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Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Titel: Der Junge, der mit den Piranhas schwamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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vorher nicht.“
    „Bevor er dich aufgelesen hat, meinst du wohl?“
    „Ich weiß nicht“, sagt Stan noch einmal.
    Seabrook lächelt. Er zwinkert Stan zu. „Es ist mir eine Freude und eine Ehre, dich beim Jahrmarkt zu haben. Und ich sag dir was: Ich mische dir einen halben Schwarm zusammen, einverstanden?“
    „Einverstanden“, sagt Stan.
    Seabrook nimmt das Netz, taucht es in alle vier Fässer, holt aus jedem ein paar Fische und setzt sie behutsam in einen Plastikbehälter mit klarem Wasser. Die Fische bilden einen Schwarm, begutachten ihr neues Reich. Und noch während Stan und Seabrook zuschauen, trennen sie sich wieder in Goldene Riesen, Erste Sorte, Fingergroße Flammen und Kleine Kümmerlinge.
    „Komisch, das passiert jedes Mal“, sagt Seabrook. Er grinst. „Schau dir bloß diese Goldenen Riesen an. Wie herrlich sie sind! Findest du sie nicht auch herrlich?“
    „Ja“, sagt Stan.
    „Jetzt sag schon: Welche gefallen dir am besten?“
    Stan schaut ins Wasser. „Die Kleinen Kümmerlinge“, sagt er nach einer Weile.
    Wieder grinst Seabrook. „Dacht ich mir. Vielleicht weil du aus demselben Fass kommst?“ Er lächelt.
    Stan greift in seine Hosentasche und holt das Geld heraus. „Wie viel kostet das?“, fragt er.
    Seabrook nimmt ein paar Münzen aus seiner Hand. „Das reicht“, sagt er. „Jetzt dreh dich um, damit ich dir den Behälter auf den Rücken schnallen kann.“
    Er hebt den Plastikbehälter hoch, an dem Gurte befestigt sind, und legt Stan die Gurte über die Schultern. Der Behälter ist schwer, aber er schmiegt sich bequem an Stans Rücken. Stan fühlt ihn auf seiner Haut. Er glaubt sogar, die Schwimmbewegungen der kleinen Fische zu spüren.
    „Ist es recht so?“, fragt Seabrook. Stan nickt. „Dann ab mit dir.“ Er berührt Stan leicht an der Schulter. „Und weißt du was? Oft stellen sich gerade die Kleinen Kümmerlinge als die Besten von allen heraus.“
    Stan verabschiedet sich. Er dreht sich um und geht davon, vorbei an den leeren, rostigen Käfigen. Die Skorpione und den Adler hat er ganz vergessen. Er fühlt die sanften Flossenschläge der schwimmenden Fische an seinem Rücken. Das Wasser glitzert und glänzt.

Vierundzwanzig
    Stan merkt gar nicht, dass er durch den Zelteingang wieder nach draußen geht. Plötzlich steht er mitten auf dem Jahrmarkt. Er schlägt den Weg zu Dostojewskis Entenbude ein, vorbei am Grill Zum wilden Eber . Ein paar Kinder rotten sich zusammen und folgen ihm. Sie stupsen den Wasserbehälter an und deuten auf die Fische. Sie fragen, ob sie einen haben können. Stan lacht und meint, dann müssten sie zu Dostojewski kommen und einen gewinnen.
    „Bei Dostojewski gibt es keine Nieten“, sagt er und ist stolz auf sich, weil er so gute Werbung macht.
    Die Kinder versprechen zu kommen. Stan sieht, wie freundlich und fröhlich sie sind. Mit jedem Schritt fühlt er sich ein bisschen mehr zu Hause. Aber er hat auch wieder das Gefühl, beobachtet zu werden. Er bleibt vor dem Eingang zur Ringkampfarena stehen und blickt sich um. Neben dem Eingang steht ein Mann im Schatten.
    Die Kinder halten die Luft an.
    „Das ist Pancho!“, flüstert eins.
    „Nee. Das kann nicht sein!“
    „Doch, er ist es! Ich habe ihn letztes Jahr in Marrakesch gesehen!“
    „Es ist Pancho!“
    „Es ist Pancho Pirelli!“
    Die Kinder verstummen, und Stan spürt ihr Zittern und ihre Erregung, als Pancho aus dem Schatten tritt und auf sie zukommt. Er hat dunkle Haut und dunkle Augen, ist ganz in Blau gekleidet und wendet sich geradewegs an Stan.
    „Du bist Stan“, sagt er. Seine Stimme ist weich, fremdländisch und plätschernd wie Wasser. „Ich habe auf dich gewartet. All die Jahre wusste ich, dass es jemanden wie dich gibt, und jetzt bist du hier.“
    Er streckt seine Hand aus. Stan nimmt sie. Seltsamerweise kommt es ihm so vor, als ob er Pancho schon sehr lange kennen würde.
    „Ich habe dich beobachtet“, sagt Pancho. „Du bist der Goldfisch-Junge. Kommst du und schaust dir meinen Auftritt an?“
    „Ja, aber …“
    „Ich bin nicht schwer zu finden. Du kannst hier jeden fragen. Komm morgen zu meiner Vorstellung. Dann reden wir weiter.“
    Er dreht sich um und geht weg. Die Kinder lassen den angehaltenen Atem wieder raus.
    „Pancho Pirelli“, flüstert eins. „Ich habe Pancho Pirelli gesehen!“
    „Warum hat er dich beobachtet?“
    „Ich weiß nicht“, sagt Stan. „Ich weiß gar nichts.“
    „Er ist der Größte!“
    „Wir dachten, er sei tot.“
    „Mein Vater hat

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