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Der Junge, der Träume schenkte

Der Junge, der Träume schenkte

Titel: Der Junge, der Träume schenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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Ihnen Geschäfte mache, und ... na ja, stimmt schon, abgestritten habe ich das Gerücht nie ... aber sie haben sich das alles selbst zusammengereimt.«
    Rothstein nahm eine Zigarette aus einem goldenen Zigarettenetui und steckte sie sich unangezündet zwischen die Lippen. »Keiner meiner Leute würde dir abnehmen, dass wir im Geschäft sind.«
    »Sicher«, entgegnete Christmas prompt und beugte sich mit einem Enthusiasmus, den er selbst längst verloren geglaubt hatte, zu dem gefürchteten Gangsterboss vor. »Aber auch die könnte ich, ohne es tatsächlich auszusprechen, etwas glauben machen, was ihnen gefällt.«
    »Zum Beispiel?«
    Die Finsternis ist verflogen, dachte Christmas. Er hatte einfach vergessen zu spielen. Wie und warum das geschehen war, wusste er nicht zu sagen. Weil Ruth aus seinem Leben verschwunden war? Er hatte ihr versprochen, sie wiederzufinden. Aber wie sollte er sie wiederfinden, wenn er selbst sich in den Straßen New Yorks verlor? Er musste sich selbst wiederfinden. Dann würde er auch Ruth finden. »Haben Sie Lust auf eine Wette?«, fragte er.
    Rothsteins Augen leuchteten für einen kurzen Moment auf. Einzig seiner Wettleidenschaft wegen hatte er sich vom bequemen Uptown-Leben und der reichen Familie losgesagt. Er hatte es gewusst, dieser Junge war ein Spieler. Rothstein irrte nie in seinem Urteil über einen Menschen. »Worum kann einer, der nichts hat, wetten?«
    »Um hundert Dollar?«
    »Und woher willst du die nehmen?«
    »Sie leihen sie mir. Die sind mein Wetteinsatz.«
    Rothstein lachte. »Du bist verrückt«, sagte er, zog jedoch ein dickes Geldbündel aus der Tasche, zählte hundert Dollar ab und gab sie Christmas. »Und ich bin noch verrückter als du. Denn gewinne ich, kriege ich mein Geld zurück, verliere ich, gebe ich dir das Doppelte.« Wieder lachte er.
    »Jetzt müssen Sie mir helfen«, sagte Christmas.
    »Ich soll dir auch noch helfen zu gewinnen?« Rothstein wirkte immer noch amüsiert.
    »Es reicht schon, wenn Sie mir keine Steine in den Weg legen. Wenn Sie mir die Voraussetzung dafür schaffen ... dass man mir glaubt.«
    Ja, der Junge war verrückt. Wie alle Spieler. Und er gefiel ihm immer besser. Der Nachmittag begann, interessant zu werden. »Was soll ich tun?«
    »Nichts. Aber ich werde Sie Arnold nennen, so als hätten wir uns angefreundet. Als wollten Sie mich nicht mehr umbringen.«
    »Ich hätte dich niemals umgebracht«, warf Rothstein lächelnd ein.
    »Aber Ihre Männer, die hätten mich umbringen können, richtig?«
    »Ja.« Rothstein lachte, als wäre die Tatsache völlig belanglos. Er stand vom Stuhl auf und wandte sich zur Tür. »Lepke, Greenie, Gurrah, Monkey!«, rief er laut.
    Die Männer kamen herein. Sie blickten gewohnt finster drein, und ihr entschlossener Gang verriet, dass sie nicht lange fackelten. Doch als sie sahen, dass Christmas, der die Beine auf dem Stuhl, auf dem zuvor Rothstein gesessen hatte, ausgestreckt und die Hände im Nacken verschränkt hatte, trotz der Spuren, die ihre Schläge hinterlassen hatten, gelassen lächelte, hielten sie kaum merklich inne und sahen zu ihrem Boss hinüber. Rothstein jedoch hatte ihnen den Rücken zugewandt und widmete sich wieder seinem einsamen Billardspiel.
    »Greenie«, sagte Christmas. »Arnold hat mir erzählt, dass du dich für mich eingesetzt hast. Für die gute Absicht schulde ich dir was. Aber wir haben schon alles unter guten Freunden geregelt, stimmt’s, Arnold?«
    Rothstein drehte sich um. Ein amüsiertes Lächeln lag auf seinem Gesicht. Er sagte nichts, er spielte lediglich mit einer Billardkugel in seiner Hand. Mit der Elf, der Zahl, mit der man beim Würfelspiel gewann.
    »Entspann du dich auch, Lepke«, sagte Christmas. »Du brauchst mich heute nicht umzubringen.«
    Rothstein lachte schallend.
    Die drei Gangster wussten nicht, was sie von alldem halten sollten. Ihre kalten Blicke, die selbst angesichts des größten Blutvergießens gleichmütig blieben, wanderten verwirrt zwischen Christmas und Rothstein hin und her.
    »Was ist hier los, Boss?«, fragte Monkey, der Handlanger mit dem Affengesicht.
    Rothstein sah Christmas an.
    »Kennst du die Grundregel nicht, Monkey?«, sagte da Christmas. »Wenn du’s nicht gleich kapierst, kapierst du’s später. Und wenn du’s auch später nicht kapierst, denk dran, ein Boss hat immer einen Grund.« Er sah wieder hinüber zu Rothstein. »Hab ich recht, Arnold?«
    »Ich hör dir zu«, erwiderte Rothstein mit hochgezogener Augenbraue. Wirf die Würfel,

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