!
ICH WILL NICHT IN EINEM ZELT SEIN, DAS AUSSIEHT
WIE DIE WELT, UND NACH EINEM HALBEN SCHWARM GOLDFISCHE SUCHEN. ICH WILL KEINE ANGST
VOR SKORPIONEN UND ADLERN HABEN MÜSSEN.
ICH WILL WIEDER DORTHIN ZURÜCK, WO ICH
HERGEKOMMEN BIN. DA HATTE ICH NOCH EIN
GANZ GEWÖHNLICHES LEBEN MIT EINER
GANZ GEWÖHNLICHEN FAMILIE
IN EINEM GANZ GEWÖHNLICHEN HAUS.
UND ICH WAR EIN
GANZ GEWÖHNLICHER
KLEINER STANLEY POTTS!“
Das Gebrüll in seinem Inneren ist so ohrenbetäubend, dass Stan fürchtet, Herr Smith würde es hören.
„Nun?“, sagt Herr Smith.
Stan seufzt. „Wilfred Dostojewski schickt mich“, flüstert er.
Herr Smith nickt. „Das leuchtet mir ein“, sagt er. „Dann komm mit. Argh! Pass auf! Duck dich!“
Stan wirft sich zu Boden und schlingt die Arme um den Kopf. Nichts passiert. Er hört Gelächter. Er blickt auf.
„Kleiner Scherz“, sagt Herr Smith. „Funktioniert immer. Jetzt steh auf. Der Goldfisch-Lieferant erwartet dich.“
Und mit diesen Worten geht er davon.
Dreiundzwanzig
Der Goldfisch-Lieferant sitzt an einem Schreibtisch vor einer Reihe von Plastikbecken. Über seiner Schulter liegt ein Fischernetz. Er grinst und winkt Stan zu sich.
„Du hast mich gefunden. Gut gemacht. Tja, damit hast du schon das Schwierigste hinter dir. Ich bin Seabrook. Wie heißt du und was für ein Gift willst du haben?“
„Gift?“, fragt Stan.
„Entschuldige. Du bist neu, nicht wahr? Bei Seabrook läuft es folgendermaßen: Wir trinken was und halten ein Schwätzchen, dann kommen wir zum Geschäft. Ich kann dir Wasser anbieten, Sprudel oder schwarze Brause.“
Stan merkt plötzlich, dass er sehr durstig ist. „Was ist schwarze Brause?“, fragt er.
Seabrook tippt sich gegen die Nase und zwinkert. „Etwas Schwarzes“, sagt er. „Etwas Geheimnisvolles und sehr
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