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Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Titel: Der Junge, der Ripley folgte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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gleich. Ich muß noch mit deiner Mutter sprechen.«
    »Ach ja?« Frank stellte den Motor ab und sah ihn durch das offene Wagenfenster an. »Und wie fanden Sie Susie?«
    »Sie war – tja, wohl so wie immer.« Erzählte dieselbe alte Geschichte, das meinte er. Der Junge wirkte amüsiert und nachdenklich zugleich; er sah gerade sehr gut aus und um einige Jahre älter, als er war. Tom schoß der Gedanke durch den Kopf, Teresa könne ihn am Morgen angerufen haben, aber er wagte nicht zu fragen und ging zurück ins Haus.
    Lily Pierson, heute in hellblauen Hosen, gab Evangelina Anweisungen für das Mittagessen. In Gedanken war Tom schon halb bei seiner Abreise: Sollte er versuchen, noch am Abend New York zu erreichen und dort zu übernachten? Außerdem mußte er heute noch Héloïse anrufen.
    Lächelnd wandte sich Lily ihm zu. »Setzen Sie sich, Tom. Ach nein, gehen wir dort hinein – da ist es heiterer.« Sie führte ihn in einen sonnigen Raum, der vom Eßzimmer abging.
    Eine Bibliothek, das erkannte Tom auf einen Blick – überall Bücher über Wirtschaft in glänzend neuen Schutzumschlägen. Auf einem großen, quadratischen Tisch ein Pfeifenständer mit einer Handvoll Pfeifen. Der dunkelgrüne Ledersessel dahinter schien alt, aber auch unbenutzt, und Tom mußte denken, daß John Pierson es womöglich nicht der Mühe wert gefunden hatte, sich vom Stuhl in den Sessel zu hieven, wenn er hier gewesen war.
    »Und wie fanden Sie Susie?« fragte Lily im selben Ton wie ihre Söhne. Sie lächelte dabei, die Lippen zusammengepreßt, die Hände ebenfalls, wie wenn sie unbedingt unterhalten werden wollte.
    Tom nickte nachdenklich. »Genau wie Frank sie beschrieben hat. Vielleicht ein bißchen stur.«
    »Und sie glaubt nach wie vor, Frank hätte seinen Vater von der Klippe gestoßen?« Als sei der Gedanke absurd.
    »Ja, allerdings«, sagte Tom.
    »Keiner glaubt ihr. Da gibt’s nichts zu glauben – sie hat nichts gesehen. Ich kann mir wirklich nicht immer weiter Sorgen um Susie machen. Sie bringt es fertig, daß man bald ebenso schrullig wird wie sie. – Eines wollte ich Ihnen sagen, Tom: Mir ist klar, daß Sie wegen Frank eine Menge Ausgaben hatten, also bitte nehmen Sie diesen Scheck an, von mir, von der Familie, und zwar ohne weitere Worte.« Sie hatte ein gefaltetes Papier aus der Tasche ihrer Bluse gezogen.
    Tom warf einen Blick darauf: zwanzigtausend Dollar. »Meine Ausgaben waren nicht annähernd so hoch. Außerdem war es mir ein Vergnügen, Ihren Sohn kennenzulernen.« Tom lachte.
    » Mir wäre es ein Vergnügen…«
    »Nicht einmal halb so viel hab ich ausgegeben.« Doch im selben Moment erkannte er an der Art, wie sie sich ohne Not die Haare aus der Stirn strich, daß es sie freuen würde, wenn er annähme. »Also gut.« Tom steckte den Scheck ein und ließ die Hand in der Hosentasche. »Und danke auch.«
    »Ralph hat mir von Berlin erzählt. Sie haben Ihr Leben aufs Spiel gesetzt.«
    Das interessierte ihn jetzt nicht. »Hat Frank heute morgen vielleicht einen Anruf von Teresa bekommen?«
    »Ich glaube nicht. Warum?«
    »Er schien mir eben gerade besserer Laune. Aber ich kann mich auch irren.« Tom war sich wirklich nicht sicher. Er wußte nur, daß der Junge in einer Stimmung war, die er an ihm noch nicht kannte.
    »Bei Frank weiß man das nie«, sagte Lily. »Ich meine, man sieht es nicht an seinem Verhalten.«
    Sollte das heißen, der Junge könne sich genau anders geben, als er sich fühlte? Lily war wohl so erleichtert, ihn wieder zu Hause zu haben, daß Teresa für sie schlicht keine große Rolle mehr spielte, dachte Tom.
    »Heute kommt noch ein Freund von mir, Tal Stevens. Ich würde Sie gern bekannt machen«, fuhr Lily fort, als sie die Bibliothek verließen. »Einer von Johns besten Anwälten, obwohl er nie fest für die Firma gearbeitet hat, sondern nur als freier Rechtsberater.«
    Der Freund, den Lily nach Franks Worten »mochte«. Lily sagte, Tal habe am Nachmittag noch zu tun, könne also wahrscheinlich nicht vor sechs kommen. »Und ich muß sehen, wann ich fahren kann«, bemerkte Tom. »Ich will ein, zwei Tage in New York bleiben.«
    »Aber ich hoffe, Sie reisen nicht heute schon ab. Rufen Sie doch Ihre Frau in Frankreich an, sprechen Sie mit ihr – das ist das Beste! Frank sagt, Sie hätten dort ein so schönes Haus. Er hat mir von Ihrem Gewächshaus erzählt – und von den beiden Derwatts im Wohnzimmer. Auch von Ihrem Cembalo.«
    »Ach ja?« Das französische Cembalo, das Héloïse und ihm gehörte,

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