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Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Titel: Der Junge, der mit den Piranhas schwamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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Köstliches.“ Er greift in eine Schublade seines Schreibtischs und zieht eine gedrungene Glasflasche mit einer schwarzen Flüssigkeit heraus. Er reicht Stan die Flasche.
    „Manche Leute behaupten, dass sie besser rechnen können, wenn sie schwarze Brause trinken“, sagt Seabrook. „Manche meinen, dass sie damit besser rennen können.“ Er zieht die Nase kraus. „Manche behaupten sogar, sie könnten damit besser schwarze Brause trinken. Was sie damit meinen, weiß ich allerdings nicht. Wie war doch gleich dein Name?“
    „Ich heiße Stan“, sagt Stan. Er nimmt einen Schluck schwarze Brause. Seabrook hat Recht. Sie ist köstlich.
    „So, jetzt zum Schwätzchen“, sagt Seabrook. „Herrlicher Tag heute, was?“
    „Stimmt“, sagt Stan.
    „Aber letzten Mittwoch war es ein bisschen kühl“, fährt Seabrook fort.

    „Wirklich?“, fragt Stan.
    „Oh ja. Aber nichts im Vergleich zu dieser Kältewelle im März. Und die Jugend von heute! Da kann einem das Lachen vergehen. Jedes Mal wenn man den Fernseher anmacht, hört und sieht man was Neues. Die Welt geht vor die Hunde. Und die Wirtschaft! Die Wirtschaft! Wo soll das bloß alles hinführen?“
    Stan trinkt die schwarze Brause. Sie schmeckt merkwürdig, wie Brombeeren und Sardinen. „Ich weiß nicht“, sagt er.
    „Ich auch nicht. Gerade gestern habe ich zu Macintosh gesagt … Du weißt doch, er hat das Mädel aus Pembroke geheiratet, die Kleine, die ein bisschen humpelt, seit sie im Alter von drei Jahren vom Fahrrad gefallen ist … Nun, ich hab zu ihm gesagt: ‚Was soll bloß aus uns werden? Wo soll das alles noch hinführen?‘ Er hatte natürlich auch keine Ahnung. Kein Wunder, wenn man bedenkt, was er alles mitgemacht hat. Mit seinem armen Hund, meine ich. Aber der Punkt ist doch – es gibt gar keine Antwort. Man hört die Leute reden. Sie reden, als ob sie wüssten, worüber sie reden und was sie gegen all das Übel tun sollen. Und dabei haben sie nicht die geringste Ahnung. Es ist, als würden sie bloß um des Redens willen reden. Weißt du, was ich meine? Und der ganze Müll! Als wir jung waren, war alles anders. Daran sind bloß die Lehrer schuld. Alles geht vor die Hunde. Und das Wandern ist tatsächlich des Müllers Lust, nur kapieren die Leute das nicht. Man muss positiv denken, hab ich Recht? An das Licht am Ende des … Tja, Stan, war nett mit dir zu reden, aber leider habe ich nicht den ganzen Tag Zeit. Und überhaupt: Was hat das alles mit Fischen zu tun?“
    „Ich weiß nicht, Herr Seabrook.“
    „So ist es! Also schön. Willst du A, B, C oder D haben?“ Er blickt in Stans verständnisloses Gesicht. „Willst du Goldene Riesen, Erste Sorte, Fingergroße Flammen oder Kleine Kümmerlinge?“ Stan macht immer noch ein verständnisloses Gesicht. „Ich sag dir was. Komm mit und schau dir die Fässer an. Ich erklär’s dir.“

    Seabrook führt Stan um den Schreibtisch herum zu den Fässern. Er erklärt, die Goldenen Riesen in Fass A seien die Besten und Teuersten von allen und die Kleinen Kümmerlinge in Fass D die Hagersten und Billigsten. Stan schaut ins Wasser. In seinen Augen sind sie alle wundervoll, die herrlich geschwungenen Goldenen Riesen und die zappelnden Kleinen Kümmerlinge und all die anderen dazwischen.
    „Sie sind herrlich“, sagt Stan, „jeder einzelne von ihnen ist herrlich.“
    Als ob sie ihn verstanden hätten, schwimmen etliche Fische an die Oberfläche und wenden ihm Augen und Münder zu.
    „Ich bin beeindruckt“, sagt Seabrook. „Du hast den Bogen raus. Ich könnte dir eine Mischung zusammenstellen, was meinst du? Wie viele brauchst du?“
    „Einen halben Schwarm.“
    „Und für wen sind die?“
    „Für Wilfred Dostojewski.“
    „Aha!“, sagt Seabrook. „Dostojewski. Ein Stammkunde.“ Er geht zum Schreibtisch und schlägt eine Akte auf. „Wie ich’s mir dachte“, sagt er. „Wilfred Dostojewski nimmt üblicherweise die Kleinen Kümmerlinge.“
    Stan nickt. Das hat er schon vermutet. Die dreizehn Fische, die er an seinem Geburtstag gewonnen hat, stammten offensichtlich aus Fass D.
    „Aber“, sagt Seabrook, „man erzählt sich, dass Dostojewski neuerdings ein ganz anderer Mensch geworden sei.“
    „Ein anderer Mensch?“
    „Nachrichten verbreiten sich schnell auf dem Jahrmarkt. Man sagt, er habe ein Kind aufgelesen, das einen ziemlichen Einfluss auf ihn hat.“ Er klappt die Akte wieder zu und schaut Stan an. „Ist er ein anderer Mensch geworden?“
    „Ich weiß nicht. Ich kannte ihn ja

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