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Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Der Junge, der Ripley folgte (German Edition)

Titel: Der Junge, der Ripley folgte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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vor sich. Eine einfache Wegskizze, die er gezeichnet hatte, lag auf dem Armaturenbrett. »Ich glaube, hier sind wir falsch. Verdammt! Aber das macht nichts, wir haben viel Zeit. Ist erst fünf nach halb vier.« Aus dem Fach über dem Armaturenbrett nahm er eine kleine Taschenlampe und leuchtete auf die Skizze. »Ich weiß, was ich verkehrt gemacht habe. Muß umkehren.« Beim Wenden fiel das Licht der Scheinwerfer auf ein Feld mit Kohl- oder Salatköpfen, ordentliche Reihen, wie grüne Knopfleisten in der dunklen Erde. Tom rückte den dicken Koffer zwischen den Knien zurecht. Die Nacht war angenehm kühl, vom Mond keine Spur.
    »Stimmt, das ist wieder der Zabel-Krüger-Damm – da hinten muß ich nach links. Die gehen hier so früh zu Bett und stehen auch früh wieder auf! Alt-Lübars, genau.« Vorsichtig bog er links ab. »Da vorne rechts sollte der Dorfanger kommen«, fuhr Peter auf deutsch leise fort, »jedenfalls nach meiner kleinen Karte zu Hause. Die Kirche und so weiter. Und da vorne, die Lichter, sehen Sie die?« Jetzt klang er angespannt. Tom hatte ihn noch nie so gehört. »Das ist die Mauer.«
    Vor sich sah Tom eine lange, niedrige Reihe verschwommener, weißgelber Lichter, ein bißchen tiefer gelegen als die Straße: die Scheinwerfer jenseits der Mauer. Die Straße fiel sanft ab. Tom sah sich nach anderen Autos um, nach einem einzelnen Wagen, doch alles war schwarz, bis auf die Lichtkegel der wenigen Straßenlampen, die in der Nähe der Wiese, die Peter den Dorfanger genannt hatte, brannten und wohl brennen mußten. Peters Wagen kroch nun nur noch langsam vorwärts. Von den Entführern war noch nichts zu sehen.
    »Dieser Feldweg ist nicht für Autos bestimmt, deshalb fahre ich so langsam. Jetzt sollte gleich der Schuppen kommen, links von uns. Da, ist er das?«
    Der Schuppen: Tom sah ihn, ein flaches, langgestrecktes Gebäude, zum Feldweg offen, wie es schien. In einem Feld zur Rechten nahm er schemenhaft Aufbauten wahr, Pferdekoppeln vielleicht. Peter hielt neben dem Schuppen.
    »Los, Tom. Stellen Sie den Koffer hinter die Scheune. Dann setzen wir zurück«, sagte Peter auf deutsch. »Ich kann hier nicht wenden.« Er hatte auf Standlicht abgeblendet.
    Tom, der schon aussteigen wollte, erwiderte: »Sie setzen zurück, ich bleibe hier. Ich finde schon wieder nach Berlin, keine Sorge.«
    »Was heißt das, Sie bleiben hier?«
    »Ich werde warten. Mir ist eben eine Idee gekommen.«
    »Wollen Sie sich etwa mit dieser Bande anlegen?« Peters Hände krampften sich um das Lenkrad. »Mit ihnen kämpfen ? Tom, das wäre Wahnsinn!«
    Tom sagte auf englisch: »Ich weiß, Sie haben eine Pistole. Leihen Sie sie mir?«
    »Klar, aber ich kann auch auf Sie warten, wenn…« Verwirrt drückte Peter den Knopf des Handschuhfachs und zog unter einem Tuch die schwarze Waffe hervor. »Sie ist geladen. Sechs Schuß. Das ist der Sicherungshebel.«
    Tom nahm die Pistole. Sie war nicht groß, wirkte aber durchaus tödlich. »Danke.« Er steckte sie in die rechte Jackentasche, sah auf seine Uhr: 3:43. Peter warf einen kurzen, unruhigen Blick auf die Wagenuhr, die eine Minute vorging.
    »Also, Tom. Sie sehen den kleinen Hügel dort drüben?« Peter zeigte rechts hinter sich in Richtung Dorfanger. »Bei der Kirche. Dort werde ich warten. Ohne Licht.« Er sprach im Befehlston, als habe er schon zuviel nachgegeben, indem er Tom die Pistole überließ.
    »Warten Sie nicht auf mich. Wie Sie sagten, fährt am Krüger-Damm sogar ein Nachtbus.« Tom stieg mit dem Koffer aus.
    »Das mit dem Bus hab ich nur so erwähnt, ich meinte nicht, Sie sollten ihn nehmen !« flüsterte Peter. »Schießen Sie nicht – die würden nur zurückschießen und Sie töten!«
    Tom drückte die Beifahrertür so leise wie möglich zu und näherte sich dem Schuppen.
    »Hier!« Peter hatte das Fenster heruntergekurbelt und gab Tom die kleine Taschenlampe.
    »Danke, mein Freund!« Die würde ihm bei dem unebenen Boden sicher nützlich sein. Tom war es, als habe er Peter beraubt, um die Pistole wie um die Taschenlampe. Er knipste sie aus, als er um die Ecke hinter den Schuppen trat, und hob zum Abschied den Arm – ob Peter ihn noch sehen konnte, war ihm gleich. Der Wagen fuhr langsam und gerade rückwärts den Feldweg entlang, den Peter mit Standlicht bestimmt nur undeutlich ausmachen konnte, wenn überhaupt. Er erreichte die Straße, wendete und rollte langsam in Richtung Dorfanger, der zu Toms Linken lag. Peter würde warten.
    Erste schwache, ganz schwache Anzeichen

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